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"Ich bin wieder da!", verkündete Marco als er am Samstagabend wieder sein Haus betrat.

Sie hatten vor wenigen Stunden in Gelsenkirchen den Derbysieg klar gemacht, doch wirklich erfreut wirkte Marco darüber inzwischen nicht mehr.

"Wie lief es?", fragte Scarlett nur während sie den Flur mit Coco auf dem Arm betrat.

Marco zuckte lediglich mit den Schultern.

"Wir reden nur wenn es wirklich nötig ist und gehen uns sonst aus dem Weg", informierte er seine Freundin.

Diese seufzte nur leise und sah Marco mitleidig an.

Vor ein paar Tagen hatte Mario in der Abwesenheit von Marco und ihr mit Ann Kathrin seine Sachen geholt und hatte sich seitdem auch nicht mehr blicken lassen. Lediglich der Haustürschlüssel auf dem Esstisch und die halb leeren Schränke und Schubladen bestätigten, dass wirklich jemand im Haus gewesen und seine Sachen zusammengesucht hatte.

Vorsichtig legte Scarlett dem Blonden eine Hand an die Schulter während, dieser seine Schuhe aufschnürrte. Sie fuhr einen Augenblick Kreise auf seinem Rücken, ehe sie die Hand wieder löste und Coco auf dem Boden absetzte.

Marco sah schließlich zu ihr auf und hatte Mühe sich zusammenreißen während er in Scarletts mitleidiges Gesicht blickte. Sie hatten gerade das Derby gewonnen. Marco brauchte da eigentlich kein Mitleid. Aber trotzdem krabbelte das Gefühl von Trauer und Schmerz durch seinen Körper, da er genau wusste, weshalb sie ihn so ansah.

"Ich will das nicht mehr an mich ranlassen", verkündete Marco nach einer Weile schließlich selbstbewusster, "und ich hab auch keine Lust mehr, dass mich das Ganze runterzieht und beeinflusst. Ich bin das Mitleid langsam satt. Ich werd mich ab jetzt auf meine Arbeit und die Spiele konzentrieren und einfach so zivilisiert wie möglich mit der ganzen Situation umgehen."

Ein kurzes Lächeln huschte auf Scarletts Gesicht.

"Das finde ich sehr reif und erwachsen von dir. Du machst momentan eine starke Änderung durch, sowohl im beruflichen als auch im privaten Sinne. Ich bin schon ziemlich stolz auf dich. Du wirst langsam so richtig erwachsen und ich bin mir sicher, dass du auch in der Zukunft den richtigen Weg gehen wirst", sagte Scarlett aufmunternd mit einem Lächeln auf den Lippen.

Auch Marco musste daraufhin lächeln und nickte kurz dankbar, ehe er Elvis auf den Arm nahm, der an seiner Trainingshose herumspielte.

"Danke für die lieben Worte. Ich weiß das sehr zu schätzen. Ich will jetzt aber auch nicht weiter der Vergangenheit nachtrauern. Lass uns den Abend lieber noch schön bei einem Film ausklingen. Wir könnten ja Kevin Allein Zuhaus an machen", schlug Marco vor.

"Gerne", entgegnete Scarlett mit einem breiten Lächeln, "soll ich uns noch Lebkuchen und Spekulatius holen?"

Marco nickte nur zur Antwort und betrat mit dem Chiwawa auf dem Arm das Wohnzimmer. Seine Sporttasche würde er morgen ausräumen. Jetzt wollte er den restlichen Abend einfach nur mal entspannen und die Gedanken frei kriegen.

Auch die Folgetage entpuppten sich als recht unspektakulär. Marco ging zum Training, verbrachte den Mittag mit Scarlett oder Freunden, ging zum nächsten Training oder einer Analyse falls dies geplant war und ließ den Tag dann abends mit Familie oder Freunden ausklingen.

Am folgenden Samstag spielten sie gegen Bremen und gewannen 2:1. Das Spiel gestaltete sich im Nachhinein doch als emotionaler als zunächst angedacht, da es Nuris erste Rückkehr in den Signal Iduna Park mit den Bremern war. Aus diesem Grund bestand Marco auch darauf nach dem Spiel sein Trikot mit ihm zu tauschen und schubste ihn auch nochmal ein Stück weit vor die Südtribüne um seinen verdienten Abschied von den Fans zu erhalten.

Den folgenden Dienstag stand dann das letzte Auswärtsspiel des Jahres aus und schon nach zehn Minuten wurde Marco bewusst, dass die Fortuna aus Düsseldorf ein hart zu knackender Brocken werden würde.

Seine Vermutung zeigte sich letztendlich auch als bewahrheitet nachdem der Abpfiff ertönt war und es 2:1 für die Heimmannschaft stand. Marco erkannte jedoch auch sofort an, dass heute nicht mehr drinnen gewesen war, da die Düsseldorfer einfach einen guten Plan gehabt hatten, den sie bis in die letzte Minute perfekt umgesetzt hatten.

Die Tage zogen weiter vorbei und bei jedem Training das folgte, schottete sich Marco langsam ein Stück mehr von seinen Kollegen ab. Dabei ging es ihm jedoch nicht darum sich komplett abzukapseln. Viel mehr wollte er sich ein Gesamtbild von der Mannschaft verschaffen, sich auf seine Arbeit konzentrieren und diesbezüglich auch immer den Austausch zum Coach halten.

"Hey Marco! Hast du Bock heute auf ne Runde FIFA bei mir vorbei zu kommen?", fragte Jule nach dem Abschlusstraining und kam auf den Dortmunder Kapitän zugelaufen, "wir können dann ja anschließend zusammen zum Hotel fahren wenn du willst."

Marco sah zu dem grinsenden Brünetten auf, der ihm inzwischen einen Arm um die Schulter gelegt hatte.

"Keine Sorge. Es wären auch nur wir beide."

Inzwischen hatte es auch innerhalb der Mannschaft die Runde gemacht, dass Mario und Marco sich getrennt hatten. Das Mitgefühl der Jungs beschränkte sich jedoch auf einem mitfühlendem Schlag auf den Rücken und nach einer Trainingseinheiten war das Thema auch wieder gegessen.

Jeder ging weiterhin so normal wie möglich mit Mario und Marco um, wobei die beiden selbst auch versuchten sich auf einer angemessenen Art und Weise zu begegnen. Schließlich waren sie keine kleinen Kinder mehr, die sich um einen Lolli gestritten hatten. Und auch wenn einige Zusammenstöße noch unangenehm waren und ein Unwohlsein in den beiden hervorriefen, so schafften sie es doch gut miteinander zu arbeiten.

"Okay", stimmte Marco so schließlich zu und lächelte seinen Freund an.

Jule grinste daraufhin breit und drückte den Blonden etwas mehr an seine Seite.

Marco hoffte, dass diese Ablenkung ihm dabei helfen würde seine Sorgen noch ein Stück mehr zu vergessen und unbefreiter auf ihr letztes Heimspiel am morgigen Freitag blicken zu können.

Hope for LoveWhere stories live. Discover now