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SANTINO

Kochend heiße Lava fließt durch meine pochenden Adern.
Das NYPD wagt es tatsächlich, ihre Leute auf jemanden wie Lillian zu hetzen, und dass nur wegen dem Foto, auf dem sie meine Kette trägt? Das machen sie aus, um sie festzunageln? Mehr haben sie tatsächlich nicht gegen sie in der Hand, aber dafür umso mehr gegen uns - mich und meine Familie. Keine Frage, was die Cops damit bezwecken wollten, sie erhofften sich eine Schwachstelle, die fröhlich jedes Detail ausplaudert, aber so ist Lillian nicht. Sie fürchtet sich viel zu sehr vor den Konsequenzen, als dass sie etwas über uns ausplaudern würde. Nein, diese Schnepfe namens Sherry Mitchell kam voreingenommen in dieses Gespräch. Für sie ist das doch klar - Lillian macht eine Sache mit uns. Dabei hat sie keinen blassen Schimmer von den Dingen, die hier vor sich gehen.
Fuck, ich muss mein Temperament zügeln, bevor mir das noch um die Ohren fliegt.

»Ich wusste es!«, keift mein Vater verächtlich und schlägt seine Faust mit einem Krach auf den Pokertisch. Die Nutte hat er mit anderen aus dem Raum geschickt und nur noch seine engsten Vertrauten sind geblieben, um das zu hören, was ich zu sagen habe. In seinem Gesicht liegt so viel Wut, Verachtung und Zorn wie schon lange nicht mehr. Mein Vater steht kurz davor, beim NYPD persönlich einzumarschieren, was ihm gefährlich macht. Die wüssten sofort, dass Lillian bei uns gewesen ist, und das würde alles zunichtemachen. »Erst die Vallians und nun auch noch die kleinen Kakerlaken!«, spuckt Cedar, »Figli di puttana!«
»Vater«, unterbreche ich seine Rage, »wir müssen einen kühlen Kopf bewahren. Lillian hat uns nicht verraten, aber die werden sie so lange observieren, bis sie haben, was sie wollen«, mache ich klar und tippe meinen Zeigefinger untermauernd auf den Tisch. Was genau die wollen, weiß ich nur noch nicht. Vielleicht wollen sie uns hinter Gitter sehen, oder Tod. Eines von beiden wird es sein und dass gefällt mir gar nicht. Wir brauchen dringend einen Schlachtplan.
»Wieso sind die uns auf den Versen? Nicht den Vallians?«, knurrt Giovanni zu meiner linken. Mein Vater schnaubt. »Wer weiß das schon? Aber die werden uns nicht filzen oder hochnehmen, klar? Die haben nichts gegen uns in der Hand, wir müssen nur herausfinden, was sie wollen.«
»Was schlägst du vor?«
»Zeig ihnen, dass sie zu uns gehört, deine kleine Amerikanerin. Sie werden früher oder später offenbaren, was ihre wahre Absicht ist«, schlägt mein Vater vor und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Lillian als Köder benutzen?

