Teil55

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"Das ist eine-" ach die werden ja eh nicht aufhören zu fragen "ein paar Jahre nachdem meine Eltern starben hat er mich gefunden. Ich lag im Krankenhaus, weil kurz vorher das Ding mit dem kidnapping und der beinahe Vergewaltigung passiert ist. Er hat mich adoptiert, um seinem Ruf einen Pusch zu geben." fasste ich zusammen, wobei ich seinen Freund absichtlich rausließ. Wir wollen es ja langsam angehen. Vor allem, weil mein Kreislauf das vermutlich nicht mehr lange mitmacht. Zumindest sagt mir das mein erneuter Schwindelanfall und der stärker werdende Schmerz in meiner Brust. 

"Alex!" schrie mich plötzlich jemand an, woraufhin ich zusammenzuckte.

"Scheiße!" zischte ich und sah zu Liam, der mich nun mahnend ansah, aber mir dann eine Box rüberreichte.

"Was ist das?" fragte ich verwirrt.

"Ein Vorteil bei der Regierung zu arbeiten." meinte er nur, woraufhin ich nur noch irritierter die kleine Box öffnete. Ein neues Handy... "Und ich weiß was du sagen wirst, aber nimm es einfach Mal an. Ist ja nicht so als würdest du es nicht verdienen."

Ich stöhnte. Auf keinen Fall werde ich das annehmen.

"Außerdem ist es von deiner Versicherung bezahlt worden. Kate hat es nur synchronisieren lassen." fügte Liam hinzu, was mich zum lächeln brachte. Klar, dass er wusste das ich das Handy anders nicht nehmen würde.

"Danke!" sagte ich und nahm es aus der Box. Neues Modell, gleiche Daten. Kontakte, Telefonnummer, Fotos, alles da. Ich stockte, als ich Fotos von Joe und mir sah, bis ich an einem hängen blieb. Ein Selfie. Sie trug ein schwarzes Schulterfreies Top und ihre blonden Haare fielen ihr um die Schultern, während ich mit einem blauen Shirt und einem bescheuerten Partyhut auf dem Kopf die Zungerausstreckte.

"Was verschweigst du?" fragte Liam plötzlich.

"Ich habe ein Fabel für Lolis und einen Hass auf Ärzte." scherzte ich und packte meine Sachen, als die Schulglocke zum Ende der Schulzeit klingelte "Wir sehen uns!" verabschiedete ich mich und verschwand. 

Sobald ich in meinen Wagen gestiegen bin stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen. Heute würde ich meine Sachen holen, um sie morgen in mein neues Heim zu bringen. Mein Lächeln entwicktelte sich langsam in ein dämliches Grinsen. Ich konnte gar nicht mehr aufhören, bis ich vor dem großen Haus ankam, in dem ich die letzten Jahre meines Lebens verbracht hatte. Eigentlich wollte Ben, dass ich auf ihn warte, aber ich wollte das alleine machen und auch so schnell wie möglich. 

Mein Onkel war wahrscheinlich in seinem Zimmer oder im Wohnzimmer, also ging ich in den Garten und kletterte am Baum hinauf in mein Zimmer. Bevor ich anfing zu packen schloss ich leise die Tür. Ich nahm mir eine große Tasche aus meinem Schrank und begann meine Klamotten als erstes reinzustopfen. Ich hatte nie sonderlich viele Klamotten, daher war das schnell getan. Danach nahm ich eine andere Tasche und packte meine restlichen Schulsachen und Zeichensachen aus dem Schreibtisch. Noch schnell meine Medikamente und mein einziges Fotoalbum und den restlichen Krimskrams und ich hatte alles. Und wie bringe ich das jetzt nach unten? 

Stöhnend schulterte ich meinen Rucksack und ließ die große Tasche auf einen  Ast langsam fallen. Dann stieg ich selbst vorsichtig runter und griff immer wieder nach oben, um die Tasche nach unten zu legen. Ein Wunder, dass ich nicht gestürzt bin. Um so leichter wurde mein Herz, als ich endlich im Auto saß und los fuhr. 


Überglücklich setzte ich mich auf mein Bett im Bed & Breakfast und ließ mich nach hinten fallen. Doch dann klingelte mein verdammtes Handy. Vielleicht hätte ich es doch nicht annehmen sollen. 

"Ja?"

"Alex, hi. Ich wollte nur sagen, dass ich heute etwas später komme. Ich muss mich noch um meinen Vater kümmern." Jen.

Scheiße, es ist so weit. Heute ist Joes Geburtstag. Wie konnte ich das vergessen? "Ja... ja, ich- ist nicht schlimm." stotterte ich und legte auf. Wie konnte ich nur Joes Geburtstag vergessen?

