Ein halbes Jahr später

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Ein halbes Jahr später:

Nun war es endlich soweit. Ich fahre zurück zu meiner Familie. Ich habe sie so sehr vermisst. Ein ganzes halbe Jahr habe ich sie jetzt nicht mehr gesehen außer bei Skype. Ich habe sogar den 3 Geburtstag von Hope verpasst. Ihr erster Geburtstag bei uns habe ich verpasst. Immerhin habe ich mit ihr telefoniert und ein Ständchen gesungen. Aber das ist einfach nicht dasselbe als bei ihr zu sein. Warum musste diese Reha auch so lange dauern. Ich habe mit ein paar Wochen gerechnet aber doch nicht mit ein halbes Jahr. Diese Zeit raubte mir den Verstand. Es war so anstrengend und ich habe so meine Tochter und meinen Freund vermisst. Aber ich habe mir eben ein Ziel vor Augen gesetzt. Dafür musste ich kämpfen. Ich musste für mein weiteres Leben kämpfen. Ich konnte mir ein Leben im Rollstuhl nicht vorstellen. Außerdem könnte ich es Taylor nicht zumuten. Denn ich würde ein Leben lang auf Hilfe angewiesen sein. Er würde es nicht lange mitmachen, dass weiß ich. Ich kann es nur zu gut verstehen. Aber ich will Taylor und Hope nicht verlieren. Ich liebe sie beide. Ich will mit ihnen mein Leben verbringen und es nicht einfach wegen meinen Rollstuhl kaputt machen lassen.

Ich nannte den Taxifahrer die Adresse meiner Wohnung und schon fuhr er auch schon los. Ich freue mich so auf meiner kleinen Familie. Ich hatte einen kleinen Plan ausgedacht, wenn ich Zuhause bin. 

"Sie freuen sich aber nach Hause zu kommen", erwiederte plötzlich der Fahrer.

"Ja ich habe meinen Freund und meine Tochter ein halbes Jahr nicht gesehen", entgegnete ich.

"Das ist eine sehr lange Zeit. Ich freue mich für sie", sagte der Fahrer freundlich.

"Ja viel zu lange aber es war es mir wert", erwiederte ich.

"Das kann ich mir vorstellen", sagte er und konzentrierte sich wieder auf die Straße.

Sieht man es mir so an, dass ich mich freue nach Hause zu kommen? Wenn doch schon der Fahrer mich darauf anspricht. Aber soll doch jeder wissen, dass ich glücklich bin. Jetzt wird alles wieder besser werden, dass spüre ich. Es kann ja nur noch alles besser werden oder nicht?

Taylor weiß noch nicht, dass ich heute komme. Eigentlich sollte ich erst in einer Woche gehen aber ich habe es keine Woche länger in der Klinik ausgehalten. Ich war schon viel zu lange weg von den beiden. Je näher wir unsere Wohnung kamen umso aufgeregte er wurde. Ich hoffe Taylor freut sich mich zu sehen. Was rede ich da, natürlich wird er sich freuen mich zu sehen. Wir waren jetzt ein halbes Jahr auseinander und das gerade am Anfang unsere Beziehung aber ich wusste schon von Anfang an, dass unsere Beziehung diese Distanz aushält. Wir lieben uns einfach schon seit wir klein sind. Immerhin kennen wir uns seit wir in der 5 Klasse sind. Unsere Liebe wir einfach von Tag zu Tag stärker, dass dachte ich mir bis dahin noch. Ich hatte ja keine Ahnung was sich alles in meiner Abwesenheit ereignet hat. Wie konnte ich es auch wissen? Taylor hat mir nichts erzählt. Wenn ich gewusst hätte, was mich zu Hause erwartet, wäre ich erst gar nicht zurück gekommen.

Voller Freude hielt das Taxi und ich stieg aus. Natürlich wusste ich, dass Hope heute bei Lukas ist. Aber ich wollte Taylor heute erst einmal überraschen. Ich bezahlte den Taxi und baute den Rollstuhl auf. Dann setzte ich mich hinein und legte meine Tasche auf meinen Schoß. Anschließen rollte ich in den Fahrstuhl und fuhr hoch. Heute hatte ich mal keine Angst mit ihn zu fahren, was wohl an die Aufregung liegen muss.

Schon öffnete sich die Tür zum Fahrstuhl und ich steckte den Schlüssel ins Schloss. Es machte einmal "Klack" und die Tür war offen. Lansam rollte ich rein und schaute mich um im Flur. Es hat sich nichts verändert, seit ich weg bin nur dass es jetzt einen Kinderhaken gab für Hope. Extra in ihrer Höhe aufgehängt, was ich richtig süß fand. Jetzt muss ich nur meinen Freund finden. Ich bewegte mich im Wohnzimmer aber heir war er auch nicht. Sofort fiel mir auf, dass hier mal dringend aufgeräumt werden muss. Überall lag Spielzeug von der Kleinen rum. Plötzlich hörte ich eine Stimme, die aus unseren Schlafzimmer zu sein schien. Sofort rollte ich mit meinen Rollstuhl zur Tür und öffnete sie und was ich dort sah zerfetzte mein Herz in tausend Teile. Wie kann er es mir nur antun? Womit habe ich das nur verdient? Warum ich? Warum nur? Mir liefen Tränen die Wange runter. Sie schienen mich gar nicht zu bemerken, so beschäftigt waren sie mit sich. Wie konnte ich nur so naiv sein und denken, dass unsere Liebe es aushält. 

