Kapitel 55

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Er wuchs mir ans Herz, ohne ihn wäre ich hier vollkommen verloren gewesen. Also brach es mir umso mehr das Herz die Koffer in seiner Seite zu sehen.
"Guck mich doch jetzt nicht so an, wie ein Welpe.", sagte Sebastian und lächelte dabei mühsam. "Wir bleiben in Kontakt."
Ich nickte, da ich nicht imstande war etwas zu sagen.
"Versprichst du mir so schnell wie möglich hier rauszukommen? Dann können wir uns außerhalb von hier treffen."
"Ich gebe mein Bestes.", antwortete ich. Ich durfte ihn nicht nach draußen begleiten, weil ich noch nicht das Recht dazu hatte und die Schwestern Angst hatten, dass ich vielleicht die Flucht wagen würde. Wie absurd das auch klang. Das Weiteste war die Infotheke, da durfte ich mich von Sebastian verabschieden, was ich eigentlich gar nicht wollte. Klar, ich freute mich für ihn und dass er hier rausdurfte, doch er würde mir total fehlen.
"Okay. Es soll kein großer Abschied werden, wie gesagt, wir bleiben ja in Kontakt.", sagte Sebastian. Wir umarmten uns kurz.
"Gut, ich muss gehen, Mama Taxi wartet!"
"Tschüss, Sebastian."
"Tschüss.", war sein letztes Wort bevor er die Klinik verließ.

Und jetzt? Mit wem sollte ich jetzt lachen und essen? Neben wen sollte ich mich beim langweiligen Unterricht setzen? Mit wem sollte ich über die anderen Mädchen reden? Der Verlust ist immer nur dann spürbar, sobald er eintritt.
Es war Zeit zum Frühstücken und ich setzte mich an unseren Stammtisch nur jetzt ohne Sebastian.
Auf dem Weg dorthin begegnete ich Amanda und ihre Freundinnen. Ich schaute nur flüchtig zu ihnen um zu sehen, dass sie alle Geräusche vom Weinen imitierten.
"Ohh, Sebastian ist weg.", riefen einpaar mir hinterher. Schon war er weg, schon war ich allein und ich erlitt wie in der Hölle.
Ich spielte etwas an dem Essen herum ohne irgendwas davon runterzuschlucken. Mir war der Appetit vergangen und ich brauchte immer eine Überwindung um etwas zu essen, und diese konnte ich momentan nicht überstehen.
Zum Glück schaute keiner mehr auf mich, da zum Beispiel Schwester Fiona dachte, ich würde aus eigener Autonomie und aus eigenem Willen zunehmen. Also konnte ich das Essen beiläufig loswerden und mich dann im mein Zimmer verkriechen.

Es wurde Zeit für den Unterricht. Als ich mich auf meinen Stammplatz setzte ertönte ein lautes Geräusch und daraufhin ein lautes Gelächter.
Es war ein Furzkissen, der mir auf den Stuhl gelegt wurde. Ich nahm ihn und legte ihn neben mir auf den Boden.
"Riecht ihr das auch?", fragte Amanda laut. "Das ist der Geruch des Traurigseins und des Vermissens!" Alle fingen wieder an zu lachen und ich dachte nur, wie kindisch und absurd dieses Verhalten war. Ich erklärte mir dieses Verhalten nur damit, dass es hier so todlangweilig ist und diese Mädchen ihren Spaß nur auf Kosten anderer haben konnten.Ich schaute also nur weg und ignorierte die Mädchen.
Auch beim Mittagessen, und dann Abendessen und bei der Selbsthilfe Gruppe schikanierten sie mich immer weiter.
Alles schluckte ich runter. Als ich aber in meinem Zimmer war, wollte ich ihn Tränen ausbrechen, aber Sophia war anwesend. Also ließ ich es sein.
"Könnte ich mir kurz deinen Laptop ausleihen?", fragte ich sie und bemerkte dabei selber wie verschlagen sich meine Stimme anhörte.
"Ja klar.", antwortete Sophia und begleitete dem mit einem bemitleideten Blick.
Sie lachte zwar mit, wenn Amanda irgendwas gemacht hatte, aber ich wusste dass sie es nur tat, um Amandas Gunsten zu entsprechen.

Annalena45: Wünscht mir bitte Glück, ich schreibe morgen eine Klausur in Geschichte!

Iwanttobeskinny: Viel Glück!

Crazythingirl: *Daumen gedrückt*

Anele123: Viel Glück!

Annalena45: Danke Leute. Wie geht es euch so?

Crazythingirl: Super :) meine Alten sind nicht da und ich kann hemmungslos abnehmen.

