Kapitel 1

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Ich konnte meinen Blick nicht abwenden. Es war nicht richtig und ich hasste mich für diese Angewohnheit. Jeden Morgen und jeden Abend schaute ich durch mein Fenster genau in das Zimmer des Nachbarjungens.
Okay, ich will gleich mal nicht übertreiben. Er war nicht irgendein Nachbarjunge.
Es war Jonas Lange.
Ich kannte ihn schon seit ich klein bin. Und schon immer machte mein Herz ein Satz, sobald er in meiner Nähe war. Ich hatte immer die leise Hoffnung, dass meine Gefühle irgendwann gehen, aber leider war das nie der Fall. Ich liebe ihn schon lange und liebe ihn immer noch und werde ihn sehr wahrscheinlich immer lieben.
Kurzer Zwischenfilm: Ich als kleines Kind, ungefähr zwei Jahre alt und laufe im Garten.
Jonas vier Jahre alt und läuft mit. Wir albern, ich schaue auf ihn auf, in sein süßes Babyface.
Und dann... Nichts.
Filmende.

Heute war er 18 Jahre alt, machte gerade sein Abitur auf einer Handelsschule um bald eine Beamtenlaufbahn anzustreben, während ich noch zur neunten Klasse ging und ihn heimlich anhimmelte. Wir liefen nicht mehr im Garten. Ich schaute nicht mehr in sein Gesicht, das traute ich mich nämlich nicht.
Er war groß, gut gebaut, hatte von Natur aus eine schön gebräunte Haut und diese strahlend grünen Augen, die immer leuchteten, wenn er lächelte. Er lächelte viel, und zeigte dabei seinen perfekten Zähne. Er war auch sehr offen, und immer freundlich. Er grüßte stets, und verstand sich gut mit meinem Vater. Und- das ist das aller wichtigste Detail- er hatte einen fantastischen Körper.  Er spielte Basketball und boxte regelmäßig und er geht alle zwei Tage ins Fitnessstudio um seine Arme, seinen Bauch und seinen Rücken zu stärken.
Genau das Gegenteil von mir. Ich war übergewichtig und der einzige Sport den ich trieb war der Weg von meinem Zimmer bis zum Kühlschrank. Im Gegensatz zu ihm hatte ich ein Doppelkinn, ein rundes, fülliges Gesicht und einen roten Lockenkopf, für den ich schon immer gemobbt wurde. Während er offen, freundlich und lustig war, war ich schüchtern, tollpatschig und für alles unfähig. Ich war ein ziemlich süßes Kind, aber die Pubertät hat es nicht gut mit mir gemeint.

Ich wand mich vom Fenster ab, da auch Jonas den Raum verließ.
Ich ging zum Spiegel und schaute mich kritisch an. Leider konnte ich nie länger als eine Minute hingucken. Da ich immer wieder geekelt von mir selbst war, mich hasste und mich dann mit etwas anderem beschäftigte.

Ich wünschte ich könnte zurück und für immer ein Kind sein.
Und nicht auf Sachen wie Gewicht, Aussehen, Periode, Kleidung achten.
Sondern einfach nur glücklich sein und keine Anforderungen von allen Seiten hören.

"Elena!", hörte ich meine Mutter von unten rufen.
Super. Ich bekam eine Ablenkung.

Ich eilte runter und nahm den Duft von der Küche wahr. Mama kochte mal wieder himmlisch.

"Könntest du mir bitte helfen?", fragte sie mich, als ich zu ihr ging.

"Jap.", sagte ich und half ihr die gekochten Kartoffeln zu schälen. Und immer wieder nahm ich beiläufig etwas in den Mund.

Mama und ich unterhielten uns über Schule und bevorstehenden Klausuren. Und auch über Unis.
Es klingelte an der Türe und Mama bat mich sie zu öffnen.
Allein vom Gelächter konnte ich schon heraushören wer vor der Türe stand.

Meine Schwester Caro.

Ich öffnete die Tür und mich traf ein Stich von Eifersucht als ich sie mit ihren Freundinnen sah.
Caro war ein sehr hübsches Mädchen. Auch wenn es sehr schwer für mich zum zugeben war. Viele Jungs fragten mich nach ihrer Handy Nummer. Sie galt immer unter allen als Schönheit.
Und sie war ganz allein Mamas Stolz.

Sie war beim Friseur fiel mir auf. Ihre Haare hatten viel Volumen und sahen einfach nur perfekt aus. Dazu war sie noch groß und schlank und trug immer die modischste Kleidung.

"Okay, Mädels. Ich muss jetzt gehen." Sie gab jeder einzelnen von ihren Freundinnen (auch alle Beautys) einen Kuss auf die Wange und kam mit mehreren Tüten ins Haus.

Federleicht Where stories live. Discover now