1o1 | Rückkehr

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Hermine

Stocksteif stehe ich im Badezimmer, gebe keinen Mucks von mir und starre an die Badezimmertür. Ich halte sogar meinen Atem an, damit ich lauschen kann. Doch auch von draußen kommen erstmal keine Geräusche. Keiner sagt etwas. Ich kann nicht ausmachen, wer da gerade durch die Tür gekommen ist, aber nachsehen werde ich definitiv nicht.

Lust in wenigen Minuten drauf zu gehen, habe ich nämlich nicht.

Aber ewig hier drin bleiben, kann ich ja auch nicht.

Verdammt, was soll ich denn jetzt machen? Die ganze Situation ist einfach nur der absolute Horror. Erst eskaliert die Situation, dann ist Draco spurlos verschwunden und jetzt das. Wieso eigentlich immer ich? Was habe ich meinem Leben getan, sodass mir nur Scheiße passiert? Nur ab und zu passiert Gutes, direkt gefolgt von einem großen Knall.

Mir auf meine Unterlippe beißend, fluche ich innerlich. Mein Kopf beginnt erst gerade zu rattern, um nach einer Lösung zu suchen, wie ich hier wieder rauskomme, als ich plötzlich vernehme, wie sich jemand im Zimmer bewegt, beziehungsweise hin und her läuft. Augenblicklich muss ich schlucken und schlage mir sofort die Hand vor den Mund.

Scheiße.

»Hermine?«

Was-

»Hermine, bist du...bist du hier?« Ungläubig reiße ich meine Augen auf und entferne die Hand vor meinem Mund. Wie von selbst, gehe ich zur Tür und öffne sie. Das ist doch jetzt nicht wahr. Doch meine Ohren haben mich nicht getäuscht. Mitten im Zimmer steht tatsächlich der Slytherin, den ich - zugegeben - wirklich stark vermisst habe, mit einem Tablett in der Hand.

Ich sehe erst geschockt auf das Tablett, wo sich sämtliche Dinge für ein Frühstück drauf befindet, dann wandert mein Blick direkt in sein Gesicht. Ich kann nicht verhindern, dass ich ihn hemmungslos anstarre. Was zur Hölle ist hier eigentlich los? Er schluckt sichtbar und stellt das Tablett ab. Darauf achte ich allerdings nicht.

Mein Fokus liegt auf seinem Gesicht. Er hat Augenringe, die absolut nicht zu übersehen sind. Seine Haare sind ungekämmt und seine gesamte Ausstrahlung fällt mit jeder Sekunde, in der ich ihn ansehe, mehr und mehr in sich zusammen. Seine Augen strahlen pure Unsicherheit aus und nachdem er das Tablett abgestellt hat, knetet er offensichtlich nervös seine Hände.

»Draco.« ist das Einzige, was ich sagen kann, jedoch vollkommen emotionslos. Woher kommt er denn jetzt bitte? Ich öffne meinen Mund erneut, schließe ihn aber direkt wieder. Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Ich meine, ich dachte ja, er hat mir hier komplett allein gelassen und jetzt steht er auf einmal hier?

Er schluckt und weicht meinem Blick aus. Anscheinend weiß auch er nicht recht, was er sagen soll. Natürlich weiß er nicht, was er sagen soll. Was sollte man auch in so einer Situation sagen? Mein Kopf ist wie leer gefegt, kein Gedanke schwirrt herum. Die einzige Reaktion, die ich zeige, ist, dass ich erneut beginne zu weinen.

Es ist unfassbar, dass ich mich einfach gar nicht mehr unter Kontrolle habe, sobald Draco in meiner Nähe ist. Das ist ja nicht erst seit gestern so und ich bin mir dessen auch schon länger bewusst, aber irgendwie ist das bei jedem einzelnen Mal krass für mich zu sehen, zu welch - verglichen mit dem Kontext - heftigen Reaktionen ich eigentlich fähig bin.