~

In meiner Wohnung ist es verdächtig ruhig als ich die Haustür hinter mir schließe und die beißende Kälte des Hausflures aussperre. Zwar gibt es nur zwei Parteien - das dreistöckige Haus meines Vaters und meine darüberliegende Penthouse Wohnung, trotzdem fühlt es sich gut an, die Tür hinter mir zu verriegeln. Man weiß ja nie. Ich streife meine Schuhe ab und lege den Schlüssel auf die schmale Ablage neben der Tür, bevor ich den Flur entlanglaufe und die Tür des Gästezimmers offenstehen sehe. Verwundert halte ich im Rahmen inne und mache Lillian im Mondschein auf dem Bett sitzend aus. Sie starrt in die Nacht hinaus, hat mir den Rücken gekehrt und bekommt nicht mit, dass ich dort stehe. Kyle hat sie vor einer Stunde auf meine Anweisung hergebracht und ich bin froh, dass ich sie nicht nachhause geschickt habe.
»Kannst du nicht schlafen?«, erkundige ich mich und sie fährt erschrocken herum. Kopfschüttelnd senkt sie ihren Kopf und kehrt mir wieder den Rücken. Ihre Haare fallen ihr ins Gesicht und ich trete langsam in das düstere Gästezimmer, dass einstig vom Mond erleuchtet wird. Sie sitzt im Schneidersitz auf der Matratze und hat sich die Decke über die Beine gelegt, trägt einstig ein viel zu großes Shirt aus meinem Kleiderschrank, dass ich ihr erlaubt habe zu nehmen. Sie hätte nie in der Jeans und ihrem Oberteil schlafen können, es blieb keine andere Lösung.
»Also? Schlaflos in New York?«, scherze ich und halte neben dem Bett inne. Tatsächlich zupft ein zartes Lächeln an ihren Lippen und bringt mein Herz sofort etwas stärker zum Klopfen. »Beabsichtigtes Wortspiel?«
»Wenn es dir gefallen hat?«
Sie nickt ehrlich und spielt nervös mit ihren Fingern. Nachdenklich sinke ich neben ihr auf das Bett und starre so wie sie, gerade aus den Fenstern hinaus. Die aussieht ist exzellent bin hier oben. Über den Dächern von Little Italy zeichnen sich die beleuchteten Wolkenkratzer ab, die die Skyline von New York City formen und den Himmel wie die tollsten Sterne erstrahlen lassen.
Ihr zarter Duft nach Lavendel und Jasmin ummantelt mich wie ein Schmetterling in einem Kokon, es ist eine gelungene Abwechslung zu den aufdringlichen Düften der Ladies, den ich sonst so begegne. Es passt zu Lillian.
»Ist ... ist dein Vater sehr sauer?«, wispert sie mit krauser Stirn kaut ihre Unterlippe. Ich mag es nicht, wenn sie das tut. »Mäßig würde ich sagen. Natürlich ist er nicht erfreut darüber, verständlicherweise«, spreche ich ruhig und nehme mir einen Moment, um ihr Profil von der Seite zu betrachten. Ihre Wangenknochen, die zarte Nase und vollen Lippen, ich verstehe nicht, wieso jemand wie sie Single ist - ganz ehrlich. Sie ist hübscher als die Mehrzahl der Frauen New Yorks und ich finde es äußerst erstaunlich, dass sie keinen Freund hat. Selbst wenn mich das weniger kümmern sollte, als ich tatsächlich tue.
»Es ist nicht deine Schuld, du hast alles richtig gemacht«, erkläre ich ihr. Sie soll nicht denken, dass sie Schuld trägt. »Aber allein, weil ich zu euch gefahren bin, zeigt es ihnen, dass ich-«
»Das du sie angelogen hast? Na und? Die haben überhaupt nichts gegen dich in der Hand. Ich hätte denen auch das bunte vom Ei erzählt, wären die einfach so in meine Wohnung geplatzt.«
Lillian atmet schwer aus und reibt sich verzweifelt über ihre Stirn. Sie hat Schuldgefühle, die ich mir nicht erklären kann, immerhin hat sie nichts falsches gemacht.
»Zerbrich dir deinen Kopf nicht, mia bella«, rate ich ihr und erhebe mich vom Bett. Sie schaut mir mit gemischten Gefühlen nach. »Santino?«, durchschneidet ihre zarte Stimme die Nacht und bringt mich dazu, im Türrahmen innezuhalten. Fragend drehe ich mich um und sehe, dass sie meine Kette in ihren Fingern hält. »Deine-«
»Behalte sie«, unterbreche ich Lillian, »dir ja steht sie ja ohnehin besser als mir«, scherze ich und spiele auf den Abend an. Überraschung huscht über Lillians Gesicht. »Wirklich?«, hakt sie mit großen Augen nach und die Schatten der Bäume tanzen auf ihrem Gesicht. Ein einfaches Nicken meinerseits genügt, um ein Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern. Sie hängt sich das feine Gold wieder um den Hals und ich entferne mich weiter. »Schlaf gut«, wünsche ich ihr und mache mich auf den Weg in mein Schlafzimmer.

~

Der nächste morgen der hereinbricht, ist düster und nebelig. Regen peitscht an diesem Sonntagmorgen gegen die Fenster und der Himmel über Manhattan ist wolkig und grau. Nicht mal der Kaffee kann meine krumme Laune vertreiben, die in mir aufkeimt, wenn ich an die Sache mit dem NYPD denke. Allein die Tatsache, dass sie sich das Recht herausnehmen, Lillian in ihrer Wohnung aufzulauern, ist unfassbar. Die sollten sich lieber um andere Dinge kümmern - die Vallians zum Beispiel. Allein fünf tote Männer gab es in der letzten Nacht wegen ihm. Wie kann Sherry Mitchell noch ruhig schlafen, wenn sie Kenntnis davon hat, aber lieber gegen uns ermittelt? Ich sollte dieser Schlampe einen Besuch abstatten und sie daran erinnern, wer der wahre Feind ist.

