XXI

49 8 16
                                    

Der Goldene blickte zur Flammenden auf. Den Kopf seitlich verdreht zu haben, war wahrlich keine angenehme Position. Aber das musste er wohl über sich ergehen lassen, wenn er die Macht bekommen wollte, die er brauchte. Er wusste nur zu gut, dass er der jüngste Drache war, der ‚Jüngling'. Die Wut darüber ließ ihn tosend werden. Stets war er der Kleinste, der Jüngste, der Unerfahrenste, der Schlechteste. Schon zu Zeiten der Grünen als Drachenkaiserin hatte er Pläne geschmiedet, wie er an die Krone kommen könnte.

Er war in die Zwischnwelt von Leben und Tod gegangen, hatte Orakel und Hellseher aufgesucht, und jeder hatte ihm vorhergesagt, dass dies nun seine goldene Zeit werden würde. Unter der Kontrolle der Flammenden würde er aufgehen. Die Rote als Anführerin brauchte jemanden, dem sie sich anvertrauen konnte. Die Rote fand die Blaue undurchschaubar, sie schenkte ihrer jüngeren Schwester nicht so wirklich Glauben. Und der Purpurne war naiv und dumm. Zudem hatte er sich dem Silbernen zur Verfügung gestellt. Warum also sollte die Flammende ihm Verantwortung geben?

Blieb noch er, der Goldene, übrig. In einem Krieg gegen ganz Nyrathur brauchte die Flammende einen Berater, einen Drachen, der mit ihr die Überfälle plante. Er war wie dafür gemacht.

Was hast du zu berichten?", fragte die Flammende, ihre blutroten, flammenden Augen fixierten den Goldenen kühl. Der Drache erhob sich. Obwohl sie in dem Schatten einer Birke in einem jungen Forst standen, glänzte sein Schuppenkleid wie pures Gold.

Die Wasserdrachen aus dem großen See folgen unserem Ruf. Es war schwer, sie zu überzeugen, aber letztlich habe ich es dennoch geschafft. Zudem bat ich um den Beistand der Horndrachen auch Xofori. Sie bieten uns Gifte an, wenn wir ihnen im Gegenzug Land geben. Noch habe ich ihnen nichts versprochen, diese undankbaren und gierigen Missgeburten sind verdammt fordernd", erzählte der Jüngling.

Die Flammende löste ihren unnachgiebigen Blick und lief ein paar Schritte. „Die Erdkriecher waren schon immer gierig. Sollen sie es bekommen. Wenn die Eisdrachen vernichtet sind, sind die höchsten Gebirge Nyrathurs so gut wie leer. Sollen sie doch die verkümmerten Höhlen erhalten, mit ihnen kann ich eh nichts anfangen", schnaubte die Drachenkaiserin abfällig.

Der Goldene zuckte mit seiner Schwanzspitze. „Woher weißt du, dass die Eisdrachen sich unbedingt gegen deine Forderung auflehnen?", fragte er und kniff seine Augen zusammen.

Die Flammende lachte spöttisch. „Begreifst du es nicht? Ist es nicht so offensichtlich? Erinnere dich an die Zeit, in der der Graue unser höchstes Oberhaupt war. Die Eisdrachen kamen aus dem Norden und gratulierten ihm. Wenn sie mitkriegen, dass ich nun diesen Platz einnehme, werden sie sich gegen mich auflehnen. Am besten ist es, sie werden gar nicht in die Sache hereingezogen. Ich möchte nicht unbedingt sie töten, nur die Widersacher. Elfen, Kentauren, Kobolde, Zwerge, Trolle. Alle sollen sie sterben, wenn sie auch nur einmal ein schlechtes Wort über uns verloren haben!"

Der Goldene nickte augenblicklich mit dem Kopf. Jetzt, wo die Flammende diese Erinnerungen wieder in ihm ans Licht zerrte, wusste er ganz genau, dass die Eisdrachen lieber sterben würden, als sich ihnen anzuschließen.

„Allerdings bereitet mir der Silberne Kopfschmerzen. Was hat er vor, da er nun gefallen ist?", fragte die Rote und wandte sich wieder um, um ihrem Bruder in die Augen zu starren.

