Teil48

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Um ehrlich zu sein kann ich mich an die darauffolgenden zwei Tage nicht wirklich erinnern. Wage erinnere ich mich daran wie ich zur Schule ging und dann im Unterricht saß, aber ich hatte alles auf Durchzug gestellt. Ab und zu versuchten mich Stacy, Liam, sogar Cole und die anderen anzusprechen, doch ich schaffte es einfach nicht zu reagieren. Nach diesem Tag als ich meinen Bruder nach 8 Jahren zum ersten Mal gesehen hatte und er mich nicht erkannte, konnte ich... nicht mehr weinen. Das hat mir einfach den Rest gegeben. Ein Mensch kann nur bis zu einer gewissen Grenze stark sein und das war offensichtlich meine. Ich lebte, somit erfüllte ich immer noch das Versprechen meiner Schwester. 

Es schien sogar so, als wäre ich in Trance zum Arzt gegangen. Ich weiß nicht mehr genau was sie sagte, aber ich erinnere mich noch an ihren traurigen Gesichtsausdruck und wie sie mir ein zettel mit der Bestätigung gab. Was für eine Bestätigung hatte ich erst so mitbekommen. Wie es aussieht hat mein mentaler Zustand schon mein Herz geschwächt. Was so viel bedeutet wie, dass wenn es jetzt noch weiter bergab ging ich die Blutverdicker abstellen müsste, weil mein Herz sonst nicht stark genug wäre, um das Blut durch meinen Körper zu schicken. Blöd, dass ich die Tabletten brauche um zu überleben... Ich glaube sie hatte mich auf eine Liste für die Organspende gestellt, da - und das habe ich überdeutlich mitbekommen- da sie nichts mehr mehr für mich tun konnte. Mit anderen Worten also: Ich war so gut wir tot. Buchstäblich. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis ich tot umkippe. Ist ja nicht so, als wäre mein leben nicht so schon beschissen genug. 

Ich verlor die Hoffnung. Hoffnung darauf, dass ich vor meinem Tod doch noch frei sein würde. Frei von meinem Onkel und frei von dem Schmerz.

Zumindest hatte ich so lange keine Hoffnung, bis ich nach 3 Tagen mit einem Lächeln aufwachte und mein Herz sich leichter anfühlte. Ich machte mir nichts draus, denn der Tag verlief dann doch so wie die Tage davor. Doch dann als mich Stacy wieder aufgehalten hatte, wie all die anderen Tage vorher bekam ich das was ich brauchte:

"Bitte, sag doch etwas. Du machst uns langsam angst." sagte sie und sah mich flehend an, aber ich schaffte es wieder nicht meinen Mund aufzubekommen. Wozu auch? 

Dann wurde ich an der Schulter gepackt und ein wütender Cole sah mich an: "Jetzt hör mal, wenn du unbedingt eine Szene..." danach schaltete ich ab, es war in den letzten Tagen auch von ihm immer nur dasselbe zu hören. Er meinte nämlich plötzlich, dass er von mir enttäuscht ist. Scheinbar dachte er, ich wäre eine andere art von Mächen, eine die keine Szene in der Öffnetlichkeit machte und nicht wie die Flittchen war, die sie sonst um sich hatten. Ihr könnt euch vorstellen, dass das nicht unbedingt dazu beitrug, dass es mir besser ging. Im Gegenteil sogar. Das alles von Cole zu hören verletzte mich, mehr als ich zugeben möchte. Allerdings konnte ich wieder nichts sagen, ich hatte einfach nicht mehr die Kraft dazu. Liam war inzwischen auch da und hatte versucht mich zu umarmen oder mir aufmunternd zu zu reden, weil er mich eben besser kannte und wusste, dass etwas nun ganz und gar nicht stimmte. Er machte sich sorgen, aber weil er auch wusste, dass ich mich ihm nicht anvertrauen würde gab er mir den Freiraum den ich brauchte. Er wusste das es mir nur schlechter gehen würde, je mehr man mich erdrückte. Wie öfters in den letzten Tagen hörte ich auf zu atmen und mein Herz begann immer mehr zu schmerzen, bis ich kaum mehr noch stehen konnte und dann... konnte ich plötzlich wieder atmen. Als hätte man mich von meinem Abgrund weggerissen und würde mich immer weiter hoch ziehen. Tränen rannten mir nun über meine Wangen und dann diese Stimmte. Diese Stimme, die ich seit Jahren nicht gehört hatte und die ich so vermisste.

"Alex!" 

Langsam drehte ich mich um, ließ meine Tasche fallen und begann, obwohl ich weinte, zu lachen. Ben! Er stand wirklich da! Auf dem Schulhof. Ohne weiter zu zögern lief ich weinend auf ihn zu, während er auch auf mich zu lief. Wir stürzten uns in eine Umarmung in der er mich hoch hob und einmal rumwirbelte. Ich weiß es ist paradox, aber ich lachte und weinte und zog diesen typischen Duft ein, der für mich einfach nach zuhause roch. Nach Sicherheit, Liebe, echte Zuneigung, Wahrheit und Schutz. Selbst als er mich auf den Boden abließ lösten wir uns nicht von der Umarmung.

Ein Kampf ums LebenWhere stories live. Discover now