Plötzlich begann es zu klopfen. In Trance ging ich zur Tür und öffnete sie, während ich nur daran denken konnte was für ein grauenvoller Mensch ich bin. Cole und die anderen standen vor mir. 

"Hey, wir wollten dich abhol ...." begann Cole, aber brach ab, als er mich sah, doch bevor er fragen konnte stellte ich mich auf meine Zehenspitzen und schlang meine Arme um seinen Hals, während ich begann zu weinen. Etwas überfordert erwiderte er die Umarmung.

Ich habs vergessen.... Oh Gott und ich habe auch Stacys Geburtstag vergessen. Sie wollten heute feiern. Was soll ich jetzt nur machen? Ich muss zu Tante Meura... Sie ist immer besonders angeschlagen an Joes Geburtstag. Wie konnte ich das alles nur vergessen? Weinend vergrub ich meinen Kopf in seine Schulter. 

"Was ist passiert?" begann Cole sanft zu fragen, woraufhin die anderen anfingen mir anzubieten jemanden zu schlagen. Ja, mich! 

Ich glaube, ich habe irgendwann angefangen ihn zu erwürgen, aber trotzdem ließ er mich nicht los.

"Alex?", Ben. 

Augenblicklich ließ ich von Cole ab und lief zu Ben, der noch am Ende des Ganges stand und mich besorgt ansah. Ich schlang meine Arme verzweifelt um ihn und begann weiter zu weinen.

"Kleines?" 

"Ich habs vergessen." schluchzte ich "Joes Geburtstag, ich hab ihn einfach vergessen." 

Am Rande spürte ich wie er seinen Kopf fallen ließ und innerlich sah ich wie er auch seine Augen kurz schloss.

"Wie konnte ich ihn vergessen? Den ... den Geburtstag meiner besten Freundin. Ich..."

"Alex, er ist dir wieder eingefallen. Und es war viel los. Dein Onkel und..."

Ich löste mich von ihm und sah ihn verheult an: "Er ist mir doch nur wieder eingefallen, weil Cole und so mich abholen wollten. Ich habe nicht nur ihren sondern auch Stacys Geburtstag...." ich verschluckte mich an meinen eigenen Worten und Ben nahm mich wieder in den Arm.

"Ich bin ein grauenvoller Mensch." heulte ich.

"Das bist du nicht. Du hast es vergessen. Du bist eben auch nur ein Mensch." versuchte er mich zu beruhigen, doch vergebens. Die Schuldgefühle und der Schmerz blieben udn wurden immer stärker.

Eine Weile standen wir so da, bis meine Tränen schlussendlich versiegten. Dann löste er sich und nahm mein Gesicht sachte in die Hände, um mir etwas die Tränen wegzuwischen: "Ok. Du gehst jetzt zu ihnen und alles wird gut. Stacy wird das sicher verstehen." sagte er ruhig und lächelte mich an.

"Und wenn nicht? Ich habe doch schon zugesagt." 

Nun sah Ben an mir vorbei zu Cole: "Bis wann geht denn eure Party?"

"Keine Ahnung, bis nach drei auf jeden Fall." hörte ich ihn zögerlich antworten.

"Siehst du, also hast du genug Zeit. Ich werd dich von Tante Meura um Mitternacht abholen, du gehst zu Stacy so für ne Stunde und dann siehst du einfach weiter." plante Ben.

Ich überlegte kurz, aber nickte schließlich.

"Gut, dann geh. Ich übernehme das hier." sagte er "Geh schon!" und ich verschwand.

Ich lief die Treppe runter durch das Foyer und die Tür bis zu meinem Auto. 

Es gibt nur zwei Arten von Geburtstagen seit Joes tot. Entweder Jen, Tante Meura und ich amüsieren uns erst, reden über Joe, sehen uns einen Film an und weinen dann vielleicht ein bisschen oder Jen und Tante Meura weinen sofort und Jen haut nach einer Stunde ab und Tante Meura versteckt sich in ihr Zimmer, nimmt so viele Tabletten, dass es schon gefährlich wird und schläft ein. Ich weiß nie welche Art besser ist. Zum einen ist es schmerzhaft für mich über Joe zu reden, weil ich dann immer wieder ins Autovrack katapultiert werde, aber auf der anderen Seite tut es auch weh Tante Meura so viele Tabletten schlucken zu sehen, aber dafür ist der Tag dann schnell vorbei.

Im Auto sitzend hielt ich kurz inne. Ich hasste diesen Tag. Und ich hasste mich selbst dafür, diesen Tag zu hassen. Früher war es mein Lieblingstag. Ich mochte ihn mehr als meinen eigenen Geburtstag, wahrscheinlich weil ich dann immer mehr meine Eltern und meine Geschwister vermisste.... Bald ist es auch wieder so weit. In weniger als zwei Wochen habe ich auch Geburtstag.



Ein Kampf ums LebenWhere stories live. Discover now