Teil32

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Ich hasste meinen Onkel. Er war nicht einmal mein Onkel, nicht wirklich. Er wollte nur, dass ich ihn so nannte, weil wir ja öffentlich eine Familie sind. In Wahrheit können wir uns gegenseitig nicht einmal ausstehen, wie denn auch? Er war ein Arsch! Er hat mich nur adoptiert, um seinem Freund zu helfen.

*Flashback*

Mein Herz raste wie verrückt. schnell lief ich über die Baumwurzeln. Es war Nacht, ich konnte kaum etwas sehen. Ich folgte nur dem Mond am Himmel, obwohl ich nicht wusste wohin er mich führen würde. Plötzlich stolperte ich über etwas und fiel hart auf den Boden. Ich begann zu wimmern und zu weinen. Was hatte ich nur getan, um das zu verdienen? Steh auf!, schrie ich mich in Gedanken an. Noch bist du nicht in Sicherheit! Weinend rappelte ich mich auf und lief weiter. Äste schlugen mir ins Gesicht und in den Bauch, aber ich hatte so viel Angst, dass ich einfach weiterlief. Ich weiß nicht wo ich bin. Ich weiß nicht wohin ich kann, ich weiß auch nicht wie weit weg er ist. Er verfolgt mich bestimmt. Lauf!

Es begann schon zu dämmern als ich eine Straße erreichte. Meine Füße taten weh und bluteten. Ein plötzliches Hupen ließ mich zusammenzucken. Wie ersteinert stand ich da und sah zu wie das Auto immer näher kam und dann doch auf einmal nur ein paar Zentimeter vor mir anhielt. Eine besorgte braunhaarige Frau stieg aus und kam auf mich zu.

"Oh mein Gott, geht es dir gut? Wo bist du denn hergekommen?" fragte sie mich erschrocken, doch ich konnte meinen Mund nicht auf machen.

Ich zuckte zusammen als sie mich berührte.

"Hey, wo kommst du her? Wo sind denn deine Eltern?" löcherte sie mich nun viel mehr besorgt.

Meine Eltern? Ich schüttelte nur den Kopf und begann wieder zu weinen. Dieses Mal ließ ich es zu, dass sie mich in den Arm nahm und versuchte mich zu beruhigen, acuh wenn es nicht half.

Die Frau rief einen Krankenwagen und gab mir ihre Jacke, da ich mich geweigert hatte in ihren Wagen zu steigen. Zusammen warteten wir auf ihrer Motorhaube auf den Wagen und schwiegen.

*Flashback Ende*

Damals war ich gerade erst 12 Jahre alt gewesen. Paul war der Therapeut aus dem Heim. Man hat uns immer gezwungen zu ihm zu gehen, wenn wir aus einer Pflegefamilie wieder zurückgeschickt worden sind. Ich mochte ihn, er war witzig, er verstand mich und dann.... Eines Tages als ich wieder zu ihm musste war er komisch. Er verhielt sich gruselig, sah mich unangenehm an. Ich dachte mir nichts dabei. Ich kannte ihn damals schon zwei Jahre, dachte ich könnte ihm vertrauen. Er war der Einzige der mich dort nicht verletzt hatte, bis ich an jenem Tag gehen wollte. Paul wurde mir zu gruselig, unheimlich. Ich weiß noch, dass ich die Tür öffnete und er mir dann von hinten Chlorophorm auf den Mund drückte. Danach verschwarm alles.

Das nächste an das ich mich erinnere ist, dass ich in einem, wie ich später herausfand, Keller in einer Holshütte aufwachte. Ein kleines Lämpchen war an und ich lag auf einem großen Bett. Meine Sachen waren die selben. Er hatte mich nicht umgezogen oder so. Abgesehen von dem Bett gab es noch eine Kommode. Die Wände waren grau und aus Stein. Eine Treppe führte zu einer Tür, welche ich sofort versucht hatte zu öffnen, doch ohne Erfolg.

Irgendwann kam Paul rein, aber er sagte nur ein, zwei Sätze, an die ich mich nicht einmal wirklich erinnern kann, ließ mir einen Teller mit Suppe auf der Kommode und verschwand wieder. So ging es über Tage, doch er brachte immer weniger Essen. Ein Tag bevor er versuchte mich zu vergewaltigen hörte er auf mir Essen zu bringen. Er meinte immer wieder, dass es zu meinem Besten sei und er mir nichts tun würde. Von wegen!

Ich schlug ihn, trat auf ihn ein, als er seine Hose öffnete und mich aufs Bett drückte. Ich nutzte den Moment aus und lief zur Tür. Er packte mich an meinem Fußgelenk. Ich trat ihn weg. Es war als würde seine Hand mich verbrennen! Ich lief weiter. Schlug die Tür zu und schloss ab und stellte alles davor was ich finden konnte. Danach begann ich zu laufen. Ich wurde schneller als ich ihn hab Schreien hören, die Angst vor ihm ließ mich schneller werden und nicht aufhören. Ich lief die ganze Nacht, ohne Pause...

Und jetzt sollte ich auf seiner Hochzeit reden! Ihm Glück und ein langes Leben wünschen!


Wisst ihr im Kalten Krieg gab es einen Begriff das "Gleichgewicht des Schreckens". Es bezeichnet etwa... einen Patt. Würde der Angreifer angreifen würde der Angegriffene den Angreifer mit seinen Waffen sozusagen mit in den Tod ziehen. So in etwa sah es bei meinem Onkel und mir aus:

Ich verschwieg, dass sein bester Freund mich gekidnappt und fast vergewaltigt hat und er schickte mich nicht ins Heim zurück, sein Freund kommt mir nicht zu nahe und mein "Onkel" lässt die Finger von denen die mir nahe standen. Letzteres kam erst nach der adoption dazu. Hätte ich gewusst wie er wirklich ist hätte ich mich damals wahrscheinlich nicht auf diesen Deal eingelassen. aber ich war 12, verängstigt und allein gewesen. Meinen Bruder hatte ich tausende Male versucht zu erreichen, aber er hatte nie geantwortet. Ich war allein und wusste nicht was ich tun sollte. Ich wusste nur, dass mir wahrscheinlich niemand glauben würde, ich Paul vielleicht nie mehr wieder sehen müsste und ich in keine der schrecklichen Pflegefamilien landen würde. Ich dachte so schlimm kann es schon nicht werden...

Tja, was soll ich sagen, als Kind ist man halt dumm. Und genau aus diesem Grund entscheiden Eltern normalerweise für das Kind, denn man selbst weiß es wirklich nicht besser. Auch wenn es einen dann immer aufregt. 


Ein Kampf ums LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt