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SANTINO

Lillians Reaktion auf das McLeod ist wahrlich amüsant gewesen. Dachte sie, wir steigen in einem Hostel ab? Nein, das beste Hotel der ganzen Stadt ist das von James McLeods Familie. Ich kenne ihn schon ewig, bestimmt schon über zwanzig Jahre, da saß sein Vater noch an der Spitze der Kette. Heute er, und man sieht mit wie viel stolz und Würde er dieses Gebäude leitet. Es ist ein Meisterwerk.
Die Suite, die er uns kurzfristig auftreiben konnte, hat nicht nur den besten Ausblick über die Stadt, sondern auch einen Balkon und großzügige Räume. Der einzige Minuspunkt ist die Bettsituation, aber das kümmert mich nicht wirklich. Immerhin haben Lillian und ich schon ganz andere Sachen getan.
In dem kleinen Büro, das mit der Suite kommt, habe ich mich ausgebreitet und meinen Laptop aufgeklappt, um einige Dinge bezüglich unseres Besuchs zu checken. Leider können wir erst in zwei Tagen einen Ausflug ins Archiv des Krankenhauses machen, da man sich anmelden muss und Termine vergeben werden. Doofes System. Für jemanden der es gewohnt ist, nicht warten zu müssen, fühlt es sich ewig an. Räumt uns aber auch einige Zeit an, die Stadt zu sehen. Natürlich ist mir aufgefallen, wie neugierig Lillian ihre Nase an der Fensterscheibe plattgedrückt hat bei unserer Fahrt hierher. Erstaunlich, dass sie die Staaten nie zuvor verlassen hat. Meine Familie und ich sind, als ich klein war, jedes Jahr zurück in die Heimat und haben einige Monate in Sizilien verbracht. Meistens wurden dort Hochzeiten gefeiert oder die Geschäfte ausgeweitet. Ich erinnere mich daran mit Kyle im Meer gespielt zu haben, während meine Mutter uns zusah. Es war mein letzter Urlaub mit ihr, bevor sie sich das Leben nahm. Ich werde ihn nie vergessen. Wir waren so glücklich, und ich ahnte nicht, was ihr Plan war. Aber jedes Lächeln, dass sie mir schenkte, war echt gewesen. In einem Brief, den sie mir schrieb, erzählte sie, dass sie nur glücklich war, wenn sie mit mir war. Deshalb wollte sie mich mit sich nehmen.

Schluckend schiebe ich den Gedanken beiseite und starre aus den großen Fenstern hinaus in die Ferne, fixiere keinen bestimmten Punkt an. Das Wasser der Themse glitzert in der schwachen Wintersonne und der Regen bringt Schwingung in das graue etwas. Es ist ein regnerischer Londoner Tag.
Nachdenklich lehne ich mich gegen den Rahmen und schiebe meine Hände in die Taschen, während drei Angestellte des Hotels in Suite eigenem Esszimmer unser Frühstück aufbauen. Die Schiebetür zum Wohnbereich rauscht sachte über den Boden und ein Schwung Parfüm breitet sich im Raum aus. Jasmin und Lavendel. Ich halte inne und schließe einen Atemzug lang meine Augen. »Sagte ich nicht, das Starren unhöflich ist?«, frage ich Lillian mit rauer Stimme. Ein winziger Ton löst sich aus ihrer Kehle. »Ich habe nicht-«
Mein Schulterblick bringt sie zum Schweigen. »Okay vielleicht ein bisschen«, gibt sie wispernd zu. Ich nicke neben mich und die Brünette setzt sich zögerlich in Bewegung, bis sie neben mir zum Stehen kommt. Fasziniert schaut sie aus den bodentiefen Fenstern hinaus ins schlechte Wetter, schwingt sich mit einer Hand eine Partie ihrer glänzenden Haare über die Schultern und strafft ihre Schultern. In der dunkelblauen Bluse und der engen Jeans sieht sie zum Anbeißen aus. Gott, wenn ich sie weiter so ansehe, werde ich geil bevor ich frühstücken konnte.
»Gut geschlafen?«, erkundige ich mich und sie nickt. »Sehr gut«, bestätigt sie lächelnd, »wie auf Wolken. Und du?« Unsere Augen kreuzen sich und ich kann nicht leugnen, dass mir das tiefe Grün ihrer Iriden gefällt. Sie wirken so tief und rein, wie ich sie noch bei niemandem gesehen habe.
»Ebenfalls.«
Meine Stimme klingt unbeabsichtigt anzüglich. Lillians Wangen hingegen färben sich ganz offensichtlich rot, und sie wendet ihr Gesicht nach vorn ab. »Schön«, piepst sie und mir huscht ein amüsiertes Lächeln über die Lippen. Wenn man ihre Reaktionen anschaut, würde man denken, sie seine ein prüde Jungfrau, aber ihre Taten im Auto vor ein paar Wochen widerlegen das wohl.
»Möchtest du mir vielleicht sagen, was wir heute vorhaben?«
»Exzellente Idee. Vielleicht beim Frühstück?«
Ihr Magen knurrt wie auf Kommando hungrig auf. »Liebend gern.«

