Kapitel 16

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Es klingelte um Punkt neun Uhr abends bei uns an der Haustüre und ich wusste, dass es Julia war.
Ich war auch schon fertig, ging aus meinem Zimmer und just in dem Moment kam Caro mir entgegen, um selbst die Türe zu öffnen. Als sie mich sah, mit dem schwarzen, figurbetonenden Jumpsuit, wusste sie was vor sich ging.
"Du bist eingeladen?", flüsterte sie als könnte sie es nicht glauben.
Jonas kam gerade aus dem Zimmer raus und ich sah, wie er sein Hemd gerade zuknöpfte. Es war ein elender Schmerz, der mich sofort durchzuckte, ihn so zu sehen.
"Sollen wir auch gehen?", fragte er Caro dann.

Caro schaute ihn nicht an, sondern ihr Blick ruhte immer noch auf mir. Ihre Zähne waren giftig zusammengebissen.
"Ich wurde nicht eingeladen.", sagte sie.
"Elena, hier steht jemand für dich!", rief Mama dann von unten, sie hatte Julia die Tür geöffnet.
"Ich muss los.", sagte ich dann und lächelte die beiden an.
"Viel Spaß!", rief Jonas mir hinterher, so sozial wie er war.
Aber ich hörte darauf hin, dass Caro mit ihm schimpfte, das muss ihr echt wehgetan haben.

Julia hatte ihre braunen Haare zu einer tollen Mähne gestylt, war perfekt geschminkt, doch hatte einen Mantel an, der nicht zu dem Rest passte.
"Hey.", sagte ich dann als sie mich sah.
"Hallo, meine Hübsche!", antwortete sie.
"Wann kommst du wieder?", fragte Mama mich dann.
"Keine Ahnung.", erwiderte ich, während ich mich von Julia ziehen ließ.

Für Mama musste das alles auch neu sein, dass ich feiern gehe. Aber sie kannte es schon von Caro, deswegen dürfte das kein Problem sein.
"Vor Mitternacht solltest du bitte wieder hier sein."
"Alles klar, Mama ."

Sobald ich die Türe hinter mir geschlossen hatte, zog Julia diesen langen, weiten Mantel aus und ich sah, dass sie ein knappes, glitzerndes Kleid trug.
"Wow, das... habe ich nicht kommen sehen.", sagte ich.

"Nicht?", sagte sie lachend. "Wenn ich so deine Mutter begrüßt hätte, dürftest du wohl nicht gehen, oder?"
"Stimmt. Daran habe ich nicht gedacht."
"Ich denke aber an alles. Steig ein!"
Ich konnte es nicht fassen.
Julias berühmtes, rotes Cabrio Auto, wo ich schon immer insgeheim sitzen wollte. Und heute durfte ich wirklich mit ihren Freundinnen einsteigen, das hatte ich nie zu träumen gewagt.
Aber das war die Realität.
Und bildete ich mir das nur ein, oder schaute Caro von ihrem Fenster nach hier?


*

Es war mir etwas unangenehm im Auto. Zumal die Musik ganz laut war, wir alle gequetscht neben einander saßen und man sich schreiend unterhalten musste, während lautstark Musik lief, die man noch die ganze Straße hören musste. Aber andererseits fühlte ich mich geehrt in Julias Auto sitzen dürfen, zwischen ihren Freunden und mit angesagter Musik, von Drake.
Dennoch, ich wollte nicht leugnen, ich war etwas nervös. Es war meine erste richtige Party, wo man trank, tanzte und keine Topfspiele spielte.
Vor allen Dingen war es Jason's Party.
Jason, der Idiot, der mir ein Trauma verschaffen hat. In seiner Gegend hatte ich immer Angst und fühlte mich unwohl. Aber- wir würden nicht alleine sein, es waren ja viele andere Leute da. Und ich würde ihm bestimmt auch nicht auffallen. In dem Moment schaute ich Julia an, und wusste, dass ich sehr wohl auffallen würde. Ich war mit schließlich Julia hier.
Wie läuft sowas ab? Sowie in Filmen, es geht nur ums Trinken und Küssen und so?
Ich wusste es nicht.
Julia parkte das Auto direkt vor einem riesigen Haus.
Die Musik dröhnte schon nach hier draußen. Ich war total überwältigt, ich wusste gar nicht wo ich hingucken sollte. Jason wohnte zum einen in einem riesigen Haus, dann schweifte mein Blich zu den Leuten, die im Pool waren und ich schaute dann zu einem Pärchen, das sich wild küsste. Jetzt wurde ich noch nervöser als ich schon war.
"Das wird lustig!", rief Julia gut gelaunt, zog ihr Kleid noch höher, und schritt voran. Wir hinterher.
Die Musik war total laut drinnen. Und das Haus benebelt vom ganzen Rauchen.
Der Geruch von Zigaretten und Alkohol hegte im Raum.

Sobald wir reinkamen, richtete sich alle Aufmerksamkeit auf uns. Ich kannte es nur auf der anderen Seite, die Seite, die neugierig schaute, während Julia den Raum betrat. Es war komisch ein Teil davon zu sein, aber dennoch aufregend. Julia wurde von allen Seiten begrüßt, und sie hatte dieses perfekte Lächeln im Gesicht, das sie jedem schenkte. Plötzlich drehte sie sich um, suchte kurz und zog mich dann unerwartet zu sich. Sie hakte sich wieder wie beim Shoppen bei mir ein und so gingen wir ins Haus, während ich alle Blicke auf mir spürte. Ich hörte wie getuschelt wurde, doch diesmal war es ein positives Gerede. Ich hörte, wie sie sagten, dass ich krass abgenommen hab, und dass meine Haare gut aussahen. Noch nie hatte ich mich so geschmeichelt gefühlt.

