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Mit zusammengekniffenen Augen und dem unerbittlich kaltem Regen im Gesicht, joggte Mario von der Südtribüne zurück in Richtung Spielertunnel.

Einige seiner Kollegen waren schon vor ihm losgerannt um sich vor dem ekelhaften Wetter zu retten und ins Trockene zu gelangen.

90 Minuten lang hatte es geregnet und nur für einen kurzen Augenblick hatten die dunklen Wolken die Sonne durchstrahlen gelassen.

Marios Haare klatschten immer wieder auf seine Stirn, während er zum Tunnel eilte und auch Marcos Frisur saß ausnahmsweise nicht mehr richtig. Er war noch einen Moment länger als Mario vor der Tribüne geblieben und lief nun langsamer Richtung Katakomben, wo ihm ein Zeugwart gleich mit einer Jacke entgegen kam.

Sie hatten gerade endlich wieder ein Spiel gewonnen und Marco fühlte sich so erlöst wie seit langem nicht mehr. Seine ganze Frustration hatte er aus sich heraus gebrüllt, als er seine Jungs mit einem Strafstoß in der zweiten Hälfte in Führung gebracht hatte. Es war ein harter Kampf gewesen, da Stuttgart alles gegeben hätte um diese drei Punkte nicht herzuschenken, doch am Ende ging doch der BVB als Sieger vom Platz.

Mario stand bereits schon unter der warmen Dusche und wusch sich die Kälte und den Schweiß vom Körper, als Marco den Raum betrat und sich im leichten Dunstnebel umsah.

Er entdeckte schließlich, dass der Duschkopf neben Mario noch frei war und stellte sich gleich darunter, ehe er das Wasser auf warm stellte und sich davon angenehm berieseln ließ.

"Ich bin so froh, dass wir die drei Punkte endlich mal wieder eingefahren haben. Es wurde Zeit. Auf das Wetter hätt' ich allerdings verzichten können", sprach Mario nach einer Weile, während er sich gut einseifte.

"Habt ihr gesehen wie die Bayern gespielt haben? Die haben Wolfsburg einfach 6:0 rasiert!", meldete sich auch Marius zu Wort.

"Ja, jetzt sind die Schwachmaten Tabellenführer", fügte Roman genervt an.

"Ach Roman, wer achtet denn am 25. Spieltag schon auf das Torverhältnis? Wir sind immer noch Tabellenführer!", entgegnete Marco dem nur und griff ebenfalls zur Shampooflasche, während die anderen im Raum lachten.

Zehn Minuten später war auch Marco drei Minuten nach Mario wieder mit einem Handtuch um die Hüfte in die Kabine gekommen und zog sich an.

"Ann Kathrin nimmt mich gleich mit und wir fahren schon mal vor. Wir wollen spätestens um sieben los", informierte Mario seinen Freund, während er bereits in seine Jacke schlüpfte.

"Okay. Ich geh dann nochmal kurz in die Mixed Zone und komm dann mit Scarlett nach", entgegnete Marco als er seinen linken Schuh fertig band.

"Gut. Dann sehen wir uns gleich", sagte Mario und holte sich noch einen kurzen Kuss bei seinem Freund ab, ehe er nach seiner Tasche griff und verschwand.

"Bis nachher", rief Marco ihm nach und schnürte auch seinen anderen Schuh fertig.

Anschließend zog er seine Jacke zu, setzte seinen Rucksack auf, legte sich noch einmal kurz die Haare zurecht und begab sich dann in die Mixed Zone.

Zehn Minuten später empfing Scarlett ihn am Parkplatz und gratulierte ihm kurz mit einer Umarmung.

"Glückwunsch zum Tor und dem Sieg!"

"Danke! Freut mich, dass ihr zwei da wart. Jetzt sollten wir aber heim. Mario ist mit Ann Kathrin schon vor. Sie wollen um sieben wieder los", erklärte Marco und stieg auf der Fahrerseite des Wagens ein.

"Man, ich bin so neidisch! Sarah fährt mit Melanie auch nachher hin. Ich wär auch so gerne mitgekommen", klagte Scarlett ihr Leid während sie versuchte sich möglichst schnell anzuschnallen.

"Tja. Der Arzt hat aber leider gesagt, dass es zu viel für die Kleine wäre und ihr die kontinuierliche Lautstärke und der Bass nicht gut tun würden."

"Ich weiß, ich weiß", entgegnete Scarlett nur abwinkenden, "irgendwie glaub ich aber trotzdem, dass sie dazu eher abgetanzt wäre."

