Teil44

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-Cole-

Als wir sie in der Gasse fanden lehnte sie vollkommen fertig gegen die Wand. Selbst Kyle machte sich sorgen um sie und ich dachte er hasste sie bis auf en Tod. Doch als sie uns da einfach stehen ließ war er es der sich als erster aus der Starre löste und mich auf die Schulter boxte.

"Was soll der Scheiß, alter?!" herrschte ich ihn an. Will er eins auf die Fresse?

"Sprich mit ihr! Sie kann doch nicht so was sagen und dann einfach abhauen!" faucht er zurück und ich verstand nichts mehr. Er sorgte sich wirklich um sie?

Ich dachte an das Gespräch zurück das Alex und ich vorher geführt hatten und sagte was ich jetzt dachte: "Seit wann ist das unser Problem?", sofort wurde ich von allen Seiten angefaucht und beschimpft. Sie hat doch klar gemacht was sie von mir dachte...

"Scheiße ist ja gut!" kapitulierte ich und stieg in meinen Wagen, um Alex zu folgen.

Irgendwo in der Shoppingmall verlor ich sie aber. Warum sollte ich ihr auch folgen? Sie ist doch Stacys Freundin. Ich fand sie schließlich als sie in einen Musikladen ging. Ist das ein Scherz? Von wo sind wir denn gerade gekommen? Trotzdem folgte ich ihr, aber der Laden ist größer als er von außen aussah. Warum habe ich den Laden noch nie gesehen? Und wo ist Alex schon wieder? Ich hab sie doch gerade noch gesehen. Dieses Mädchen mach mich noch fertig...

Ich ging an die Kasse und fragte den Verkäufer: "Hey, hier ist gerade ein Mädchen reingekommen. Braune Haare, grüne Augen, etwa so groß und vermutlich sehr angepisst." beschrieb ich sie und zeigte Alex Größe grob mit meiner Hand.

Auf einmal begann der Verkäufer zu lächeln. Warum lächelt der Arsch jetzt?

"Du meinst Alex? Sicher, sie ist oft hier, wenn sie einen schlechten Tag hat." erklärte mir der Typ und deutete mir an ihm zu folgen.

"Sie kommt öfter hierher?" fragte ich etwas perplex. Das hatte ich jetzt nicht erwartet.

Er nickte: "Mindestens ein Mal alle zwei Wochen."

Ok und was will sie hier? So weit ich weiß kann sie kein Instrument oder so spielen, obwohl ich inzwischen gemerkt habe, dass ich nicht sehr viel über das Mädchen weiß.

"Üblicher Weise ist sie am Klavier."

"Sie spielt?"

"Nein!" sagte er und blieb stehen "Sie sitzt einfach nur davor und streicht über die Tasten!"

Der Raum an dem wir standen war übersäht mit Gitarren, Flöten, Geigen und in der Mitte des Raumes war ein Piano mit einem Hocker auf dem Alex saß. Ihre Finger schwebten nur ein paar Milimeter über den Tasten, aber sie streifte sie nur. Sie schien uns gar nicht zu bemerken.

"Sie kommt seit Jahren her und ich habe noch nie gehört, dass sie einen Ton gespielt hat!" erklärte der Verkäufer.

Ich runzelte die Stirn: "Warum nicht?", wenn sie es konnte?

"Warum spielt man nicht mit einem gebrochenen Bein Fußball?"

Was ist das denn für eine Frage? "Weil es scheiße weh tut!", du Vollidiot. Letzteres sprach ich aber nicht laut aus.

"Genau es tut weh." sagte er und sah wieder zu Alex.

Ich weiß ja, dass sie durch ihre Freundin und ihre eigentlich nicht vorhandenen Eltern kein leichtes Leben hat, aber mal ehrlich so schlimm hat sie es nun auch wieder nicht. Sie hat einen mega reichen Onkel und lebt in einer Villa, nicht das es mir anders geht. Aber so weit ich es mitbekommen habe hat sie auch relativ gute Noten.

