Kapitel 17

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Paul begleitete mich nach Hause. Weil es kalt war, hatte er mir seine Jacke gegeben und er hielt meine Hand fest in seine. Wir unterhielten uns über alles mögliche.
Und ich war froh jemanden zu mögen- ja schon zu lieben!- und ich konnte ihn haben.
Nicht sowie Jonas, der mich als 'Freundin' bezeichnete. Und Caro hat sich ihn gekrallt.
Er war unmöglich für mich.

Aber Paul, er war so lieb und süß den ganzen Abend- und konnte wirklich gut küssen- er hat mein Herz erobert. Zwar sehr schnell, aber ich wusste, dass es wahre Liebe war.
Vor der Haustüre küssten wir uns ein letztes Mal. 

Und drinnen erwartete mich schon Caro, diesmal zum Glück ohne Jonas.

"Du wurdest geküsst.", stellte sie entsetzt fest.

"Was geht dich das an?"
Ich eilte hoch in mein Zimmer und sie mir hinter her.

"Ich bin trotzdem die schönere zwischen uns.", sagte sie. Ich musste lachen, weil sie so hysterisch reagierte. Warum ging ihr das so nahe?, fragte ich mich. Warum ist ihr das so wichtig, dass ich fett und hässlich und für mein Leben lang ungeküsst bleibe?
Erst als ich die Tür hinter mir schloss und meine Ruhe hatte, fiel mir eine Antwort ein.
Sie war eifersüchtig.

Ihre Figur war auf jeden Fall schöner als meine. 90-60-90. Sie hatte eine schöne Oberweite, eine kleine Taille und einen breiten Becken. Mein Traum. Der Traum aller Frauen. Und sie hatte einen schönen Style. Ich brauchte dafür Hilfe von Julia und konnte das nicht alleine.
Aber trotzdem war sie eifersüchtig, warum auch immer.

Ich durfte mich aber im Moment nicht über Caro ärgern.
Der Abend war schön gewesen, und damit musste ich mich jetzt beschäftigen.
Mit schönen Sachen.

Aber vorher musste ich das auskotzen, was Paul mir alles für Kleinigkeiten auf der Party geben hatte. Zwar waren es nur ein paar Cracker, und Drinks, aber es musste raus. Also ging ich auf Toilette und brach. Sobald ich fertig war, grinste ich wieder und musste an Paul denken.

Vor dem Schlafengehen, wog ich mich noch, und stellte enttäuscht fest, dass ich nicht weiter abgenommen habe. Nach dem ich meine Zähne sehr gründlich putzte legte ich mich aufs Bett, war aber nicht in der Lage einzuschlafen, da ich die ganze Zeit an Paul dachte.
So war es also wenn man verliebt war, und man die Liebe auch zurück bekam.
Ein wunderschönes, unbeschreiblich erfüllendes Gefühl.

*

Die restlichen Ferientage verbrachte ich damit Sport zu treiben, wenig zu essen, und noch mehr Sport zu treiben.
Das alleine wäre schon sehr langweilig  gewesen, aber ich hatte etwas, was ich nie zuvor in meinem Leben hatte und auch nie geglaubt hatte zu bekommen.
Einen Freund. Und das war die Motivation die ich brauchte.

Trainieren machte gemeinsam mehr Spaß. Wir unternahmen auch viel wie zum Beispiel zum Kino zu gehen, oder einfach zu spazieren.
Und Paul vereinfachte mir in vielerlei Hinsichten das Abnehmen.
Zum einen findet er es zwar schon etwas merkwürdig, dass ich nie draußen esse, wir also keine Fastfoodketten besuchen, wie es sonst jedes Pärchen macht, aber ihn kümmert es zum Glück nicht.
Er ist da nicht so krankhaft und sesshaft wie Mama oder auch Caro, die mir das total verübeln.
Und zum anderen habe ich jetzt immer Ausreden, wenn Mama mich fragte ob ich etwas essen möchte.
"Ich habe schon draußen gegessen."
"Mit wem?"
"Mit Paul."

Zwar war Mama misstrauisch, aber ich glaube auch sie war froh, wenn wir uns nicht richtig stritten. Ich glaube, sie wollte es unbedingt wahr haben, auch wenn wir beide wussten, dass ich log.

Ich wollte duschen gehen, bevor ich mich mit Julia traf.
Denn sie hatte sich wieder bei mir gemeldet und hatte mich gefragt ob ich Lust hätte mit ihr und 'ihren Girls' etwas shoppen zu gehen.
Ich hatte sofort bejaht und sogar einen ordentlich Betrag von Papa bekommen. Aber ich musste mich beeilen, weil Julia jeden Moment kommen würde. Daher kümmerte es mich auch nicht mehr als ich den Schlüssel des Bads nicht fand, aber ich hatte auch keine Zeit mehr gehabt zu suchen.

Ich versuchte mich zu beeilen, schäumte meine Haare und plötzlich wurde die Tür aufgerissen.
Und dann verstand ich, hier war also der Haken, daher war der Schlüssel weg.
Caro hat ihn genommen um...
Warum?!

"Raus?!", rief ich sofort.
Es war mir total unangenehm splitternackt vor Caro zu stehen.
Wann hatte sie mich das letzte Mal so gesehen?

Caro reagierte nicht. Nein. Sie holte noch eine weitere Person hinzu.
Mama trat dann auch ein.

"Was soll das denn hier?!", fragte ich und griff zum nächsten Handtuch.

"Guck mal wie viel sie abgenommen hat, Mama!"

War das ihr ernst?!
Erstmal, war sie gerade am petzen? Und zweitens, warum zum Teufel holte sie sich das Recht mich während ich dusche, reinzuplatzen?
Das war Verletzung der Privatsphäre!

"Wow.", hörte ich Mama sagen.
Sie schien begeistert zu sein von meinem Körper und wie viel ich abgenommen habe.

"Wow? Mama ist das dein Ernst?!", fragte Caro außer Fassung. "Das ist krank! Das ist nicht normal."
"Raus hier!", rief ich nochmal aber keine von beiden schenkte mir Beachtung.
Fehlt nur noch, dass Papa oder sogar Jonas kommt.
"Caro, warum machst du so ein Theater?", fragte Mama an Caro gerichtet und verließ (endlich!) das Bad.
"Ja, aber sie wird immer weiter abnehmen.", hörte ich Caro Mama hinterher sagen, nach dem sie die Tür zugeknallt hat.

Ich atmete aus.
Endlich waren sie weg.
Aber mich schockierte es zutiefst, dass Caro es so weit brachte, mich nackt anzuschauen.
Das war krank.

Von der Kommode hörte ich mein Handy summen.
Das musste Julia sein, sie wartete auf mich.
Ich duschte schnell zu Ende, auch wenn ich die Befürchtung hatte das jeden Moment jemand reinkommen könnte.
Dann zog ich mich an und ging zu Julia.

Sie wiederum brachte mich in die verschiedensten Läden und zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht, wegen all den Looks, obwohl ich schrecklichen Hunger hatte, der sich schon zu schmerzenden Krämpfen entwickelte.
Aber ich musste durchhalten.
Ich musste durchhalten um alles anziehen zu können.
Für Paul.

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