Trotz meiner verschwommenen Sicht, sehe ich deutlich, wie er sich auf die Tränen meinerseits hin verhält. Diesen Blick kenne ich schon von ihm. Es ist derselbe wie der damals im Büro von McGonnagal. Als er mich so schulbewusst angesehen hat, bevor er verzweifelt sagte, er sei nicht wie sein Vater. Allein die Erinnerung daran lässt sie nur noch mehr weinen.

Es vergeht eine kleine Weile, aber keiner von uns beiden bewegt sich. Zu einem bestimmten Punkt halte ich es nicht mehr aus und laufe auf ihn zu. In genau diesem Moment sieht er wieder zu mir und weitet merklich seine Augen, vollkommen geschockt und offensichtlich ahnungslos, was ich vor habe. Als ich vor ihm stehe, sehe ich direkt in sein Gesicht, was sich aber als ein wenig schwierig herausstelt, da ich immer noch hemmungslos am Weinen bin.

Mittlerweile bin ich sogar noch leise am Schluchzen und ich merke deutlich die Verwirrung mit der er mich ansieht. Ich hebe allerdings nur meine Hand und erwecke den Anschein, ihn schlagen zu wollen. Natürlich wird der Ausdruck in seinen Augen leicht panisch.

Doch ich habe gar nicht vor ihn zu schlagen. Stattdessen senke ich die Hand wieder und umarme ihn einfach, während ich beginne jämmerlich zu weinen. Ich merke sehr deutlich, dass er komplett überfordert ist, mich aber trotzdem ebenfalls in die Arme schließt.

Keine Ahnung wie lang wir da stehen - ich vollkommen am Heulen, Draco wahrscheinlich mit einem Gesichtsausdruck der sehr tief in seine Überforderung mit der Situation blicken lässt -, aber es kommt mir vor wie Ewigkeiten. Als ich mir seinen vermutlichen Gesichtsausdruck blidflich vorstelle, muss ich lachen und löse mich von seiner Brust um nachzusehen.

Und ich habe mich nicht getäuscht, sein Gesicht zeigt deutlich, dass er keine Ahnung hat, wie er mein Verhalten finden soll. Verübeln kann ich es ihm aber nicht, ich bin ja selbst nicht in der Lage mich zu verstehen.

»Mach'. Das. Nie. Wieder.« Das ist das Einzige, was ich sage, während ich mir die Tränen aus dem Gesicht wische und ihn böse anfunkele. Er schluckt und weicht meinem Blick aus, sagen tut er aber erstmal nichts. Irgendwann holt er allerdings tief Luft, schließt kurz die Augen und öffnet sie wieder sobald er mich ansieht.

»Es tut mir leid.« Ich lege meinen Kopf leicht schief, er beginnt nervös auf seiner Unterlippe herum zu kauen. »Ich hatte nicht das Recht dir die Dinge an den Kopf zu werfen und es tut mir leid, dass ich es getan habe. Ich weiß nicht, was in mir vorging und wieso ich das gemacht habe. Es hat mir nur...irgendwie verletzt, dass du dich mir nicht anvertraut hast. Aber ich muss das akzeptieren. Vielleicht verzeihst du mir das auch nicht und willst nach Hogwarts, das verstehe ich natürlich.«

Ich bin erstaunt, dass er es schafft mich während den ganzen Worten anzusehen und den Blickontakt zu halten, obwohl ihm das - nach meinen Beobachtungen - immer eher schwer fällt. Doch je länger ich nicht antworte und ihn ansehe - wieso weiß ich selbst nicht -, desto unsicherer wird er. Ich merke aber deutlich, dass er versucht mich weiterhin anzusehen, was ich zugegeben irgendwie...bewundere.

Das klingt vollkommen bescheuert.

Erst nach ein paar Minuten öffne ich meinen Mund.

hidden and repressed | dramione *unregelmäßige updates*Where stories live. Discover now