"Ja und jetzt stell dir das mal vor", entgegnete Marco daraufhin und fuhr vom Parkplatzgelände, "sie hätte dich den Abend wahrscheinlich kontinuierlich getreten und du wärst um dein Lebtag nicht froh geworden. Da hättet ihr beide wahrscheinlich drunter gelitten. Sie, weil es zu laut ist und sie sich nicht richtig bewegen kann und du, weil du ununterbrochen Schmerzen hast. Wir bauen uns im Wohnzimmer einfach unsere eigene Konzerthalle auf und hören Post Malones beste Lieder."

"Hmm", murmelte Scarlett daraufhin nur und es trat Schweigen im Wagen ein.

Als die zwei wenig später das Haus betraten, hörten sie enthusiastisches Gerede aus dem Wohnzimmer.

"Hallo! Wir sind da!", verkündete Marco, woraufhin ein "Hallo!", von Mario aus dem Wohnzimmer erklang.

Als die Schwangere und der Blonde ihre Jacken und Schuhe ausgezogen hatten, betraten sie ebenfalls das Wohnzimmer und ließen sich auf der Couch nieder.

Marco setzte sich natürlich sofort zu Mario, der inzwischen ganz in schwarz gekleidet war.

"Hey Baby", sagte er relativ leise und küsste Mario kurz, ehe er sich hinter den Brünetten setzte, sich zurück gegen die Seitenlehne lehnte und den Jüngeren mit sich zog, "gut siehst du aus."

"Danke", grinste Mario zu ihm hoch, "dein Haar sitzt ja auch wieder."

Vorsichtig fuhr Mario ihm durch das noch etwas nasse, blonde Haare und achtete dabei natürlich darauf, dass er es nicht wieder verunstaltete.

"Ich wär auch so gerne mitgekommen. Wann fahrt ihr denn?", jammerte Scarlett wieder an Ann Kathrin gewandt.

"Mein Bruder sammelt uns um sieben hier ein. Wir nutzen den Abend um auch mal wieder ein bisschen Promo für unsere Scheinehe zu machen. Ich war ja doch die letzte Zeit viel unterwegs und Mario war viel bei Marco", erklärte die Brünette.

"Wer kann's ihm verübeln?", war alles was Scarlett entgegnete, während sie zu den beiden Angesprochenen sah, die sich gerade neckend küssten und kuschelten.

Ihre kleine Zweisamkeit wurde jedoch gestört als ein Handy begann zu klingeln.

Da Mario die Vermutung hatte, dass es seins war, fischte er sein Gerät hervor, doch der Display war schwarz.

Auch Marco war daraufhin etwas verwirrt und begann schließlich sein eigenes Handy hervorzuziehen. Es stellte sich heraus, dass es seins gewesen war, das geklingelt hatte, denn auf dem Display leuchtete groß "Jogi Löw" auf.

Auch Mario konnte den Namen des Anrufers lesen und rutschte unruhig etwas aufrecht.

"Hallo Trainer", nahm Marco den Anruf währenddessen an.

"Hallo Marco", sprach Löw laut genug, sodass auch Mario an Marcos Brust ihn reden hören konnte, "ich will mich kurz fassen. In letzter Zeit habe ich mir wegen dem Kader sehr viele Gedanken gemacht."

"Das hab ich mitbekommen", entgegnete Marco und hatte ein ungutes Gefühl.

Auch in Mario stieg langsam eine leise Ahnung auf und mit ihr auch die Wut.

Löw hatte ihn selbst schon seit einem guten Jahr ausgebootet gehabt, was Mario bis heute nicht wirklich hatte nachvollziehen können. Auch die gute Leistung der letzten Monate hatte daran wohl nichts geändert, da Jogi ihn bis heute kein einziges Mal angerufen hatte. Würde er jetzt aber auch noch Marco am Telefon die Hiobsbotschaft überbringen, dass er wie Mats, Thomas und Jérôme nicht länger ein Teil der Nationalmannschaft sein würde, würde Mario eigenhändig zu dem Nationaltrainer nach Freiburg fahren, wo er sich das heutige Spiel angeschaut hatte und ihm den Hals umdrehen!

"Ich hab damit gerechnet, dass das nicht an dir vorbeigegangen ist, aber jetzt geht es um dich Marco", nahm Mario wieder leise Löws Stimme wahr, "ich würde mich in den nächsten Tagen gerne für ein Gespräch mit dir treffen."

Marco schluckte daraufhin und sah hilfesuchend zu Mario, der seinen Gedanken wohl teilte, da in seinen Augen das Mitleid stand.

Mit einem Mal war Marcos Mund ganz trocken und er war nicht in der Lage dem Trainer zu antworten, während sich dieser eine, bedrohliche Gedanke in seinem Kopf immer breiter machte: Löw würde ihn aus der Nationalmannschaft schmeißen.

Hope for LoveWhere stories live. Discover now