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LILLIAN

Zitternd werde ich von Santino in einen ruhigen Raum geführt, abseits vom Geschehen. Es sieht so aus, als hätten die gerade eine Party gefeiert, als ich hineinplatzte. Die Prostituierten sind mit nicht entgangen, auch nicht die entblößten Geschlechtsteile, der Poker oder der viele Alkohol und das Geld, dass auf den Tischen gewandert ist. Und ich bin mitten hereingeplatzt. Noch unangenehmer geht es dann wohl doch nicht.
»Was zum Teufel tust du hier so spät? Hast du vergessen, was du mir versprochen hast?«, schnauzt er und drängt mich tiefer in den Raum. Die Tür fällt krachend hinter uns ins Schloss und spiegelt nur wider, wie sauer er auf mich sein muss. Ich zucke bei dem Knall zusammen.
»Es tut mir leid«, entschuldige ich mich ehrlich und schlinge meine Arme wie zuvor fest um meinen Mantel, »aber ich ... du warst die einzige Person, die mir in den Sinn gekommen ist«, flüstere ich ehrlich und schaue ihn durch die gedimmten Deckenlampen an. Ratlosigkeit liegt in seinen Iriden, die bei Nacht so dunkel wie Kohle wirken. »Was ist passiert?«, möchte er nun wissen und tritt einen Schritt näher. Seine Hand legt sich sanft an meine Wange und zwingt mich, ihn anzuschauen, da ich zuvor meinen Kopf angewendet habe. Erkennt er denn nicht, wie panisch ich bin? »Ich hatte Besuch«, wispere ich und verziehe die Lippen, wenn ich an vorhin denke.

Erneut klingelt es an meiner Tür und ich stopfe mir das letzte bisschen Pizza in den Mund, spähe durch den Spion, aber der Flur ist schwarz. Jemand hält ihn verdammt nochmal zu.
»Wer ist da?«, rufe ich mit vollem Mund. »NYPD, wir wollen nur kurz mit ihnen sprechen, Miss Jones«, meldet sich eine weibliche Stimme zu Wort und mir bleibt der letzte Bissen meines Abendbrotes glatt im Hals stecken. »NYPD?«, huste ich und öffne die Tür rasch. Tatsächlich steht eine Frau mit strengem Dutt und dunkelblauer Jacke vor meiner Wohnungstür, schräg neben ihr ein Mann mit undeutbarer Mine. Entgegen meiner Erwartung befindet sich nicht das Emblem der New Yorker Polizei auf ihren Jacken, sondern die gelbe Aufschrift einer Spezialeinheit. Die Frau merkt meinen kritischen Blick und hält mir einen Dienstausweis unter die Nase. »Sherry Mitchell, NYPD Special Crimes Unit, dürfen wir reinkommen?«, lächelt sie falsch und ich starre sie mit geweiteten Augen an, als wäre sie ein Pferd.
»Eh ... eh ja, kommen sie doch rein, was kann ich für sie tun?«, bitte ich sie nervös und wische mir mit dem Handrücken die letzten Reste Pizza aus den Mundwinkeln. Die beiden treten ein und der Mann, der bis jetzt noch keinen Ton von sich gegeben hat, mustert meine Wohnung akribisch. »Hier entlang«, führe ich die beiden in mein Wohnzimmer und schalte den Fernseher gleich aus. An dem kleinen eckigen Tisch unter dem Fenster nimmt Sherry Mitchell Platz, ich ihr gegenüber und der stählerne Typ bevorzugt es zu stehen.
»Kann ich ihnen etwas anbieten?«
»Nein danke«, lenkt Mrs Mitchell ab und klappt die braune Mappe in ihren Händen auf, um sie auf den Tisch zu legen. Mein Herz schlägt, währenddessen Saltos, jedoch nicht aus Glück, sondern aus purer Angst.
»Um es kurz zu machen, wir sind deswegen hier«, erklärt sie und legt mir ein ausgedrucktes Foto unter die Nase. Es ist das Foto, was Maya von uns im Club gemacht hat, aber Mrs Mitchell hat mit einem roten Marker einen Kreis um die Kette gezogen, die um meinen Hals hängt. Albrecht Dürers betende Hände - Santinos Kette, aber vor allem, das Zeichen der Benellis.

»WAS?«, fährt Santino mich außer sich vor Wut an und starrt auf mich hinab, als hätte ich jemanden ermordet. »Ja!«, quietsche ich und halte ihm den Anhänger der Kette vor die Nase, die ich noch immer trage, »Und sie wollte wissen, woher ich diese Kette habe und ob ich in Verbindung zu euch stehe!«
Santinos Gesichtszüge drohen jeden Moment zu entgleisen. »Aber du hast der doch nichts gesteckt, oder?«, fragt er mit Nachdruck in der Stimme und ich schüttle sofort hastig meinen Kopf. »Nein«, erwidere ich glaubhaft und verschränke die Arme, um meine Worte zu untermauern. »Fuck«, flüstert der dunkelhaarige Südländer und streift sich durch seine zurückgekämmten Haare. Er tigert vor mir auf und ab, als wäre dies ein kläglicher Versuch sich zu beruhigen.
»Erzähl mir mehr«, fordert er mich mit knirschenden Zähnen auf und ich schlucke.

Mafia King | 18+Where stories live. Discover now