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Eingehüllt in einer warmen Decke und mit einer heißen Tasse Tee in der Hand, saß Mario noch immer zitternd auf der Couch.

Seine Haare waren nass, da es inzwischen begonnen hatte zu regnen und auch wenn er nun nicht mehr weinte, so war an seinem Gesicht doch klar zu erkennen, dass er geweint hatte.

Seit gut fünfzehn Minuten war er nun hier und starrte ins Leere.

Nachdem er resigniert einsehen musste, dass er sein Handy erstmal nicht mehr wiederbekommen würde, war er die Straße, in der er sich befunden hatte, strickt weiter geradeaus gelaufen. Nach einer Weile hatte er schließlich ein Hauptstraße erreicht, die deutlich befahrener gewesen war. Er hatte die nächste Bushaltestelle gesucht und war von da aus dann weiter gefahren.

Der Busfahrer hatte Mario, auch wenn er total traurig und durchnässt aussah, sofort erkannt und war für ihn sogar extra von seiner eigentlichen Linie abgefahren, um Mario schneller an sein Ziel zu bringen.

Von der Haltestelle, an der Mario schließlich ausgesetzt wurde, waren es schließlich nur noch wenige Schritte bis zum Haus. Als er schließlich vor dem Neubau gestanden hatte, hatte er geklingelt und ihm war sogleich geholfen worden.

So saß er nun hier und nippte an seinem Tee.

"Du musst mir früher oder später erzählen, was los ist. Warum irrst du so in der Nacht herum und wieso rufst du mich nicht an?"

Mario widmete Ann Kathrin in ihrem Seidennachthemd keinen Blick und starrte weiter an die weiße Wand vor ihm.

"Mein Handy liegt in Marcos Auto", antwortete er emotionslos.

Er schluckte und musste erneut gegen die Tränen ankämpfen, als ihm der Name über die Lippen ging.

"Wir haben Schluss gemacht."

Augenblicklich war es mucksmäuschenstill. Ann Kathrin traute sich nicht mal mehr zu atmen und verdaute die Nachricht perplex. Man hätte in diesem Moment eine Stecknadel im Obergeschoss fallen hören können.

Ann Kathrin sprach nichts weiter, sondern zog Mario in ihre Arme. Dieser wurde an die Schulter von ihr gedrückt und verspürte augenblicklich wieder diesen Drang zu weinen. Er wollte aber nicht mehr weinen. Er hatte schon genug Tränen vergossen.

Die beiden saßen eine ganze Weile so stumm da, während Ann Kathrin Mario die Seite langsam auf und ab fuhr. Sie sprach kein weiteres Wort. Sie wusste, dass Mario sich ihr gegenüber schon öffnen würde, wenn er bereit dazu war.

"Er hat gesagt er hat Zweifel", hauchte Mario schließlich.

Ann Kathrin drängte ihn nicht weiter zu sprechen, sondern ließ ihm seine Zeit.

"Er meinte wir würden uns voneinander entfernen und hätten überhaupt keine Zeit mehr für uns."

Mario schniefte.

"Dabei waren wir heute doch die ganze Zeit zusammen! Und ich dachte seit seiner Entschuldigung mir gegenüber würde es besser werden!"

"Vielleicht hat er das Ganze anders wahrgenommen", versuchte Ann Kathrin nun Mario anzuregen auch Marcos Sicht in seinen Gedanken miteinzubeziehen.

Jener seufzte nur.

"Das Schlimme ist, umso mehr ich über Marcos Worte nachdenke, desto mehr Sinn machen sie. Und auch wenn mein Herz ununterbrochen schreit, dass es nicht stimmt was Marco sagt, predigt mir die Stimme der Vernunft, dass dort etwas Wahres dran ist."

"Was genau meinst du denn ist wahr?", versuchte Ann Kathrin tiefgründiger auf Marios Gedanken einzugehen.

"Naja... Es stimmt schon, dass wir in letzter Zeit viele Termine haben, die wir auch unabhängig voneinander wahrnehmen. Er muss viel mit Scarlett machen, gerade weil sie schwanger ist und du und ich haben auch Events und Feiern auf die wir gehen müssen. Außerdem hast du in zwei Tagen Geburtstag."

Mario machte eine Pause und sah in seine dampfende Teetasse.

"Und dann ist da auch noch dieses dumme Baby..."

"Du hast mir gesagt du wärst einverstanden damit", hackte Ann Kathrin diesbezüglich nun nach.

"Bin ich auch! Irgendwie... Es ist kompliziert. Ich hab nicht damit gerechnet, dass das alles so enden würde. Ich dachte eigentlich Marco würde die Arzttermine mit Scarlett wahrnehmen und fertig. Aber stattdessen trägt er ihr alles auf Füßen hinterher."

"Ich glaube er weiß auch noch nicht genau wie er mit der Situation umgehen soll. Schließlich ist es auch für ihn das erste Mal, dass er so etwas erlebt", fügte Ann Kathrin hinzu.

"Aber für mich doch auch! Und ich bin doch auch immer noch sein Freund! Oder war es zumindest..."

Langsam senkte sich Marios Blick wieder entgegen seiner Tasse. Die letzten Stunden waren einfach zu viel gewesen.

"Es tut mir leid, dass es so auseinander gehen musste. Willst du Marco denn wenigstens bescheid sagen wo du bist? Ich bin mir sicher er ist wahrscheinlich krank vor Sorge."

Mario schüttelte nur den Kopf. Marco konnte ihm in diesem Augenblick wirklich gestohlen bleiben. Sollte er doch denken, dass Mario die Nacht unter der Brücke verbringen musste.

Ann Kathrin seufzte nur und reichte Mario schließlich ein Handtuch für die Haare.

Sie hatte den Brünetten noch nie so verletzt und verloren gesehen und sie kannte ihn jetzt schon mehrere Jahre. Es schmerzte einfach einen Freund so zu sehen und sie fasste schließlich den Entschluss, dass sie Scarlett bescheid geben würde, dass Mario bei ihr war, auch wenn es diesem nicht passte.

Mario nahm derweil das Handtuch entgegen und fuhr sich damit durch das nasse Haar. Anschließend legte er es wieder beiseite und trank die letzten Schlucke seines Tees.

"Ich denke ich werd mich jetzt etwas hinlegen", gab er bekannt und stellte die Tasse ab.

"Ich hab das Gästezimmer schon für dich bereit gemacht und dir ein paar deiner Klamotten, die du hier hast, bereitgelegt", informierte Ann Kathrin ihn und nahm die Tasse entgegen.

"Danke...", murmelte Mario leise und raffte sich auf.

Ann Kathrin sah ihm nach, wie er langsam mit der Decke um seinen Körper davon schlurfte und seufzte leise.

Sie hatte Mario wirklich noch nie so geknickt gesehen und langsam machte es ihr Angst.

Sie griff so nach ihrem iPhone auf dem Couchtisch und suchte den Chatverlauf mit Scarlett heraus. Sie würde einfach die Nacht nicht ruhig schlafen können, wenn sie sie nicht darüber informierte, dass Mario bei ihr war.

Erst als die Nachricht zwei blaue Hacken hatte und Scarlett ein "Danke", zurückgeschrieben hatte, fühlte sich Ann Kathrin etwas besser.

Noch einmal blickte sie auf die Tasse aus der Mario seinen Tee getrunken hatte, ehe sie schließlich aufstand, die Tasse in die Spülmaschine packte und dann ebenfalls in ihr Schlafzimmer verschwand. Sie hoffte einfach, dass Morgen alles ein Stück weit besser aussah.

Hope for LoveWhere stories live. Discover now