Plötzlich drehte sich das Mädchen um und entdeckte mich.

"Tai ich glaube wir haben Besuch vom Krüppel", lachte sie. Die kommt mir doch bekannt vor. Wo habe ich sie noch einmal gesehen? Ach ja stimmt bei Taylor vor der Tür. Bei ihm Zuhause. Aber er hat doch gesagt, dass wäre seine Stiefschwester und warum nennt sie in Tai? Spinnt die eigentlich mich Krüppel zu nennen!

"Was machst du denn schon hier?", fragte Taylor erschrocken und zog sich schnell an.

"Die Überraschung ist wohl gelungen", entgegnete ich und wischte mir meine Tränen weg. Er hat keine Träne verdient. Er hat mich einfach mit seiner Stiefschwester betrogen. Wie hinterhältig ist das denn bitteschön und ich merke nichts. Bestimmt ist das nicht einmal seine Stiefschwester. Ich glaube ihn auch alles, wie dumm war ich bitte. Wie konnte ich nur denken, dass er sich geändert hat nach all dem was er mir damals angetan hat. Ich habe wirklich gedacht, dass er sich geändert hat und mich liebt. Aber sowas tut man doch keinen Menschen an den man liebt. Man betrügt den Menschn nicht den man liebt. Es zeigt mir doch, dass seine Liebe nicht echt war.

"Ja Schatz es sieht nicht so aus wie du denkst", entgegnete er und kam mir näher.

"Bleib bloß weg von mir!", sagte ich laut.

"Lass es mir doch erst einmal erklären", erwiederte er und kniete sich zu mir runter.

"Was gibt es da denn bitteschön zu erklären!", entgegnete ich wütend, stand auf und rollte den Rollstuhl weg von mir. Entgeistert schaute er mich an.

"Du kannst laufen?", fragte er geschockt.

"Ja sieht wohl so aus. Ich wollte dich damit überraschen aber du hattest ja nichts besseres zu tun als mit deiner Stiefschwester oder wer sie auch immer ist ins Bett zu hüpfen. Du weißt gar nicht was ich alles durchmachen musste in der Reha. Wie anstrengend es war und du vergnügst dich hier", entgegnete ich und lief aus den Zimmer. Ich hielt es da einfach nicht mehr aus. Ich ließ meine Tasche einfach im Flur stehen und rannte aus der Wohnung. Einfach weg von ihm und dieses Mädchen. Ich rannte wie noch nie zuvor, mir war es egal, dass meine Beine weh taten weil sie so eine Anstrengung noch nicht kennen aber ich musste einfach weg. Ich konnte ihn nicht sehen. Nein nicht heute. Nicht nachdem ich ihn mit diesen Mädchen im Bett erwischt habe.

Ich rannte und rannte, bis mir irgendwann die Puste ausging und mich auf einer Bank niederließ. Ich atmete erst einmal tief ein und aus, um mich zu beruhigen. Aber wie soll man sich nachdem ich meinen Freund mit einer anderen Bett erwischt habe beruhigen? Nein da kann man sich nicht beruhigen. 

Bin ich mal 6 Monate weg und schon nimmt er sich eine andere. Das ist doch keine Liebe. Jetzt bricht er mir schon zum zweiten Mal mein Herz. Meine Eltern haben mich gewarnt aber natürlich bin ich so stur, dass ich nicht auf sie gehört habe. Ab heute höre ich auf meine Eltern.

Ich nahm meine Hände vor meinen Gesicht und fing bitterlich an zu weinen. Ich habe doch nur das Beste gewollt. Ich habe das alles für meine Familie. Die Familie die mit einem Schlag zerbrochen ist. Wie eine Seifenblase ist sie zerplatzt. So schnell kann es heutzutage gehen. Aber was wird jetzt aus Hope? Immerhin haben wir das gemeinsame Sorgerecht. Das Jugendamt wird sie uns doch jetzt nicht wieder wegnehmen oder? Nein das könnte ich nicht ertragen. Ich kann sie nicht noch einmal verlieren. Sie ist mein ein und alles. Ohne sie hat mein Leben doch kein Sinn mehr. Ich muss mich einfach zusammen reißen. Ich darf Hope nicht verlieren. Ich habe doch so um sie gekämpft. Es soll nicht umsonst gewesen sein. Wär ich doch mal nicht früher nach Hause gekommen, dann hätte ich Taylor nie erwischt.

Ich darf Hope nicht verlieren. Ich muss das jetzt einfach durchziehen, mit Taylor. Wir spielen einfach die glückliche Familie. Wir werden den Jugendamt einfach alles vorspielen. Ich mache das für meine Tochter, damit ich sie nicht schon wieder verliere!

Ich gab sie weg. Das Leben danachWhere stories live. Discover now