"Du bist mein Meisterwerk.", flüsterte Julia mir ins Ohr. "Such dir einen süßen Jungen und genieß den Abend." Sie zwinkerte mir zu.
Einen süßen Jungen suchen?
Wie sollte ich das anstellen?
Ich begleite Julia nicht weiter hin, da sie zu Jason ging, zu dem ich auf keinen Fall wollte. Also folgte ich Bella und Anna. Sie gingen zum Buffet und bedienten sich an Getränken und Fingerfood.

"Willst du nichts?", fragte Anna mich und deutete auf die Salzstangen.
Ich schüttelte nur den Kopf. Ich musste an meinen Beinen rasant abnehmen. Denn diese Elefantenbeine wollte ich loswerden, und Spinnenbeine bekommen. Anna zog die Brauen zusammen und zuckte dann mit den Schultern.
„Hey, dein Schwarm ist auf vier Uhr.", sagte sie dann grinsend zu Bella, die sich schnell umdrehte und wo? fragte. Sie kicherten dann und gingen dann zu dem Kerl. Dann stand ich beim Fingerfood alleine, obwohl ich nichts essen wollte. Unschlüssig schaute ich mich um und wusste nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Hier hatte ich keine Freunde und Julia war bei Jason zu dem ich auf gar keinen Fall wollte. Die Musik war extrem laut und dröhnte mir in den Ohren, dass es schon fast wehtat.
"Hey.", hörte ich dann jemanden hinter mir sagen. Ich drehte mich dann überrascht um, denn ich fragte mich, wer mich ansprechen würde. Überraschenderweise war es Paul, den ich vom Training kannte, da er Caros Nummer haben wollte. Anscheinend hat es nie was gebracht, sie hat ja jetzt Jonas.
"Hey.", antwortete ich und lächelte.

"Du siehst... toll aus.", sagte er dann und ich merkte, dass es ihm viel Überwindung kostete mir das zu sagen.
"Danke.", erwiderte ich verlegen. "Das Training war ja auch anstrengend."
"Oh ja. Aber nicht nur dein Körper ist schön. Generell alles. Deine Haare. Dein Gesicht."
Jetzt lief ich rot an. Das war ein süßes Kompliment.
"Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?", fragte er dann.
"Ne, ich habe mein Limit an Kalorien heute erreicht."
Er lächelte und schenkte mir trotzdem etwas von Punsch ein.
"Das ist nicht schlimm. Es ist eine Party, eine Ausnahme."
Okay. Ich wollte hier nicht den Miesepeter spielen.
Ich machte mit.

"Woher kennst du Jason?", fragte ich ihn dann.

"Vom Fußball. Wir spielen in einer Mannschaft."
"Ah cool."

Wir unterhielten uns noch über dies und das, bis er mich fragte ob wir rausgehen sollen. Ich war ihm dankbar, denn drinnen war es mir zu voll, und zu hektisch.
Zwar hörte man draußen immer noch Musik, aber es war auf jeden Fall ruhiger.

"Weißt du was mir irgendwie leid tut? Die ganze Zeit schon?", fragte er mich und fuhr sich dabei über seine braunen Haare.
Mir fiel auf, dass er es immer tat wenn er sich nicht wohlfühlte. Das war irgendwie süß.
"Was denn?"
"Damals, als ich dich das erste mal gesehen habe, habe ich dich nach Caros Nummer gefragt."
"Ja genau." Er brauchte mich nicht erinnern, ich würde das nie vergessen.
"Ich weiß nicht wieso ich das getan habe."
"Magst du sie nicht?", fragte ich verwundert.
Er lächelte mich an. "Inwieweit kann ich ehrlich sein?"

"Du kannst alles sagen, es ist mir egal."

"Okay. Ich mag sie nicht so. Und eigentlich war die Nummer nicht für mich, sondern für meinen Bruder. Der ist da irgendwo auch.", sagte er und deutete mit seinem Kopf zum Haus.

"Oh, okay.", antwortete ich überrascht.
"Das ist mir wichtig, dass du das weißt."
"Alles klar.", sagte ich.
Wir schauten uns in dem Moment in die Augen. Er hatte schöne, meeresblaue Augen. Und er kam immer näher.
Es muss der Alkohol gewesen sein, jedenfalls ließ ich den Kuss zu.
Nicht nur das, ich erwiderte seinen Kuss. Ich wusste selbst nicht, wo ich das Selbstbewusstsein hergeholt habe, doch was ich wusste, war, dass dieser Kuss unfassbar süß war. Mein Herz raste, meine Knie wurden weich und in meinem Bauch kam ein Gefühl, dass ich noch nie verspürt hatte.

Und so war der aller erste Kuss an Paul vergeben.
"Du bist wunderschön.", sagte er als er mich wieder anschaute. "Und ich mag es, dass du bei jedem Kompliment immer so süß rot wirst.", fügte er noch hinzu.
"Paul hör auf.", sagte ich verlegen.

Er beugte sich erneut zu mir vor und küsste mich.
Es war ein schönes Gefühl, und ich wünschte mir, dass es nie aufhören würde.

Federleicht Where stories live. Discover now