Kapitel 3

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Aufgeregt stellte ich mich am zweiten Tag meiner Diät auf die Waage und konnte kaum erwarten, mein Ergebnis zu sehen. Gestern habe ich es schließlich geschafft, auf richtiges Essen zu verzichten und nur Kleinigkeiten zu mir zunehmen.
Meine positive Aufregung war mit einem Mal verflogen, als ich mein Gewicht sah,
Ich hatte keinen einzigen Kilo abgenommen.
Es enttäuschte mich zutiefst und ich fragte mich, ob es die ganze Mühe wert war. Mein Magen knurrte und diesmal würde ich mich mit einem Apfel und Knäckebrot nicht zufriedengeben. Es fühlte sich so an als würde ich sterben vor lauter Hunger.

"Morgen.", sagte ich an Mama gerichtet, als ich in die Küche kam.

"Du hast deine Brotdose gestern im Kühlregal gelassen. Nimmst du sie diesmal mit?"

"Ja." Ich nahm mir eine Gurke und knabberte daran.
Doch es half nicht.
Ich nahm mir dann ein schwarz Brot und aß es dann so. Es war schon viel besser, denn der Heißhunger war weg.
Bevor Caro aus ihrem Zimmer konnte, verließ ich schon das Haus und stieg auf mein Fahrrad.

"Guten Morgen!", rief mir Jonas zu und ich erwiderte seine Begrüßung lächelnd.
Es war die Motivation die ich brauchte.

Für dich würde ich nicht aufhören abzunehmen. Für dich werde ich dranbleiben.

„Lässt sich das Fahrrad gut fahren ?", fragte er gutgelaunt.

„Ja sehr gut! Perfekt... ich meine... ja ganz normal." Ich hasste mich für mein Gestotterte, wenn er mit mir sprach. Dann redete ich nur Müll. „Danke nochmal."
„Jederzeit!" Er schenkte mir wieder ein schönes Lächeln, bei dem ich am liebsten geschmolzen wäre. Wenn das ein Comic wäre, hätte ich Herzen an meinen Augen und wäre verträumt. Aber das war die Realität und ich musste schnell zur Schule.

"Ey, dass man die auch mal Sport machen sieht!", rief ein Junge aus meiner Stufe mir zu.

Ich lief rot an und drehte ihnen den Rücken zu, während ich mein Fahrrad schloss. Dann eilte ich schnell zu Lisa. "Hey."
"Hi. Wie läuft es mit deiner Diät?" Sie schaute von dem Buch hoch zu mir und rückte sich mit dem Zeigefinger die Brille zurecht.
"Ich habe unerträglichen Hunger."
"Du arme. Also so weit bin ich jetzt nicht gekommen. Gestern gab es bei uns Fast Food weil Mama lange arbeitete. Das konnte ich nicht widerstehen."

Sie meinte ihre Diät nicht ernst, ich merkte es.
Lisa hatte ja auch nicht wirklich eine Motivation.
Ich hatte genug Gründe. Jonas. Julia. Caro. Meine Familie.
Allein an alle zu denken, bereitete mir Kopfschmerzen.

Hin und wieder machte man sich an diesem Schultag über mich lustig.
Aber ich würde es ihnen zeigen, wenn sie mich nicht mehr auf Grund meines Gewichtes mobben können.

Nach der Schule blieb ich noch etwas in der Stadt um Zeit zu vertrödeln. Denn umso weniger Zeit ich zu Hause verbrachte, desto besser ging es mir.
Nicht nur wegen Caro, sondern auch wegen dem vollen Kühlschrank, wo ich mir ganz sicher war, dass ich dessen Lebensmittel nicht widerstehen konnte.

Kurz bevor ich nach Hause ging, ging ich noch an ein Fitnessstudio vorbei und holte mir Anmeldeformulare. Der Sport in der Schule reichte nämlich nicht um abzunehmen.
"Bin wieder zu Hause!", rief ich.
Mama, Papa und Caro saßen gerade am Esstisch und aßen zu Abend.

"Du kommst gerade richtig!", rief Mama mir zurück. "Wir essen gerade."

Ich ging zu ihnen und war erstaunt darüber, dass Caro nichts fieses sagte.
Sie schaute mich nur musternd an.

"Nein, Danke, ich habe schon draußen gegessen."

"Du isst draußen, wenn du weißt, dass ich viel besser koche?", fragte Mama.
Aber ich schaute nicht Mama an. Mein Blick war auf Caro gerichtet.
Immer noch verwirrt darüber, dass sie sich nicht äußerte.

"Tut mir Leid, ich hatte Hunger."