Der Tisch im Esszimmer ist mit allerlei leckerem Essen gefüllt. Ganz englisch gibt es gebackene Bohnen, Bacon und Ei zur Auswahl, aber auch süße Pfannkuchen, Waffeln und Gebäck. In einer Schale liegt reichlich Obst hübsch in der Mitte des Tisches drapiert. Nachdem die zwei netten Damen uns Kaffee eingeschenkt haben, bitte ich sie zu gehen. Ich würde gern mit Lillian allein sein, ohne zusätzliche Ohren verstehst sich. Außerdem fühle ich mich da nicht so gehetzt, wie wenn jemand die ganze Zeit darauf wartet, mir das nächste Essen zu reichen.
»Wow«, nuschelt Lillian begeistert und schlägt sich die Hand vor den vollen Mund. Seufzend lehnt sie sich im Stuhl zurück, deutet mit dem Finger auf das weiche Rührei und zeigt einen Daumen nach oben. »Oh mein Gott, ich habe noch nie so gute Rühreier gegessen«, stöhnt sie und ich verschlucke mich glatt an meinem Kaffee. Dieses Geräusch hätte ich wahrlich nicht aus ihrer Kehle erwartet. Sie lacht als sie meine Reaktion sieht und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu. »Das war nicht meine Absicht«, kichert sie zu ihrer Verteidigung und zuckt mit den Schultern. »Ich war nur überrascht, dass Rührei dieses Geräusch aus deiner Kehle entlocken kann.«
»Tja, andere schaffen das nicht.«
Mit gehobenen Brauen schaue ich ihr über den Tisch entgegen. Soll das eine Anspielung auf etwas sein? »Ich hoffe, du meinst nicht mich«, raune ich und Lillian schaut mich provozierend an. Der Schlaf scheint ihr tatsächlich gutgetan zu haben. Sie wirkt wie ausgewechselt. »Wie könnte ich«, haucht sie und wirft sich eine Weintraube in den Mund.
»Das hoffe ich für dich«, murmle ich und bin nicht sicher, ob sie es noch versteht. Als ich ihr einen Orgasmus verpasste, hat sich das ganz anders angehört. Sie hat meinen Namen geschrien und so gezittert, wie ich es noch nie erlebt habe. Die Brünette ist für viele Überraschungen gut. Je mehr ich über den Sex mit ihr nachdenke, merke ich wie unangebracht es gerade ist. Ich sollte mich auf die wichtigen Dinge konzentrieren - wie wir heute unseren Tag verbringen. Räuspernd tupfe ich mir die Lippen mit einer Stoffserviette ab und lege sie neben den Teller auf die weiße Tischdecke. »Also«, lenke ich unser Gespräch auf das eigentliche Thema zurück, »da wir erst morgen ins Archiv des Krankenhauses können, dachte ich, dir würde Sightseeing gefallen. Ein Chauffeur des Hotels wird uns durch die Stadt fahren«, verkünde ich und Lillians Augen werden so groß und rund wie die eines Hundewelpens. Sie nickt eifrig, stopft sich den letzten Bissen ihres Bagels in den Mund und spült mit einem Glas Wasser nach. »Das klingt großartig!«, stimmt sie zu und mein Herz pocht kräftig, als ich ihr glückliches Gesicht sehe.

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