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SANTINO

Ächzend pfeffere ich die Lederjacke in eine Ecke des Krankenzimmers. Die Pritsche knarzt unter mir und ich wuchte meinen Körper irgendwie darauf. Ich kann mein Herz in den Ohren poltern hören, es schlägt mir schmerzhaft gegen die Brust, und mein Puls rast, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Zwar hat die Kugel mich nur gestreift, hat dennoch eine unschöne Fleischwunde an meiner Seite hinterlassen. Die kleine Lilian hat sie zwar notdürftig versorgt, aber sie hatte recht, als sie sagte, dass es dringend genäht werden muss.
Schweratmend sacken meine Schultern ab und meine Hand löst sich vom blutgetränkten verband. Das Shirt habe ich zerrissen und in den Eimer neben der Tür geschmissen. Fuck, ich kann nicht mehr. »Mhm, das sieht nicht gut aus«, merkt Bernardino, der Hausarzt meiner Familie, an. Der ältere Italiener mit den grauen Haaren und der braunen Brille, begutachtet die Wunde gründlich. Er tupft mir das Blut ab und säubert sie. Ich beiße mir so hart auf die Unterlippe, bis ich den eisenhaltigen Geschmack meines Blutes auf der Zunge schmecke. »Merda!«, brumme ich unter Schmerzen, »beeil dich gefälligst!«
Mein Körper verkrampft sich mit jeder Sekunde ein bisschen mehr. Bernardino murmelt etwas unverständliches auf Italienisch und kehrt mir den Rücken. Er wühlt in ein paar Schubladen und kehrt mit einem Metallschälchen und medizinischem Besteck zurück. »Leider haben wir keine Betäubung mehr«, lässt er mich wissen. Noch zu benebelt von den Pillen der Brünetten, schnaufe ich und Recke das Kinn gen Decke, meine Augen richten sich auf die Lampe. »Fang einfach an«, murmle ich. Gott, ich will es hinter mir haben.
Bernardino sprüht kalte Desinfektion auf meine Haut, und wieder zucke ich vor Schreck zusammen. Es ist nicht das erste Mal, das ich angeschossen wurde, aber jedes Mal, fühlt sich wie das erste an. Es ist fast so schmerzhaft, wie der Moment, wenn du getroffen wirst. Zuerst merkst du nichts, doch dann trifft es dich mit voller Wucht, völlig unvorbereitet. Ich atme tief ein und aus, höre wie Rollen über den Boden kratzen. Bernardino setzt sich auf seinen fahrbaren Hocker und lässt die Nadel in der Schüssel klappern. »Soll i-«
»Fang an verdammt!«, blaffe ich sauer. Himmel nochmal!

Die Nadel bohrt sich mit dem spitzen Ende durch mein Fleisch wie ein Messer durch Butter. Der Faden ratscht, meine Wunde zieht sich zusammen. Mein Herz pumpt so schnell, dass ich fast ohnmächtig werde. Der Schmerz ist lähmend, ich kann mich kaum zurückhalten. Bernardino beeilt sich, aber der Schmerz lässt Sterne vor meinen Augen tanzen, die sich nähern. Fuck, reiß dich zusammen Santino, sei keine Pussy. Der Kerl, dem die Kugel gehörte, ist viel schlechter dran als du.
Ich kneife meine Augen keuchend zusammen. Mir ist heiß. Brühend, nein, kochend heiß. Der Schweiß tropft mir über die Stirn wie an einem heißen Sommertag, dabei ist es Herbst und es sind nur fünfzehn grad. Es rauscht in meinen Ohren, so laut, dass ich kaum das Klirren der Nadel und der Schere höre, als sie synchron zurück in die Schale fallen. Bernardino klebt ein gepolstertes weißes Pflaster über meine Seite, erst als seine Hände verschwinden, merke ich, dass ich die ganze Zeit über die Luft angehalten habe. Sie entweicht mir wie ein Wirbelsturm und der Druck in meinem Brustkorb klingt zunehmend ab. Erleichtert sauge ich den frischen Sauerstoff ein und lege den Kopf eine Sekunde in den Nacken. Bernardino wendet sich zum Waschbecken ab und beginnt sein Besteck zu säubern. »Du solltest vorsichtig sein, zumindest für ein paar Wochen«, rät er mir in einem ruhigen Ton. Mein Arm fühlt sich schwer an, als ich mich erhebe und nach meiner Jacke auf dem Boden greife. »Ach ja?«, stöhne ich als ein Schmerz durch meine Seite fährt, »denkst du wirklich, dass ich das gerade jetzt kann? Das mir eine Auszeit vergönnt ist? Hast du keine Nachrichten geschaut?«, schnaube ich ironisch. Der Arzt hält einen Moment inne. »Du solltest mit deinem Vater sprechen, er wird dir sicher etwas Zeit einräumen, wenn du sie brauchst«, spricht er. Ich presse die Lippen aufeinander. »Danke für deinen Rat, Bernardino, und Danke das du mich zusammengeflickt hast«, brumme ich und klopfe ihm im Vorbeigehen auf die Schulter. Mit der freien Hand öffne ich meine Tür und schlüpfe in den Flur hinaus. Er murmelt noch etwas, doch das geht um räuspern der zwei Männer unter, die soeben vor mich treten. Die Anzugträger sind schwarz gekleidet. Schlicht, aber angsteinflößend auf die meisten Menschen. Sie sind die persönliche Security meines Vaters. Sie sind seine Wachhunde, oder wie ich sie gerne nenne, seine Mädchen für alles. Ein fieses Grinsen schleicht sich bei diesem Gedanken auf meine Lippen. Wenn sie wüssten, was ich denke, würden sie mir die Eier abschneiden, aber das würde ihren Tod zur folge ziehen, also vermutlich nicht.

Mafia King | 18+حيث تعيش القصص. اكتشف الآن