Bevor ich es mir anders überlegte, ging ich leise in die Küche um mir etwas kalorienarmes zu holen.
Dann ging ich rauf in mein Zimmer und aß ganz langsam.
In der Zeitschrift, die ich mir von Caro genommen habe, stand, dass man langsam essen sollte damit man schneller satt wird. Denn so trickste man den Bauch aus und gab ihm das Gefühl lange und viel zu essen, wobei es nicht der Fall ist,
Als ich fertig war, knurrte mein Magen aber immer noch. Jedoch suchte ich mir einfach andere Beschäftigungen.

Und zwar machte ich meine Hausaufgaben. Ich gab mir besonders viel Mühe, hörte dabei Musik, unterstrich jedes Ergebnis zweimal sehr ordentlich. Rechnete alle Aufgaben zweimal, um mir der Lösung auch ganz sicher zu sein. Anschließend, als ich fertig damit war, und nichts anderes schulisches mehr zur Verfügung hatte, schaute ich aus dem Fenster.
Und tatsächlich konnte ich Jonas durch sein Fenster erkennen.
Er saß auf seiner Couch und schaute Fernsehen.
Ich sah ihn jedoch nur von hinten, trotzdem genug um in meinen Träumen und Gedanken mit ihm zu versinken. Ich weiß nicht, warum es Leute gab, die meinten, Liebe wäre ein schönes Gefühl. Es schmerzte ihn da zu sehen und zu wissen, dass er kein Interesse an mir hegte.
Aber das würde sich ändern, dachte ich festentschlossen. Wenn ich nicht mehr übergewichtig bin, dann würde er mich mit anderen Augen ansehen.

Nach einer gefühlten Stunde wand ich den Blick ab, und mein Magen schrie wieder nach Essen.
Ich legte mich auf den Bauch und versuchte mich auf ein Buch zu konzertieren.
Jedoch war ich mit meinen Gedanken woanders.

Ich träumte ich stellte mir vor, wie ich im Urlaub während der Ferien am Strand war und eine wunderschöne Figur hatte.
Meine roten lockigen Haare wehten im Wind, ich könnte mich mit allen Jungen dort unterhalten.
Ich würde Jonas sehen.
Ihm von weitem beim Surfen zu schauen.
Sowie jeden Morgen würde er mich grüßen, so freundlich wie er war.
Doch diesmal würde er mich auch fragen, ob ich gerne mit ihm surfen würde.
Er lächelt mich an und ich schaue in seine schönen grünen Augen.
"Ja, gerne."
Er nimmt meine Hand, führt mich zum Meer und dann zeigt er mir, wie man sich auf das Brett legt und sich vom Wasser gleiten lässt.
Er steht auf, und ich schaue auf seinen schön gebräunten und muskulösen Körper.
Und es klopfte an meiner Tür, sodass ich aus diesem wunderschönen Traum entrissen wurde.

Caro räusperte sich.
"Du hast das hier in der Küche vergessen.", sagte sie in einem arroganten Ton.
Ich schaute zu ihr auf und mir wurde flau im Magen.
Was für eine Demütigung.
Die Anmeldeformulare für das Fitnessstudio.
Ich ging zu ihr und wollte gerade zu den Papieren greifen, aber sie hielt sie von mir weg.

"Viele Jungs die ich kenne gehen dorthin.", sagte sie, während ich immer noch versuchte ihr die Papiere wegzunehmen. "Sie werden dich nach meiner Handynummer fragen."

Caro drehte sich um und ging in mein Zimmer.

"Du kannst sie ihnen direkt geben. Oder die Nummern die sie dir geben werden, direkt mir geben, okay? Wir sind doch Schwestern und halten zu einander."

Sie knallte die Papiere auf meinen Schreibtisch.

"Du wirst trotz deiner Bemühungen nicht so hübsch und dünn wie ich. Verstehst du?!"

Ich antwortete nichts. Ich war nur froh dadrüber, dass sie endlich meine Formulare losließ.

"Und wenn du einen Typen namens Paul siehst, er ist groß, sehr gut gebaut und unfassbar gutaussehend, frag ihn bitte gleich nach seiner Nummer. Er würde sie dir so nicht geben, aber wenn du sagst, das ist für meine Schwester Caro, dann wird er sie dir sofort geben!"
Und mit diesen Worten verließ sie endlich mein Zimmer.
Ich nahm die Papiere und starrte darauf.
Sie hatte recht. Ich würde nie schaffen so schön und dünn wie sie zu sein.
Aber trotzdem ist es der Versuch wert.

Mein Magen grummelte erneut, aber Caro gab mir den Schubs den ich gerade brauchte.

Ich hatte keine Hausaufgaben mehr. Es gab auch keine Prüfung in kürzer Zeit.
Also hatte ich nichts zu tun und entschied mich in mein Bett zu gehen und weiter von Jonas zu träumen

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