Iwanttobeskinny: Mir geht es so lala. Hab kein Grund glücklich zu, aber auch keinen um traurig zu sein.

Anele123: Das ist echt ein Luxus! @Crazythingirl

Annalena45: Ja das ist wahr! Luxus pur. Hey, @Iwanttobeskinny, sei doch gut gelaunt! Du hättest genügend Gründe dazu!

Iwanttobeskinny: Danke. Ich weiß.

Annalena45: Und @Anele123 wie läuft es in der Klinik?

Anele123: Recht gut.

Das war gelogen, es lief alles derbe schlecht. Ich wurde schon lange nicht mehr so gemobbt. Aber das mussten sie ja nicht wissen, ich wollte mich nicht als Opfer darstellen.

Anele123: Ich nehme zu damit ich hier schnellstmöglich raus kann.

Federleicht1: HABE ICH DAS GERADE RICHTIG GELESEN?! JEMAND NIMMT HIER ZU?!

Mir entglitt ein eiskalter Schauder über den Rücken. Auch wenn ich von einer Person, die ich nicht kannte und nur über Wörter angefahren wurde, traf es mich heftiger als erwartet.
Ich wusste auch gar nicht, dass sie online war. Nur sie hatte die gesamte Kontrolle und konnte sehen wer alles liest und wer nicht. Im Moment war ich viel zu geschockt um eine Antwort zu schreiben.

Federleicht1: Jetzt rechtfertige dich! Sonst wirst du hier sofort rausgeschmissen!

Meine Hände zitterten. Ich wartete etwas, und wusste ganz genau, dass alle, die bisher geschrieben hatten, das lasen. Aber ich musste mich äußern. Kein anderer.

Anele123: Okay ich habe gelogen. Ich werde hier richtig gemobbt und will deswegen raus. Heute haben die fast meine ganzen Klamotten aus dem Fenster geschmissen.

Letzteres war gelogen, zum Glück, aber es musste authentisch bleiben.

Annalena45: Du arme...

Iwanttobeskinny: An deiner Stelle würde ich auch raus wollen....

Ich war den beiden so dankbar, dass sie jetzt an meiner Seite standen. Aber immer noch fehlte das Wort von Federleicht1.

Federleicht1: Sag das doch von Anfang an. Vielleicht mobben dich ja die Mädchen weil du zunimmst.

Anele123: Ich weiß nicht wieso sie das tun.

Federleicht1: gibt es ein Mädchen, das die Gruppe leitet?

Anele123: Ja.

Federleicht1: Dann rede mit ihr. Und sag ihr, dass sie dich zum Zunehmen motiviert. Ihr Verhalten wird sich ändern glaub mir, weil alle Anas sich gegenseitig helfen.

Anele123: Auch das Mädchen?

Federleicht1: JEDER. Du hast ihr doch nie was persönliches angetan, oder?

Anele123: Nicht das ich wüsste, nein.

Federleicht1: Dann ist die Sache geklärt. Erzähl uns dann wie es gelaufen ist.

Anele123: Okay, ich gehe sie jetzt kurz besuchen.

Iwanttobeskinny: Viel Glück

Crazythingirl: Viel Glück, du schaffst das. Es kann ja nicht schlimmer werden.

Annalena45: Viel Glück!

Anele123 hat den Chat verlassen.

Ich löschte den Verlauf und gab Sophia ihren Laptop wieder.

"Wo gehst du hin?", fragte sie als ich zur Türe ging.

"Raus."

"Um neun Uhr? Wenn dich eine Schwester sieht kann es zu Problemen führen. Das würde dann so aussehen als würdest du ausbrechen wollen." ich fragte mich was diese ganze lächerliche Ausbruch- Geschichte auf sich hatte, weil ich es in letzter Zeit öfter gehört hab.
"Hat das schonmal jemand gemacht?", fragte ich dann.
"Ja-", sagte sie verstummte aber. Sophie wollte noch irgendwas sagen.
"Ja und weiter?"
"Diese Person ist danach tot aufgefunden worden."
Damit habe ich nicht gerechnet.
"... Wieso... tot?"
"Sie war Extrems dünn, und hat nichts mehr zu sich genommen. Dann ist die meilenweit gelaufen und nie zurück gekehrt. Eine Woche später hieß es, dass sie... gestorben ist."
Ich konnte nichts erwidern, da diese Worte mir Extrems nahe kamen.
Sie ist gestorben.
Wie Caro es prophezeit.
Schnell schüttelte ich diesen Gedanken weg und konzentrierte mich auf das bevor stehende.
Ich würde mit Amanda sprechen.

Federleicht Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang