XXXII

28 5 10
                                    

Eine Gestalt zeichnete sich am Himmel ab. Groß, das Schuppenkleid rot leuchtend. Es reflektierte die letzten Strahlen der untergehenden Sonne und glänzte wie poliertes Metall. Wind schlug ihnen entgegen, als sich die rote Drachin fallen ließ und schließlich landete.

Sie hatte ihr Haupt erhaben gehoben, ihre flammenden Augen glitzerten. Dunkler Rauch quoll aus ihren Nasenlöchern und stieg langsam in die kühle Abendluft herauf.

Der Purpurne sank gleich seinen beiden Geschwistern vor der roten auf die Knie, beugte seinen Kopf wie es sich gehörte.

Er hasste seine eigentliche Gestalt, mit der er doch so viel Schaden anrichten konnte. Er konnte ganze Wälder binnen Sekunden niederbrennen, sein heißer Atem konnte Erdschichten schmelzen und sein Brüllen konnte bis in alle Winkel Nyrathurs schallen.

Diese Dinge machten ihm selbst Angst. Der Purpurne war davon überzeugt, dass eine starke Herrschaft nicht auf solchen Dingen erbaut wurde, sondern auf Friede und Gleichberechtigung. Nur weil er selbst adligen Blutes war, sollte das nicht heißen, dass er damit schon gleich zu den Herrschern dieser Welt gehören sollte. Leider teilte aber keines seiner Geschwister diese Ansicht mit ihm.

Damals, als der Silberne noch geherrscht hatte, da gab es ein flüssiges Zusammenspiel von Volk und Himmelsschlangen. Natürlich gab es Geschöpfe in Nyrathur, die die Drachen tot sehen wollten, aber sie hatten nie wirklich den Durchbruch getraut. Selbst wenn ab und zu ein Erdkriecher getötet worden war, war das in den Augen des Friedlichen keine große Angelegenheit: das Leben war ein ständiges Spiel von Geben und Nehmen, in kleinen Mengen war alles erlaubt.

„Ich begrüße euch. Ich kann euch nun endlich sagen, dass alles vorbereitet ist. Drei Arten von Erdkriechern mit ihren stärksten Kriegern haben sich uns angeschlossen: die Horndrachen aus der Steinwüste, die Sonnendrachen aus der Beigen Wüste und die Wasserdrachen von den Großen Seen. Die Sonnendrachen leisteten den größten Beistand, von den Horndrachen sind etwa zwei Dutzend gekommen und von den Wasserdrachen nur zwei Hände voll. Dennoch bin ich mir sicher, dass wir gewinnen werden", sagte sie, ihre Stimme hob sich zum Ende hin.

Der Purpurne verzog kurz das Gesicht. So viele Drachen, so viel Tod, den sie bringen würden. Seine Gedanken wanderten zu den großen Städten der Elfen. Sie machten wahrlich schöne Musik, ihre Balladen brachten stets Gänsehaut und auch wenn man die Sprache nicht verstand, so kamen einem Tränen in die Augen.

Würde es die Musik nach einem solchen Angriff moch geben? Gewiss würde sie nach so einem Massaker nie wieder ertönen.

„Unser erstes Ziel werden die Elfen sein. Ihr Volk ist es, das uns am meisten Kopfzerbrechen geben sollte. Das, was sie heute noch hervorbringen, sind Kinder, deren Hass auf uns in ihren Herzen verankert ist. Nie würde er weichen und damit müssen sie alle mit dem Leben bezahlen!", knurrte die Drachenkaiserin.

Niemand sagte etwas. Niemand protestierte. Niemand begehrte gegen ihren Vorschlag auf.

