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Das ‚Goldene Haus' machte seinem Namen alle Ehre wert: glänzend und funkelnd leuchtete das Dach, beschienen durch Dutzende von Fackeln, deren Lichter es gleich tanzenden Leuchtfeuern in die Nacht zurückwarf.

Die Rufe der Kentauren waren selbst hier, auf der anderen Seite des vergleichsweisen prunkvollen Gebäudes, laut und deutlich zu hören. Es spielte gerade irgendeine Musik, die sie alle ergriffen und aus voller Kehle mitsangen.

Im Gegensatz zu den Tempeln der Drachen war die Ahnenhalle der Kentauren in Neehri allerdings jämmerlich. Draecon rümpfte die Nase beim Anblick dieses verschwendeten Golds, des unschönen Baus und des schlecht umgesetzten Plans.

Hölzerne Säulen trugen ein Gerüst aus dunklem Stein, der in seiner Farbe Granit glich. Die unruhigen Sprenkel bereiteten ihm Kopfschmerzen und der Assassine könnte schwören, dass die Säulen unterschiedlich hoch waren. Lange Splitter lösten sich von dem von Wasser aufgeweichten Holz.

Der Elf presste sich in den Eingang eines Hauses neben der Ahnenhalle und wartete, bis die letzten vorbeiziehenden Kentauren die leere Straße verlassen hatten.

Hier roch es nach Rauch und würzigem Fleisch, nach süßem Met und Erbrochenem. Selbst hier ganz im Zentrum glich Neehri seinem schäbigsten Bezirk.

Das ‚Goldene Haus' verbreitete unheimliche Ruhe. Draecon würde damit rechnen müssen, dass auch hier selbst zu dieser Zeit Wachen in der Ahnenhalle patrouillieren würden.

Er hatte Glück, dass die Gebäude hier überwiegend aus Stein und Holz gebaut worden waren. Versuchsweise schlug Draecon eines seiner Messer in das dunkle Baumaterial und zog vorsichtig daran.

Wenn er sein Gewicht richtig verteilte, würde ihm der Weg aufs Dach keine Probleme zu bereiten.

Er zog ein zweites seiner Messer und hievte sich daran hoch. Schmal und perfekt ausbalanciert lag die Waffe in seiner Hand.

Mit seiner Linken löste er die vorige Klinge und fuhr so weiter fort.

Seine Muskeln im Kreuz, an der Brust und in den Armen waren zum Zerreißen gespannt und zogen angenehm.

Es war fast zu leicht für ihn.

Mit einem letzten Hochhieven rollte sich der Assassine auf das Dach der Ahnenhalle. Ein Blick hinunter zeigte ihm, dass er sich nun gute sechs Schritt über dem Boden lag.

Hier oben erkannte er das Flackern der Fackeln noch besser, hatte einen weitreichenden Blick auf Neehri. Die schmalen Wege waren unordentlich angeordnet, wanden sich zwischen den Häusern hindurch und stießen irgendwo in der Ferne aufeinander. Dort vereinten sie sich zu einer Straße, die dann auf den großen Ring führen würde.

Seine Augen folgten dem gepflasterten Weg. In einiger Entfernung war die breite Straße, die Garwhen gemeint hatte.

Der Assassine würde schnell sein müssen.

Fahrig griff Draecon nach seiner Kapuze und zog sie sich über seine pechschwarzen Haare.

Auf dem Bauch robbte er über das vergoldete Dach. Das glänzende Metall war bei näherem Betrachten bleicher als es von unten geschienen hatte; die Sonne hatte wohl doch ihre Spuren hinterlassen.

Und dann hatte er die andere Seite erreicht: ein Vorplatz, mindestens von der dreifachen Größe eines jeden einzelnen Platzes, den der Assassine bisher gesehen hatte, wurde voller Kentauren und Händler gefüllt.

In einer langen Schlange an jeder Seite des Forums standen sie und boten ihre Waren an, hergerichtet und verführerisch im goldenen Licht.

Hunderte, wenn nicht sogar ein paar Tausende Kentauren drängten sich auf den Platz, alle mit dem Gesicht in Richtung der improvisierten Bühne.

Breath Of Death - Silbernes LodernWhere stories live. Discover now