»Alles okay? Du rührst deinen Kaffee seit drei Minuten um«, holt Lillian mich aus meinen Gedanken und ich fahre zusammen, als ich sie neben mir an der Arbeitsplatte ausmache. »Hm? Ja«, murmle ich mit gerunzelter Stirn und werfe den kleinen Löffel kurzerhand ins Waschbecken. Fuck, gekleckert habe ich auch noch. Murrend wische ich das braune Fleck von dem weißen Marmor und lange nach der Tasse, um sie abzuputzen. »Darf ich mir auch einen machen?«, möchte die Brünette wissen und deutet auf den Kaffeautomaten neben dem Fenster. Nickend öffne ich den Mülleimer und pfeffere das Stück benutzte Küchenrolle hinein. »Und wie funktioniert das?«
Hilflos steht sie neben dem Ungetüm von Kaffeemaschine und hält eine Packung Kaffeebohnen in der Hand. Trinkt sie etwa Filterkaffee?
Verwundert schiebe ich meine Tasse zur Seite und nehme ihr die Bohnen aus der Hand. »Setz dich, ich mach das.« Bevor sie mir das Ding noch zerlegt.
Konzentriert fülle ich die Kaffebohnen in das dafür vorgesehene Fach und ein frischer Geruch macht sich in der Küche breit. Lillian setzt sich an den Esstisch, schnappt sich eine Banane aus der Obstschale und isst sie genüsslich. An was ich denke, während ich sie beobachte, behalte ich lieber für mich, denn das wäre äußerst unangebracht. Das gestern zwischen uns das ... das war keine einmalige Sache, auch wenn ich das gerne glauben würde. Ich habe es in ihren Augen gesehen, als sie auf meinem Schoß saß. Lillian will sich das genau wie ich nicht eingestehen. Wir beide wissen, dass es uns in Schwierigkeiten bringen würde. Sie will ihre Eltern finden und ich will damit abschließen. Es würde sie ins Licht des NYPDs rücken - was es ohnehin schon getan hat - und Sie in etwas reinziehen, mit dem sie nichts zu tun hat. Ich hätte sie damals nicht ansprechen dürfen auf der Straße. Vielleicht ist die ganze Sache meine verdammte Schuld.

»Schwarz oder mit Milch?«
»Ein Schuss Milch bitte«, murmelt sie mit vollem Mund und ich mische etwas Milch zu. »Denkst du, die tauchen noch mal an meiner Wohnung auf? Ich meine, Sie sagte dass, aber-«
»Hundert Prozent«, schneide ich ihr das Wort ab, »da bin ich mir ganz sicher.«
Sie seufzt und der Stuhl knarzt über den Parkettboden. Keinen Augenblick später steht sie neben mir und versenkt die Bananenschale im Eimer. »Was soll ich dann tun, ich meine, soll ich aufmachen? Sie werden doch wissen, dass ich zu euch gegangen bin und eins und eins zusammenzählen...«
Die Unsicherheit in ihrer Stimme ist mich zu überhören. Sie kaut schon wieder auf ihrer Lippe herum und entlockt mir ein missbilligendes Zunge schnalzen. »Lass dass endlich, irgendwann wird sie bluten«, knurre ich und knalle die Tasse Kaffee auf die Arbeitsplatte. Lillians Lippen verziehen sich zu einer dünnen Linie. »Ist ja gut, Mister krumme Laune. Kann ich etwas dafür, dass diese Eule gestern bei mir war?«, fährt sie mich an und ich schnaube. Das ist ja nicht zu fassen.
»Hättest du mir meine Kette nicht geklaut dann-«
Sie lacht spöttisch auf und reißt sie sich vom Hals. »Hier, bitte«, faucht sie und wirft sie mir entgegen, »da hast du deine blöde Kette. Mach doch einfach was du willst! Meine Eltern finde ich auch ohne dich!«
Wutentbrannt rauscht sie davon und lässt mich einfach stehen. Fuck. »Dann verpiss dich doch!«, rufe ich hinterher und höre es aus dem Gästezimmer klappern. »Das tue ich auch! Ich scheiße auf dich und deine blöde Mafia Familie!«
»Gut! Dann tue das doch, kleine undankbare Zicke!«, pfeffere ich ihr gegen den Kopf. Die Tasse Kaffee schütte ich in den Ausfluss und stopfe mir die Kette in die Hosentasche. »Und du bist ein verdammter Idiot«, schreit sie ein letztes Mal, dann kracht die Tür hinter ihr zu. Mein Herz rast und das Blut kocht, aber ein belustigter Laut löst sich aus meiner Kehle. Ein idiot? Mehr fällt ihr nicht ein? Kopfschüttelnd wende ich mich vom Flur ab und schlage meine Hand in die nächstbeste Wand gleich neben dem Kühlschrank. »Verdammte Frauen«, keife ich geladen und schlage gleich nochmal zu, bis meine Finger rot sind. Wenn sie denkt, sie sei ohne mich besser dran, dann wollen wir doch mal sehen, wie weit sie kommt und wann sie wieder angekrochen kommt. Egal ob sie will oder nicht, Lillian braucht meine Hilfe.

Mafia King | 18+Where stories live. Discover now