Kapitel 14

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Es war unerträglich. Die Sommerferien, wenn Mama immer noch Urlaub hatte. Sie versuchte mir buchstäblich den Löffel in den Mund zu stopfen.
Heute war Lisa bei mir zu Besuch, aber irgendwie war es nicht wie sonst. Ich holte ihr Essen mit rauf, und sie aß, aber es war ihr unangenehm, dass ich nicht mitaß.
Nicht nur das, auch die Gesprächsthemen waren lahm. Mathe. Bio. Chemie. Physik.
Dann haben wir alles besprochen (ich hatte kaum noch was im Kopf obwohl ich vor den Ferien viel gelernt hatte), und dann gingen wir gemeinsam in die Stadt.

Und auch das war irgendwie unangenehm. Kein gemeinsames Essen und viel peinliche Stille.
Als wir schließlich im Forever 21 waren, weil Lisa dort etwas kaufen wollte, sahen wir beide Julia und ihre Freundinnen.

Julia, das beliebteste und hübscheste Mädchen der Schule, was ich nur unterschreiben kann.
Diese langen, dünnen Beine, der schöne Style und die vollen braunen, lang und gewellten Haare, ließen sie wie ein Model aussehen.
Sie hatten uns nicht gesehen.

Ich beobachtete sie unauffällig und merkte, wie sehr ich mich danach sehnte zu ihnen zu gehören.

"Das Rote oder das Grüne?", fragte Lisa mich und zeigte mir zwei T Shirts.
"Das rote ist cool.", antwortete ich.

Und dabei merkte ich gar nicht, dass die Mädchen an uns vorbei gehen. Doch ich erwartete, dass sie uns wie immer ignorieren würden.

"Wow du hast abgenommen!", hörte ich jemanden von ihnen sagen.
Ich drehte mich um und sah, dass Julia höchstpersönlich mich angesprochen hatte. Mir fiel auf, dass wir uns noch nie richtig ins Gesicht gesehen haben und dass sie unfassbar hübsch war.
Und ich war wirklich überwältigt. Sie hat mich angesprochen.
Obwohl sie mich seit meiner ganzen Schulzeit ignoriert.
Und dann kam auch noch dazu was sie gesagt hat.
Ich habe abgenommen. Das hat mir bisher noch keiner gesagt.

"Ähm... ja, Danke.", sagte ich, wirklich überfordert mit der Situation.
"Willst du mitkommen?", fragte sie dann und lächelte mich freundlich an. Sie hatte ein strahlendes Lächeln, was Selbstbewusstsein und Spaß zeigte.
Aber ich verstand nicht, was sie sagte. Wo sollte ich mitkommen?

"Jetzt wo du so viel abgenommen hast, hätte ich voll Lust dich einmal umzustylen, zum Friseur zu gehen und dich richtig herauszuputzen."

Hatte sie nichts besseres zu tun...? Ich wusste es war lächerlich, aber mein Herz raste und ich freute mich wie ein Honigkuchenpferd.
Ich schaute unschlüssig zu Lisa rüber.
"Geh nur.", sagte sie und lächelte leicht.

"Sicher?", fragte ich. "Du kannst ja auch mitkommen."

"Nein.", sagte Bella, Julias Freundin, schnell. "Nur du."
"Ist kein Problem. Viel Spaß.", sagte Lisa und sie drehte sich um und ging. Sie machte mir den Eindruck etwas eingeschnappt zu sein, aber ich konnte nicht länger darüber nachdenken, weil Julia mich wieder anlächelte. "Outsch.", sagte Julia sarkastisch und zog eine Schnute. "Sie wird darüber hinwegkommen.", fügte sie dann noch lachend hinzu und alle ihre Freundinnen fingen an zu lachen. Dann schaute sie wieder mich an.
"Okay wie hast du das geschafft? Du bist ja gar nicht mehr übergewichtig!"

"Ähm, ich habe gehungert.", stammelte ich.

"Und du hast das geschafft? Du musst mir auf jeden Fall dann deine Tricks und Tips geben."

Sie lächelte mich an. Und ich konnte das alles immer noch nicht fassen.

"Okay Mädels wir suchen Elena ein schönes Outfit. Dann kommst du heute mit auf die Party."

"Welche Party?" Ich wurde nie auf so etwas eingeladen.

"Die von Jason. Er macht ne Hausparty. Und seine sind immer die besten."

"Gerne.", piepste ich und musste mein Herzrasen unterdrücken.
Wir gingen in verschiedene Läden und alle Freundinnen suchten mir verschiedene Outfits aus.
In der Umkleide zog ich meinen lila, markenloses Kapuzenshirt und mein T Shirt aus.

Die Mädchen hatten mir ein hautenges Top geholt mit einer schwarzen engen Hose geholt.
Ich zog es an, diesmal musste ich nicht sonderlich ziehen und es zwickte nicht und diesmal war die Kleidung auch nicht zehn Nummern zu groß.
Es saß perfekt. Und ich konnte das erste Mal einen Unterschied erkennen.

Zum aller ersten Mal. Heute Morgen hatte ich 65 Kilo gewogen. Und das waren die 200 bis 300 Kalorien am Tag wert, die ich während des ganzen Urlaubs tagtäglich mir zu mir nahm.

