Kapitel 65

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Nun sind zwei Tage vergangen und Amanda ließ sich nicht blicken. Mit jeder Minute hatte ich mehr Angst um sie. Mit jeder Stunde verlor ich mehr Hoffnung.
An einem Abend borgte ich mir den Laptop von Sophie und ging in den Forum.

Crazythingirl: Wo ist eigentlich Federleicht1?

Iwanttobeskinny: Seit Tagen ist sie nicht online gekommen, eigentlich ist sie das jede zwei Stunden.

Ciara44: vielleicht haben ihre Eltern ihr das Handy oder den Laptop abgenommen.

Crazythingirl: Das glaube ich nicht. Ihre Eltern kümmern sich doch gar nicht um sie hat sie mal gesagt. Die lassen sie machen was sie will.

Nein, so war es nicht. Sie hatte keine Eltern mehr. Ihre Pflegefamilie kümmerte sich nicht um sie.

Annalena45: Sie wird die nächsten Tage bestimmt wieder kommen.

Iwanttobeskinny: oder sie hat kein Bock mehr auf uns.

Und ich hatte kein Bock mehr auf diesen Forum.

Anele123 verlässt den Chat.

"Danke Sophia.", sagte ich ihr und gab ihr den Laptop wieder.
"Kein Problem." Sie zögerte. "Glaubst du Amanda geht es gut?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Sie kann auf sich aufpassen."
"Ich glaub sie nimmt weiter ab. Das ist immer ihr größtes Ziel gewesen."
Daraufhin zuckte ich nur die Schultern. Die Mädchen hier, Sophia mit eingeschlossen, wussten gar nichts über Amanda, dachten aber sie wüssten alles.

Die Stimmung in der Einrichtung war schrecklich. Sobald irgendwo ein Telefon klingelte stürzten sich alle Schwestern dorthin und hofften die Polizei würde am Apparat sein.
Unser Tisch- der 'Amandas Freunde Tisch' - hat sich komplett aufgelöst und soweit ich es beurteilen konnte, warf keiner mehr essen weg.
Und die Schwestern hassten mich.
Sie ließen mich das tagtäglich spüren, wenn ich mehr Hausarbeiten machen musste, und mir jetzt sogar noch mehr Verbote erteilt wurden.

Das einzig Gute war, dass ich oft mit Sabrina sprach. Jeden zweiten Tag fragte ich sie ob sie Zeit hat und immer hat sie gesagt, eigentlich nein, aber du kannst gerne reinkommen.
Jedes Mal erzählte ich ihr von meiner Vergangenheit bevor ich angefangen habe abzunehmen.
Wie ich darunter gelitten habe, dass ich so fett war. Wie man mich behandelt und verachtet hat.
Dann unterhielten wir uns über die Zeit in der ich im Normalgewicht war.
Das war die Zeit mit Julia und Paul. Anschließend mit Jonas und wie Papa uns verlassen hat.
Natürlich auch über die ganzen Komplimente, darüber, dass ich so gut abgenommen habe. Und dass ich immer meine Größe in Geschäften fand, weder zu klein noch zu groß.
Und in der letzten Sitzung ging es um das hier und jetzt.
Wie sehr ich Jonas und meine Familie vermisste. Wie sehr ich wieder zur Schule gehen wollte, meine Noten in Griff bekam und Stipendiaten bekam um auf die Uni zu gehen.

Dann redeten wir auch darüber wie ich es schaffen würde.
Ich müsste essen. Ich müsste loslassen, was die Waage sagt. Ich müsste mich in meinem Körper wohlfühlen.

Und immer wieder sagte Sabrina: "Die Menschen um dich herum mögen dich nicht, weil du Model Maße oder auch keine Model Maße hast. Die Leute um dich herum mögen dich, weil du, du selbst bist. Weil es nur eine Elena gibt. Das darfst du nicht vergessen."

Und dann verließ ich ihr Büro und mir ging es besser.

Als ich heute ihr Büro verließ, wir haben uns darüber unterhalten wie sie solch voluminöses, dichtes, schönes Haar hat (Gerstengras, Vitamine A,B und C, Heilpflanzen), wurde ich von einer Person überrascht.

Ich durfte eigentlich kein Besuch empfangen.
Aber bei ihm war das bestimmt ein Ausnahmefall.
Sebastian war hier.

Ich war überwältigt ihn zu sehen, er war so breit und gut gebaut und sah unfassbar gut aus.
Ich hatte ihn noch mager in Erinnerung, deswegen verschlug mir sein Anblick buchstäblich die Sprache.

Federleicht Where stories live. Discover now