~Kapitel 29~

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Nichts antwortend schritt ich wieder, diesmal rückwärts, um ihn besser beobachten zu können, in meine Ausgangsrichtung.
Er spielte sein Spiel weiter.
Er ging auf mich zu, ich wich ihm aus.
Bis ich diesmal direkt neben der Tür an der Wand zum stehen kam.
Scheiße!
„Ach.. jetzt hat's sich aus gegangen. Dabei hat das doch so viel Spaß gemacht"

Während ich ihn immer noch beobachtete, stolzierte er immer weiter auf mich zu.
Ich wünschte ich wäre kein Vampir, sondern ein Geist.
Ein Geist der durch die Wände gehen kann und jetzt verschwinden könnte.
Aber so ist es leider nicht und gegen ihn kämpfen bringt nicht viel, wenn ich immer noch etwas Eisenkraut im Körper habe.

„Da hast du recht, aber das ist doch auch das witzige daran", kommentierte er meine Gedanken und stand jetzt wenige Zentimeter von mir weg.
Als er sich noch mehr näherte, verschwand mein selbstsicherer Blick und zeigte was gerade in mir vorgeht. Reines Chaos.
Nicht wirklich ängstlich, aber doch etwas eingeschüchtert drehte ich meinen Kopf zur Seite.
Als ich seinen Atmen auf meiner Haut spürte, kniff ich meine Augen etwas zusammen.
Ich will gar nicht sehen was er macht.

In dem Augenblick spürte ich wie sein Atem zu meinem Ohr wandert und er sagt:
„Du bist so süß, wenn du ängstlich bist"
Jetzt öffnete ich meine Augen wieder.
Gerade zeigte er seine Fangzähne, seinen Blick auf meinen Hals gerichtet.
„Gut, dass ich keine Angst habe", entgegnete ich lächelnd, da er auf meine Ich-bin-so-unsicher-und-habe-Angst-Nummer reingefallen ist.
Ohne zu Zögern drehe ich mich zur Tür hin, die links neben mir ist, nahm Nate's Kopf und ließ ihn so hart wie möglich mit der Wand kollidieren.

Meinen Plan ausgeführt, sank dieser mit seiner blutenden Nase zu Boden.
Etwas überheblich und erleichtert, dass dieser Plan geklappt hat, lächelte ich weiterhin auf ihn herab.
„Das hast du davon"
Da er schon wieder langsam zu Bewusstsein kam, entschloss ich mich ihn hier zu lassen und so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.
Ich muss hier endlich weg.

Mit Vampirspeed rannte ich durch die Tür und danach den langen Gang entlang.
Als ich um die Ecke bog, trennte mich eine von
drei Türen von meinem Ziel.
Welche ist es?
Ich entschied mich für die Rechte.
Sofort öffnete ich die Tür und zum Vorschein kam ein schön eingerichtetes Arbeitszimmer.
Am anderen Ende des Zimmers stand ein Schreibtisch mit dem dazugehörigen Stuhl.
An den Wänden stehen große gläserne Vitrinen, die allen möglichen Artefakten beinhalten.

Bis auf ein paar wenige Dinge, die ich mal in einem Geschichtsbuch gesehen habe, erkenne ich keines der alt aussehenden Sachen.
Ich ging ein paar Schritte weiter in den Raum rein und betrachtete jetzt auch die Wand an der die Tür ist.
Wunderschöne Gemälde hingen rechts und links neben der schön geschnitzten Holztür.
Wieder zum Schreibtisch wendend sah ich mehrere Bilderrahmen.
Interessiert schritt ich leise näher zu dem Tisch.

Geschickt nahm ich den erste Bilderrahmen in die Hand.
Auf dem sich darin befundenen Bild konnte ich einen Mann und eine Frau sehen, die sich küssten. Beide trugen alte Kleidungsstücke aus dem 19. Jahrhundert.
Langsam von dem Bild wegsehend, nahm ich das zweite Bild in die Hand.
Genau betrachtete ich das Bild.
Völlig in Gedanken ließ ich den Bilderrahmen los und der Rahmen kollidiert mit dem Boden, wodurch viele kleine Glassplitter vor meinen Füßen entstehen.

„Man macht doch nicht so ein schönes Bild kaputt. Erst recht nicht, wenn es jemandem anderen gehört"
Noch schockierter sah ich zu, wie sich der Stuhl langsam drehte und Nate zum Vorschein kam.
Ich bin so dumm. Ich bin SOO dumm!!
Warum habe ich nicht daran gedacht, dass er sich vielleicht in seinem Haus noch aufhält und warum bin ich auch hier geblieben?!
Maaan, ich könne mich dafür gleich selbst umbringen.

„Umbringen? Ich bitte noch darum dies nicht zu tun", spielte der Blonde jetzt hochnäsig vor.
So unauffällig wie möglich ging ich kleine Schritte nach hinten, während Nate mich nur grinsend betrachtete und seine Füße auf dem Tisch überkreuzte.
„Warum denn nicht?", fragte ich selbstsicher.
Dieser Kerl schüchtert mich schon lange nicht mehr ein, auch wenn ich es vorhin so gespielt habe.

„Naja, du bist wertvoll für uns und deswegen können wir das nicht zu lassen", antwortete er und ich wusste er log nicht.
Denn sonst hätte er mich wahrscheinlich schon längst gefoltert oder so.
„Wer ist wir?"
Erst als ich mehrere Meter vom Tisch weggetreten war und in der Mitte des Raumes stand, blieb ich stehen.
„Unwichtig", meinte er und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf.
„Ist irgendwas nicht unwichtig für dich?"

Schwungvoll stand er auf, und während er mich die ganze Zeit beobachtete, schlenderte um den Tisch und lehnte sich an Kante des Tisches, die mit am näherten war.
„Das du hier bist, und wir endlich unseren Plan ausführen können"
„Da muss ich dich leider enttäuschen, aber daraus wird nichts", kündete ich an und lief Schnur stracks auf die offene Tür zu.
Doch die Tür ist nicht so leer wie ich sie in Erinnerung hatte, denn ein großer braunhaariger Junge stand direkt in der Tür und versperrte mir den Weg.
Scheiße! Ich muss mir echt einen anderen Plan überlegen um hier raus zu kommen.
Der Braunhaarige, der seine Arme vor sich verschränkt hat und dadurch noch breiter und muskulöser wirkt, wendete seinen Blick hinter mich, wo wahrscheinlich noch Nate verweilt.
Ich kam mir wieder in den Sinn, dass das der Junge, der mich schon gestern und heute in der Früh beobachtet hat, sein müsste.

„Und was macht ihr hier? Kaffeekränzchen?"
Er hat eine tiefe und doch irgendwie einfühlsam klingende Stimme.
„Ich hatte alles unter Kontrolle. Du hättest dich nicht in mein Spiel einmischen müssen", erklärte er genervt und anhand seiner Stimme, die immer lauter wurde, wusste ich, dass er sich schrittweise uns nähert.
Allein das er ‚Spiel' gesagt hat, könnte mich wieder zur Weißglut bringen, doch ich bleibe ruhig.
Mit mir kann er keine Spielchen spielen.

„Natürlich...aber mal ehrlich. Was macht ihr hier? Sie sollte doch im Zimmer bleiben?"
Ohne ein Wort zu sagen, verdrehte Nate als Antwort seine Augen.
Still stand ich da und beobachtete das Szenario.
Jetzt wendete er seinen Blick wieder auf mich.
„Aber das ist nicht mal so schlecht. Dann können wir gleich anfangen"

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The lost childWhere stories live. Discover now