Zum ersten Mal schaute ich in den Spiegel und fühlte mich sogar schön. Meine roten Locken fielen über meine Schulter und über meinen Rücken.
Bildete ich mir das ein, oder hatte ich auch etwas im Gesicht abgenommen? Denn ich hatte nicht mehr all zu schlimme Pausbacken. Und mein Po war ehrlich gesagt nicht mehr so schwabbelig, sondern durch all den harten Sport schön geformt.
Ich war trotzdem ein bisschen unsicher als ich rausging, aber ich öffnete schließlich die Vorhänge.
Und alle hatten ihr Mund zu einem O geformt.
"Du siehst klasse aus!", rief Julia dann begeistert, was mich etwas rot auflaufen ließ.

"Guck mal deine Taille. Dann dein Apfelpo. Deine Oberweite. An deinen Oberschenkel musst du zwar noch etwas arbeiten, aber das kriegst du hin. Und wenn du das gemacht hast, hast du die perfekten Maße." Sie zwinkerte mir zu. "Und die Jungs werden deine Kurven lieben, vertrau mir.", flüsterte sie.

Auch Jonas?, fragte ich mich. Aber er hatte ja Caro.
"Wir kaufen das jetzt.", sagte Elena bestimmend. Ich ging zurück in die Umkleide, als sie mich aber am Arm festhielt.
"Lass es doch einfach an. Wir sind noch nicht fertig in der Stadt." Also bezahlte ich das Outfit tatsächlich an der Kasse und wir lachten alle dadrüber.
"Gehen wir jetzt noch was für heute Abend suchen?", fragte Bella dann als wie den Laden verließen.
"Genau. Und solange sollst du dann auch schon schön sein."
Als wir rausgingen, hakte Julia sich bei mir ein und erzählte mir, welche hübschen Jungs aus der Stufe single sind.
„Wenn wir Dir dann ein bombastisches Outfit heute geben und deine Haare stylen und deine Nägel machen lassen, wird dich keiner wieder erkennen!", schwärmte sie weiter.

"Danke.", sagte ich nur und wusste nicht, ob das wirklich so ein nettes Kompliment war.
Aber zum ersten Mal ging ich durch die Straßen und fühlte mich... schön. Ich dachte dieses Gefühl werde ich nie erleben, doch Julia hat es möglich gemacht. Und so gingen wir dann noch in das nächste Geschäft und suchten dort nach Kleidern.
"Das hier?", fragte Bella und zeigte mir ein Kleid.
"Nein. Das beißt sich mit ihrer Haarfarbe.", sagte Julia.
"Das hier?", fragte dann eine andere Freundin, Anna.
"Nein. Zu eng."
AUnd was ist damit?" Amber hielt ein eng anliegenden, schwarzen Jumpsuit, den ich ehrlich gesagt sehr schön fand.

"Das. Ist. Perfekt.", sagte Julia, gestikulierte dabei übertrieben. "Dann gehen wir noch zum Friseur und dann bist du einer der hübschesten Mädchen der Schule, heut Abend."
Mir war es immer noch irreal.
Diskutierten hier gerade alle über das was ich heute auf dieser Party- und ich wurde noch nie auf so etwas eingeladen!- und ich würde einer der schönsten Mädchen der Schule sein?
Schwer vorstellbar. Dennoch ließ ich alles geschehen. Und ehrlich gesagt ließ ich alles voller Freude geschehen.

Das ganze Hungern, das Leiden, die Streitigkeiten, hatten zu etwas gebracht. Aufmerksamkeit von der beliebtesten, hübschesten Schülerin der High School. Und sie sagte sehr nette Sachen. Jedenfalls gingen wir zum Friseur und Julia unterhielt sich etwas abseits mit ihr. Als sich unsere Blicke trafen, zwinkerte sie mir zu und formte ihren Daumen und Zeigefinger zu einem Okay.
Die Friseurin kam dann und fing an zu schnibbeln, schneiden, zu föhnen.
Als sie fertig war drehte sie mich zum Spiegel.
In dem Moment konnte ich nicht darauf achten was Julia und ihre Freunde taten, ich war selbst sprachlos.

Ich hatte zwar schon immer Volumen im Haar, aber diese Friseurin konnte zaubern.
Sie gab mir viel mehr Volumen, intensivere Locken und es war einfach nur ein Hingucker.
Ein schöner Hingucker.
Erst recht mit der schwarzen, dezenten Kleidung, sah das gerade... gut aus.
Und ich dachte, dass ich dies nie über mich selbst denken würde. Ich dachte, dass dies unmöglich war.

Aber die Art wie Julia mich anschaute, wie eine Künstlerin die ihr Werk fertig hatte, bestätigte meine Wahrnehmung.

Und ich hoffte, dass Jonas heute bei uns war, denn heute konnte er mich sehr gerne sehen. Doch nicht nur ihn, wollte ich diesen neuen Look zeigen. Auch Caro sollte mich sehen und sie würde Augen machen, wie ich es sonst bei ihr immer gemacht habe.

Federleicht Where stories live. Discover now