Als der Purpurne verzweifelt seinen Kopf zu der Blauen drehte, fiel sein Blick auf den Goldenen. Ein selbstgefälliges Grinsen verzog seine Schnauze und zu gern hätte ihm der Friedliche dieses Lächeln aus dem Gesicht gewischt. O, wenn er es denn nur gekonnt hätte! Aber bei einer Auseinandersetzung gegen eines seiner Geschwister würde er nur verlieren können. Blieb ihm nur die Hoffnung, dass der Silberne die Flammende aufhalten würde. Aber darauf verlassen konnte er sich nicht. Er sollte sich nicht darauf verlassen. Bestimmt würde der Älteste den Konflikten aus dem Weg gehen, würde sich zu seinen ehemaligen Freunden den Eisdrachen gesellen und Nyrathur beim Untergehen zusehen. Ganz bestimmt würde er sich nicht für die Welt opfern, deren Herrscher er einst gewesen war.

Dem Friedlichen wurde schlecht, als er ein halbwegs begeistertes Gesicht aufsetzte. All die Leben, die vergehen würden, all die Kinder, die nie wirklich die Chance gehabt haben würden, auch nur ansatzweise die Welt zu erblicken. Sie alle würden sterben.

Allerdings sollte er die Flammende nicht weiter herausfordern. Er hatte sie schon damals provoziert, als er dem Silbernen seine Treue versprochen hatte. Ihr noch einmal seinen Unmut zu zeigen wäre töricht.

Ich habe euch beisammen gerufen, um schon einmal die groben Fakten zu besprechen, ein solcher Angriff muss gut geplant sein. Bruder, wenn du mir als Berater beistehen würdest?", ihr Blick wanderte zum Goldenen. Als wäre das sein Auftritt, legte er ordentlich seine schimmernden Flügel an und hob sein Haupt. Eitel legte sich sein Blick auf die Blaue und den Purpurnen, als er erhaben an ihnen vorbeischritt und sich zu der Flammenden gesellte. Das flüssige Gold in seinen Augen schien Funken zu sprühen, als er endlich stehenblieb.

„Die Elfen haben den Vorteil ihrer Wälder. Sie kennen sich dort gut aus und es gibt viele Schutz- und Versteckmöglichkeiten für sie, während wir in unseren Bewegungen eingeschränkt sind. Selbst die Erdkriecher könnten nicht ihre vollkommene Kampffähigkeit einsetzen, weil ihnen am Boden und in den Baumkronen schlichtweg der Platz fehlt. Wir müssen mit einem Angriff alles vernichtend sein. Die Elfen wissen um die Bedeutung der Wälder genauso gut Bescheid wie wir. Werden wir sie mit unserem ersten Schlag nicht hart genug treffen, werden sie alle aus den Städten fliehen hinein in den Schutz der Bäume", begann die Drachenkaiserin.

Kurz herrschte Schweigen, dann murmelte die Blaue leise: „Wir werden also das Gegenteil tun müssen: die Elfen in ihre Städte treiben und dort einsperren."

Der Friedliche sah seine blaugeschuppte Schwester überrascht an. Dass sie die Kraft aufbrachte, sich sogar an diesem Gespräch zu beteiligen, bewunderte er. Er schaffte es noch nicht einmal, das Gehörte zu verarbeiten.

Der Purpurne fragte sich, was der Silberne nun tun würde. Wie würde er versuchen, der Flammenden diesen Plan auszureden? Würde er ihr einen tödlichen Plan vorlegen, dem sie Glauben schenkte und am Ende unterlag? Oder würde er sie gewähren lassen oder, schlimmer noch, ihr Vorschläge geben?

Seit sich der Silberne aus dem Zirkel der Ältesten gelöst hatte, fehlte das Gleichgewicht. Keine Stimme war mehr mächtiger als die der Flammenden, während der Silberne seine Macht nur gezielt eingesetzt hatte, nutzte die Rote sie schamlos die ganze Zeit aus.

Keines ihrer Geschwister konnte ihr widersprechen, wenn sie es so wollte.

Entfernt hörte der Friedliche wie die Diskussionen weitergingen, aber ihm war zu schlecht, zu schwindlig, um ihnen noch weiter zu folgen.

Breath Of Death - Silbernes LodernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt