Kapitel 18

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Ich war mit Julia und ihren Freundinnen in der Stadt. Und Julia schenkte mir die ganze Zeit ihre Aufmerksamkeit, was mich wirklich schmeichelte. Sie wollte alles über Paul wissen und ich erzählte ihr auch alles.
"Ich bin wirklich stolz auf dich.", sagte sie während sie mir ein Oberteil vor die Brust legte. Sie schaute sich an ob mir das stehen würde oder nicht.

"Du nimmst gut ab, bist auf dem Weg einen coolen Style zu haben und hast einen Freund! Da stehst du sogar besser als ich da.", sagte sie während sie das Oberteil wieder auf den Ständer legte.

Komplimente, Komplimente, Komplimente.
Und dann auch noch von Julia.
Sie und ihre Freundinnen suchte mir drei ganze Outfits aus.
Und mir gefielen sie.
Ich fing langsam an zu sehen, wie man was kombinierte.

"Wenn die Schule wieder anfängt werden alle staunen.", sagte sie und lächelte mich an. "Okay Mädels? Wo gehen wir jetzt essen?"

Oh nein. Essen. Etwas, was ich nicht hören möchte.

Sie entschieden sich dafür Pizza bei dem Italiener zu essen. Eigentlich wollte ich absagen und dann nach Hause gehen, aber irgendwie kam es mir falsch vor.
Die ganzen Bemühungen, das lange Warten an der Schlange, das ganze Suchen. Sie haben sich Zeit für mich genommen, ich musste jetzt mitmachen.

Also ging ich doch mit, aber schwor mir nichts zu essen.
Ich wollte unbedingt auf die 65 Kilo kommen.
Und erst recht neben den Julia, Anna und Bella sah ich noch fetter aus.
Anfangs hatte ich noch das Gefühl, dass ich schön war, aber mittlerweile kam ich mir neben ihnen wieder hässlich vor.
Viel zu dick.

Und dafür müsste ich auf diese leckere Pizza verzichten.
Auch wenn ich Pizza über jedes andere Gericht liebte.

"Du willst gar nichts essen?", fragte Julia. "Nicht mal ne Coke trinken?"
"Ich nehme ein Wasser.", sagte ich zum Kellner.
"Wow.", sagte Bella. "Ich könnte hier und jetzt nicht nein zur Pizza sagen."
"Ich auch nicht.", fügte Anna hinzu.

"Macht ihr nach dem Essen hier noch Sport?", fragte ich.
Oder kotzt ihr das aus?
Aber das fragte ich nicht. Diese Tatsache musste ich für mich behalten.
"Nö.", sagte Bella und lachte. "Tennis zwei mal pro Woche reicht mir."
Was war mit den ganzen Kalorien? Wo sollten sie jetzt hin?
Eine Salami Pizza hatte 800 Kalorien. Mehr als ich zu Frühstück gegessen habe.
Und die 500ml Cola- fast 200kcal!
Aber ich bekam Hunger. Und dieser Moment quälte mich.
Der Geruch, der hier im Raum hegte. Mein Bedürfnis und Verlangen nach dem Essen wurde immer größer. Die Vorstellung in ein Stück Pizza zu beißen, ließ den Speichel in meinem Mund laufen.
Der Wunsch nach Pizza muss dadurch verstärkt worden sein, dass ich mich in den letzten Tagen, beziehungsweise Wochen, oder besser gesagt Monate, nur von Tee, und Obst/ Gemüse mit wenig Kalorien ernährt habe.
Eine leckere Pizza würde nicht schaden.
Aber jetzt war es eh zu spät. Ich hatte nicht bestellt.
Ich verfolgte also wieder dem Gespräch in der Runde und beteiligte mich.

Die Bestellungen kamen und mich überkam wieder ein Gefühl des Schwindels.
Wie sehr ich mich nach Pizza sehnte...
"Sicher, dass Sie nichts wollen?", fragte der Kellner mit seinem italienischen Akzent.

Ja ich wollte! Ich wollte unbedingt!
Aber mein Über- Ich und meine innere Kraft würden siegen.
"Nein, Danke.", sagte ich.
Ich wusste ganz genau was jetzt bevorstehen würde. Es würde am Tisch stiller werden, da alle Heißhunger nach dem langen Shoppen hatten und ich würde ihnen dabei zugucken.

"Ich habe kein Hunger.", sagte Julia plötzlich. Sie schaute etwas traurig drein.

"Hä wieso?", fragte Bella.

"Ich fühle mich zu dick."

Warte.
Was hatte sie gerade gesagt?
War es eine indirekte Beleidigung...? Wenn sie sich dick fühlt, was soll ich denn dann sagen...?!

"Julia du hast eine tolle Figur.", sagte Anna.
"Ja finde ich auch. Flacher Bauch. Runder Po."
"Ja mein Hintern ist zu fett.", nörgelte sie.
War das ihr ernst?
Ich spürte ganz genau, dass dies an mich gerichtet war.
Aber was habe ich ihr angetan? Ich war doch die ganze Zeit höflich und freundlich. Habe Witze gemacht und über ihre gelacht. Warum stellte sie sich so an?
"Das ist jetzt aber schade für die Pizza.", murmelte Bella. "Ich würde sie ja essen, aber meine ist ja schon mehr als genug."

Anna stimmte ein.
Ich aber nicht.
Ich wollte sie sehnsüchtig.

"Elena, könntest du mir den Gefallen tun und sie essen?", fragte Julia. "Bitte. Es wäre sonst zu schade für die Pizza."
Ich konnte ihr diese Bitte nicht wegschlagen.
Unabhängig davon, dass ich die Pizza wirklich wollte.
Ich fühlte mich gezwungen wegen vielerlei Gründe.
Das Shoppen. Die Einladung auf die Party. Alleine schon ihre Stellung. Julia Rogers verschlägt man keine Bitte. Das wusste ich, auch wenn ich nicht so viel Kontakt zu ihr hatte. Ich fühlte mich also gezwungen die Pizza zu essen. Auf einer Seite war es schrecklich befriedigend, mein Hunger wurde gestillt, mit etwas total Leckerem. Aber gleichzeitig breitete sich in mir der Selbsthass aus. Ich habe mich nicht getäuscht. Als Julia mir ihre Pizza nämlich gegeben hat, hat sie für wirklich einen sehr kurzen Moment schadenfroh gegrinst.
Ich hatte also recht.
Das alles hat sie wegen mir gemacht.

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Jetzt habe ich so unfassbar Hunger auf Pizza 😂

Federleicht Where stories live. Discover now