Irgendwann wurde es mir zu dämlich einfach nur rumzustehen, also gab ich dem Typen meine Nummer und sagte ihm, dass er anrufen sollte, wenn sie sich wieder gefangen hat. So lange setzte ich mich in einen Laden gegnüber dem anderen Geschäft. Kaum zu glauben das ich Alex babysittet. Ausgerechnet ich, wo ich sie doch ihrer Meinung nach so sehr verabscheue. Mal ehrlich habe ich mich so verhalten als würde ich sie nicht leiden können? Ja gut, am anfang vielleicht, aber danach?

Nach ca. einer Stunde rief mich dann schließlich der Verkäufer an und kruzdarauf verließ Alex den Laden. Genervt und ungeduldig vom warten packte ich ihren Arm und drehte sie um und stockte.

-Alex-
Ich wurde umgedreht, doch darauf war ich nicht vorbereitet. Meine Augen waren noch immer feucht und ich hatte meine Mauern noch lange nicht aufgebaut. Total aufgelöst, verängstigt, in Trauer und unter Schmerzen sah ich zu ihm auf. Ausgerechnet Cole. Er sah wütend aus, doch das änderte sich schnell, als er mich sah.
"Was ist wirklich los?" Fragte er und klang auf einmal sanft.
Ich wollte etwas sagen oder ihn an schimpfen, aber es kam kein Wort über meine Lippen, also wollte ich gehen, doch er ließ mich nicht. Nachdem er mich eine gefühlte Stunde angestarrt hatte bewegte er sich plötzlich. Ich dachte er würde mich anbrüllen oder mich wegziehen, nie im Leben hätte ich gedacht das er mich umarmt! Und nie im Leben hätte ich gedacht, dass es mir gefallen würde. Dass ich meine Mauern fallen lassen würde und ich die Umarmung erwidere!
Er strich mir behutsam über meine Haare und plötzlich wurde mir so warm wie lange nicht mehr. Ich fühlte mich sicher, leichter und beschützt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das nochmal bei jemanden außer Ben spüren würde. Ich dachte nicht das ich es jemals wieder spüren würde, da ich Ben vermutlich nie wieder sehen werde.
„Was ist los?" fragte mich Cole durch meine Haare noch einmal, doch ich wollte nichts sagen.
Das würde nur alles zerstören. Im Moment fühlte es sich so an, als könnte ich alles vergessen, also drückte ich mich einfach nur enger an ihn und genoss die Umarmung.
Keine Ahnung wie lange wir dort standen, aber für meinen Geschmack war es viel zu kurz. Letztendlich war es aber ich die sich von ihm löste. Er sah mich nur schweigend an, als würde er verstehen, dass ich jetzt nicht reden will. Er tat nichts, bis er mir behutsam eine Strähne sanft hinter mein Ohr streichelte. Kurz versuchte ich was zu sagen, doch mir fiel nichts ein. Ich lächelte ihn nur schwach, aber so dankbar wie möglich an.

Schweigend nahm er dann meine Hand und ging mit mir auf dem Parkplatz. Langsam entwickelte sich bei mir der Wunsch zu meinen Eltern zu gehen, also blieb ich stehen, gab Cole einen Kuss auf die Wange, fragt mich nicht woher das kam, und stieg in meinen Wagen.
Gerade als ich den Schlüssel einsteckte und den Motor startete, öffnete sich die Tür und Cole setzte sich rein.
„Auch wenn du mir nicht sagen wirst was los ist, lass ich dich jetzt nicht allein."
Ich wollte widersprechen, aber dafür hatte ich schlichtweg keine Kraft mehr. Wortlos fuhr ich los. Je näher wir am Zielort waren, desto nervöser wurde ich. Ich habe noch nie jemanden dorthin mitgenommen.
Ich hielt vor einem kleinen Häuschen umgeben von einer großen Steinmauer, die versteckt, was der Ort wirklich ist. Bevor wir ausstiegen atmete ich einmal tief durch. Es tat immer weh hierher zukommen. Während der ganzen Zeit hatten Cole und ich kein Wort gewechselt. Es herrschte pure Stille, aber es war nicht die unangenehme Art. Es war mehr als würde er mein schweigen damit respektieren und sogar verstehen.
Schließlich stiegen wir aus. Ich holte noch schnell eine kleine Tüte aus dem Kofferraum und ging dann vor in das Haus. Die Sonne war inzwischen untergegangen und das Licht brannte in dem kleinen Häuschen. Als ich das Haus betrat wirkte es vereinsamt.
„Elisabeth?"

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