Der Jüngling entblößte seine Zähne. „Der Graue muss sterben! Sicherlich versucht er uns aufzuhalten. Er hat viel zu viele Verbündete, ich wette darauf, dass er bereits von unseren Plänen weiß!", fauchte er.

Die Flammende knurrte. „Gewiss ist es so. Allerdings weißt du genau so gut wie ich, dass der Silberne für uns unantastbar ist. Es steht in unseren goldenen Regeln, dass wir unsereins nicht töten dürfen! Nicht ohne Grund lebt auch die Grüne noch. Sie ist schlau und geht ihre eigenen Wege, wer uns herausfordert, der bezahlt dafür. Mit jedem Tod einer Himmelsschlange verlieren die übrigen Himmelsschlangen ihre Kraft. Wenn du also den Befehl gibst, den Silbernen zu töten oder es gar selbst tust, so muss ich dich aus unserem Kreis verstoßen, Bruder!"

Der Goldene verzog sein Gesicht. Mit jedem einzelnen Wort hatte die Flammende recht. Der Graue war für ihn unerreichbar. Wenn jemand mitbekam, dass er seinen Bruder umbrachte, so wurde er sofort verstoßen und ihm somit so viel Macht entzogen, dass seine Pläne auf immer verloren waren.

„Ich weiß", entgegnete er deshalb und senkte sein Haupt. Die Flammende aber ging nicht weiter darauf ein, das brennende Feuer in ihren Augen erlosch.

„Gehe zu den Wüstendrachen. Sie sollen mir folgen, sie sollen an damals erinnert werden, als ich ihnen ihr Leben rettete", wieder lief die Rote unablässig auf und ab.

Der Goldene nickte. „Wann gedenkst du, alle Assassinen zusammenzurufen?", fragte er und die Flammende hielt kurz inne.

„Sie sollen alle ihre Missionen beenden und dann zu uns zurückkehren. Wer nach fünfundzwanzig Tagen noch nicht zurückgekehrt ist, der soll von unserem Vorhaben ausgeschlossen werden. In dieser Zeit kann man leicht das auserkorene Opfer töten, unsere Zeit drängt zudem auch. Es wird lange dauern, allen Truppen zu sagen, wie und wo sie angreifen sollen. Wir führen hier schließlich einen Krieg gegen ganz Nyrathur. Wir wollen alle Widersacher der Drachen ein für alle Mal vernichten!", wieder hob sich ihre Stimme bedrohlich.

Sofort stimmte der Jüngling ihr zu. Die Drachenkaiserin jetzt noch mit irrelevanten Themen zu provozieren, wäre keine gute Idee. Aber er musste sie später noch einmal nach dem Grauen fragen.

„Gewiss werden wir diesen Krieg gewinnen. Mein Rat an dich ist, zuerst die Elfen anzugreifen. Sie sind die stärksten Gegner und ihre Kinder sind selten. Wenn wir von ihnen alle abschlachten, die sich jemals gegen uns aufgelehnt haben, wird das für das Elfenvolk ein harter Schlag sein, weil es von ihnen nicht viele gibt. Sie werden aus ihrem Fehler lernen, das Wohl ihrer Kinder steht aufgrund ihrer Rarität an erster Stelle", schlug der Goldene vor.

Die Flammende wiegte den Kopf. „Das klingt logisch. Zudem sind die Elfen in Nyrathur als starkes Volk bekannt, die anderen Völker werden gewarnt sein. Aber was ist mit den Kentauren, Trollen und Zwergen? Wann sollten ihre Verräter getötet werden?"

Der Jüngling musste ein Lächeln unterdrücken. Die Flammende begann, ihm zuvertrauen. Und das war gut.

„Um die Zwerge mach dir keine Sorgen, Schwester. In ihren Tunneln haben sie keine Chance zu entkommen. Den Trollen ist es verwehrt, weiter in den Süden zu wandern. Sie werden zu Stein, sobald ein Sonnenstrahl sie trifft. Die Kentauren sind wohl die zweitschlimmsten nach den Elfen. Die verdammten Pferdemänner können meilenweit fliehen, wenn wir sie entkommen lassen."

Breath Of Death - Silbernes LodernDär berättelser lever. Upptäck nu