Kapitel 7

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Man könnte schon fast meinen, dass mein Leben trostlos war. Früher war nämlich Essen eins meiner Genussmittel. Wenn ich traurig war, hatte ich die beste Lösung parat- essen.
Lerne ich für eine Klausur oder Test?- Esse ich etwas Süßes, um mein Gehirn in Rage zu bringen.
Ist mir langweilig?- knabber' ich an eine Tafelschokolade.
Gucke ich einen Film?- wo ist mein Popcorn oder meine Chips?

Aber jetzt, kam keins davon in Frage, nicht einmal das richtige Mittagessen. Ich habe noch ein Kilo abgenommen, aber das war nicht genug.
Mein Ziel war es, die fünfzig Kilo zu knacken. Dann würde ich aufhören zu hungern, jede Kalorien zu zählen und jeden zweiten Tag Sport zu machen.
Vielleicht behalte ich das mit dem Sport bei, aber die anderen Sachen waren unerträglich. Doch mir war bewusst, dass der Weg der fünfzig Kilo ein schwerer und vor allen Dingen ein langer Weg werden würde.

An diesem Tag gingen wir Papas Kollegen besuchen, da er uns auf ein Dinner eingeladen hat.
Sie beide hatten eine Beförderung bekommen und sahen den Drang sich deswegen zu treffen. Mama mochte die Frau von dem Kollegen nicht, aber ich fand, dass beide sich sehr ähnlich waren. Beide achteten auf das Äußere und achteten darauf immer und überall perfekt zu erscheinen, obwohl dies nicht immer der Fall war. Und genau aus dem Grund mochte Mama sie nicht, da war ich mir ganz sicher.
Jedenfalls tickte Mama immer völlig aus, wenn wir zu ihnen gehen. Sie stürmte gerade in mein Zimmer und wollte sehen ob ich mich wirklich fertig machte.

"Hast du dir beim Schoppen gestern nichts gekauft?", fragte sie gestresst.
"Nein, mir hat nichts gefallen."
Sie seufzte, hielt sich die Hand an die Stirn und musterte mich kritisch.
"So kannst du nicht hingehen. Die Hose ist dir mindestens eine Nummer zu groß und dein Oberteil ist alt."

"Jaja, Mama ich weiß."
"Das nächste mal komme ich mit dir schoppen. Oder Caro."
"Nein, ich kann das alleine.", erwiderte ich etwas genervt.
"Schau dich und dein Kleiderschrank an und sag mir das nochmal." Damit verließ sie den Raum. Wenn sie so drauf war, wusste ich, vorher Caro ihren Gift herhatte. Sie war immer so, wenn sie gestresst war, und es war unerträglich. Sie verletze mich jedes Mal und wusste es bestimmt noch nicht mal.

Sie ließ bei mir die Tür auf, und ging rüber zu Caros Zimmer. Ich hörte nicht alles, aber sah wie Mama an ihrer Kleidung zupfte und fröhlich lächelte.
Caro trug einen kurzen Rock, mit einem eng anliegenden Oberteil und eine schwarze Strumpfhose. Das Outfit gefiel mir auch ehrlich gesagt.
Sie kombinierte diesen Hipster und Vintage Look mit coolen Sneaker, was das alles noch jugendlich wirken ließ. Ihre Haare hatte sie sich zu zwei Zöpfen geflochten. Und ich muss zugeben, dass ich ein klein wenig neidisch war. Denn das, was ich im Spiegel sah, sah nicht so schön aus wie Caro. Speckröllchen wo man nur hinschaute, und schäbige, alte Kleidung obendrauf. Natürlich war es für Mama ein schrecklicher Anblick, aber das wird sich bald ändern, das wusste ich.
Ich musste nur noch etwas abnehmen, dann würden sich alle meine Probleme lösen.

"Okay, alle ins Auto, sonst kommen wir zu spät!", rief Papa, der als einziger gut gelaunt war.
Ich fühlte mich irgendwie elend. Nicht wie früher, als wir als Kinder da hingegangen sind.
Früher hatten wir sogar Spaß, da die Familie Schröder eine Tochter, Diana, in meinem Alter hatte.
Caro, Diana und ich hatten immer zusammen mit Barbies oder Rollenspiele gespielt.
Bis beide aber vor mir in die Pubertät kamen, sie seither nur unter sich waren und auch Spaß daran hatten, mich immer auszuschließen.

Wir stiegen ins Auto, und ich versuchte den Hunger zu ignorieren. Mein Magen knurrte nun das dritte Mal, und ich hoffte keiner hatte das gehört. Aber Caros prüfender Seitenblick verriet mir, dass sie es gehört hatte. Jedoch schwieg sie.
Ich bekam unwillkürlich Herzrasen als wir angekommen sind. Naja ich war überhaupt nervös, obwohl ich genau wusste, was bevorstehen würde. Mama würde einen Arm um Caro legen und von ihr prahlen. Beim Essen tuscheln Diana und Caro die ganze Zeit. Und ich warte nur auf den Moment, wo Papa sagt, es ist spät wir müssen gehen, aber bis wir dann wirklich aus dem Haus sind, dauert es auch noch mindestens eine halbe Stunde.

Federleicht Where stories live. Discover now