Kapitel 5

5K 212 43
                                    

"Sehr gut, Elena.", sagte mein Mathelehrer Herr Schulte. Er verteilte gerade die Klausuren. "Du hast nur ein Rundungsfehler, sonst hättest eine fehlerfreie Klausur gehabt."

Ich bemerkte die eifersüchtigen, und giftigen Blicke von meinen Mitschülern, doch die blendete ich aus und freute mich total auf meine 1 plus.

*

Lisa und ich gingen gerade aus der Schule raus.
Wir hatten die letzten beiden Stunden frei, und während die anderen, die coolen, sich hinter der Schule eine rauchten, überlegten wir noch, was wir unternehmen könnten.
Denn ich kann jetzt auf keinen Fall nach Hause. Es war viel zu früh.
"Komm lass uns zum Starbucks gehen. Oder irgendwo essen gehen."

"Nee, ich habe nicht so einen Hunger."

Essen, kam für mich überhaupt nicht in Frage.

"Aber du hast doch gar nichts gegessen heute. Du weißt, dass es nicht gut für dein Kreislauf ist."

Ich konnte diesen Satz jetzt schon nicht hören, Mama hatte ihn mir auch schon zweimal gesagt.

"Ich habe heute etwas gegessen. Und mir geht's gut."

Lisa musterte mich. "Okay, was machen wir dann?"

"Ich glaube ich gehe doch nach Hause.", sagte ich. Denn ehrlich gesagt, hatte ich wenig Lust etwas mit ihr zu unternehmen.
Plus, ich wollte in Ruhe meine Kalorien von heute zählen.

"Im Ernst? Wir haben immer etwas unternommen wenn wir frei haben."

"Ich muss aber echt nach Hause..." Mir fehlte ein gutes Argument. Aber mir fiel keins ein.
Und ich wusste, dass sie mir nicht glaubte.

"Okay, dann bis morgen.", sagte sie und ich konnte heraushören, dass sie gekränkt war.

Naja ich konnte mir darüber nicht den Kopf zerschlagen. Ich musste endlich meine Kalorien zählen.

Und dann entschied ich mich noch trainieren zu gehen.

Das war mir alles wichtiger als irgendwo zu essen, und Lisa dabei zuzugucken wie sie meine Lieblingsspeisen aß.

Beim Training sah ich Paul wieder. Ich schämte mich mit einem Mal wieder über dieses Missverständnis und versuchte an alles, aber nicht an ihn zu denken.

"Hey.", sagte plötzlich jemand neben mir, als ich gerade Crunches machte.
Es war überraschenderweise Paul.

"Hi.", antwortete ich knapp.

"Wie geht's?", fragte er.

War das sein ernst? Ich wollte Übungen machen.

"Gut."

"Ähm, kann das sein, dass du mir die falsche Nummer von Caro gegeben hast? Sie antwortet mir irgendwie nicht."

"Ich glaube sie hat einfach keine Lust."

Ich wollte, dass er geht, ich wollte nämlich meine Übungen zu Ende machen.

"Okay. Könntest du sie darauf ansprechen?"

"Ja.", sagte ich um ihn loszuwerden. Ich wusste nicht ob ich freiwillig Caro ansprechen sollte.

"Danke. Und viel Spaß noch beim Training."

Ich murmelte irgendwas aus Anstand und war froh als er weg war.
Eins musste ich diesem nervenden Typen aber lassen- er sah wirklich gut aus.
Nach dem ich hart trainiert hatte, ging ich nach Hause und ich fragte mich wieder, was Lisa so machte.
War sie sauer? Eigentlich hatten wir noch nie richtigen Streit.
Aber ich kann auch nicht sagen, dass sie die Freundin ist, die ich mir immer gewünscht hatte.
Unsere Gesprächsthemen kreisten meistens nur um Schule.
Nicht über Jungs oder so.
Deswegen wusste sie auch nichts von Jonas. Sie wusste nicht, dass ich ihn sehnsüchtig liebte. Leider gab es keinen in meinem Leben mit dem ich über Jonas sprechen konnte.

Gerade als ich über ihn nachdachte- er war in der Garage und schraubte wieder an seinem Motorrad herum.
Ich wollte nicht, dass er mich sieht, denn ich war rot wie eine Tomate, und nass vor lauter Schweiß und natürlich hässlich und dick wie immer.
Also beeilte ich mich, doch als ich auf einen Zweig trat und es knackste, sah er auf.

"Hey, Elena!", rief er gut gelaunt.

"Hi.", sagte ich.

Ich war so hässlich. Und er so schön.
Ich beeilte mich schnell an die Tür zu kommen, vielleicht fiel ihm ein, dass er selten ein Smalltalk mit mir führte, aber mit jedem anderen meiner Familie.
Bitte nicht heute.
Bitte erst wenn ich abgenommen habe.

Meine Bitten wurden erhört, ich schloss die Tür hinter mir und atmete erleichtert auf.

"Elena bist du das?", fragte Mama, weil ich nichts sagte.

"Ja, ich bin zu Hause!"

"Kommst du bitte in die Küche?", frage sie.
Was war mit ihr los?
Sowas sagte sie eigentlich nur wenn es Ärger gab.
Das letzte mal hatte sie das gesagt, als ich Caros Handy vor einem Jahr versehentlich kaputt gemacht hatte.

"Ja?", fragte ich nervös und sah Mama an.

"Setz dich."

Ich gehorchte. Sie stand jedoch auf und tat irgendwas vor dem Herd.
Sie kam wieder zu mir, mit einem Teller voller Essen.
Es war Spaghetti. Und es roch verdammt noch mal himmlisch.

"Du hast die ganze Woche kein Mal mit uns zu Mittag gegessen."

"Ich nehme ab, Mama."

Warum sammelte sich in meinem Mund Spucke zusammen?
Die Pasta sah himmlisch aus. Der Käse, der zum Teil geschmolzen war, sah verlockend aus. Sowie die dickflüssige, und saftige Tomatensoße, die ich über alles liebte. Dann kam mir noch eine Duftwolke entgegen, die es unwiderstehlich machten.
"Das heißt noch lange nicht, dass du aufhörst mittag zu essen. Du kannst ja abnehmen, aber nicht so."

Das stimmte. Ein Bissen würde doch nicht schaden, oder?
Die Spaghetti wurde zart und weich sein, der Käse schön geschmolzen.

"Mama, in Nudeln und Käse habend aber sehr viele Kalorien."
"Elena, das war mal dein Lieblingsessen!"

Ja, ich weiß.
Jonas. Caro. Julia.
Jonas. Caro. Julia.
Ich nehme ab für Jonas, Caro und Julia.

Und für mich.
Ich wollte diese Pausbacken loswerden. Meine Cellulite an meinen Beinen und Po.
Mein schwabbeliger Bauch und schwabbeligen Arme.
Ich wollte schön sein, und mein einziges Hindernis ist meine 'Figur'.
Ich habe schöne blaue Augen, Rotes, lockiges, schönes Haar.
Mein Gesicht war...

Zu viel.
Wie meine Hände und Finger.

Ich werde diese scheiß Nudeln nicht essen.

"Okay, Mama, ich esse sie.", sagte ich.

"Gut. Du wirst trotzdem noch abnehmen." Sie wirkte erleichtert und lächelte. "Wie viel hast du denn schon geschafft?"

"Zwei Kilo."

"Oh.", sie wirkte enttäuscht. "Okay dann laß es dir schmecken."

Ich ging hoch in mein Zimmer mit dem Teller und obwohl ich ein schlechtes Gewissen hatte, warf ich es weg.
Man wirft kein Essen weg.
Aber das hier war ein strenger Ausnahmefall.

Federleicht Where stories live. Discover now