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LILLIAN

Ein warmer Geruch nach frischen Laken und Holzmöbeln weckt mich am nächsten morgen. An das, was letzte Nacht passiert ist, kann ich mich nicht erinnern. Das letzte, dass ich weiß, ist das Maya und ich in diesem Nachtclub gefahren sind. Herolds Nightclub, glaube ich.
Gott, mein Schädel brummt tierisch. Haut mir jemand gerade mit einem Hammer dagegen? Es fühlt sich zumindest so an. Blinzelnd öffne ich die Augen und merke sofort, dass ich nicht in meinem eigenen Bett liege. Der Geruch, das Gefühl der Laken und die weise, wie die Sonne mein Gesicht küsst, alles Indizien, dass ich mich nicht in Brooklyn in meiner Wohnung befinde. Neugierig schaue ich mich im Zimmer um, das mit Nussbaum braunen Holzmöbeln bestückt ist. Gegenüber des großzügigen Bettes hängt ein Sideboard an der Wand und ein teures Gemälde darüber. Die Lampen auf dem Nachtisch haben schwarze Schirme und goldene Füße, der Teppich unter meinen Zehen fühlt sich flauschig an, als ich die Beine über die Bettkante schwinge. Wo bin ich?
Verwirrt tapse ich über den warmen Parkettboden des Raumes und halte vor den Fenstern inne. Die Gebäude auf der anderen Straßenseite kommen mir nicht bekannt vor, nur die roten Wimpel über dem Schild der Pizzeria gegenüber, lassen mich erahnen, wo ich mich befinde. »Little Italy«, flüstere ich als ein Geistesblitz durch mein Gehirn schießt. Erst jetzt fällt mir auch die Kette auf, die um meinen Hals hängt. Albrecht Dürers betende Hände - Santinos Kette. Meine Finger berühren den Anhänger zögerlich, und die ersten Flashbacks von letzter Nacht kommen zurück.

»Lass uns tanzen«, schmolle ich Santino an und lasse meine Hände aus seinem Nacken sinken. Bevor er sich versehen kann, habe ich ihm die goldene Kette abgenommen und mir selbst ungelegt. Das warme Gold schmiegt sich an meine Haut und ich schaue zufrieden zu ihm auf. Er trägt eine beige Anzughose, ein dunkles Hemd und ein passenden Jackett. Alles sitzt wie angegossen, fast so, als wäre seine Kleidung maßgeschneidert. Ich zweifle nicht daran, dass ein Mann wie er sich seine Kleidung schneidern lässt. Diese autoritäre Aura die ihn umgibt, ummantelt mich wie ein Kokon, und seine Blicke brennen wie Feuer auf meiner Haut. Seine lodernden Iriden funkeln auf mich nieder, als wollten sie mich jeden Moment erdolchen. Was ist ihm für eine Laus über die Leber gelaufen?
»Mir steht die sowieso viel besser als dir!«, grinse ich schelmisch und verschwinde in der Masse. »Lillian!«, keift er entzürnt, aber da bin ich schon längst zwischen den anderen Partygästen verschwunden. Ich singe gutgelaunt das nächste Lied mit, quetsche mich zwischen den Menschen hindurch in Richtung Bar, an der Maya auf mich wartet, Bex ist nicht in Sicht.
»Hey! Lass uns ein Foto machen, Lillian, damit wir uns immer an den Abend erinnern«, schlägt sie vor und ich leere mein Glas zügig, bevor ich nicke. Maya macht ein Bild von uns beiden und verspricht es, mir morgen zu schicken. Gerade als ich noch etwas erwidern will, blicke ich zurück und entdecke Santino mir im Nacken sitzen. Verdammt. »Bis später Maya!«, verabschiede ich mich vorerst und mische mich wieder unters Volk, damit ich Santino abhänge. Er ist schrecklich schlecht gelaunt und ich glaube, dass er mir den Arsch versohlen wird, wenn er mich hascht. Dabei bin ich kein kleines Kind. Was er hier will, ich mir sowieso nicht ganz klar. Vor ihm abhauen kann ich jedoch nicht mehr, denn er bekommt mich zu packen. »Hey!«

Ausatmend kaue ich auf meiner Unterlippe und trete vom Fenster zurück, durchquere das Zimmer auf der Suche nach einem Bad. Meine Kleidung mache ich glücklicherweise auf dem Sessel neben dem Sideboard aus. Meine Hose ist sauber gefaltet und meine Bluse auf einen Bügel gehangen. Meine Schuhe nebeneinander auf dem Boden platziert und meine Tasche auf dem Sideboard. Verwundert darüber wie ordentlich meine Kleidung platziert wurde, greife ich sie mir und steuere auf die offene Tür neben dem Kleiderschrank zu, die mich tatsächlich in ein kleines Bad mit Wanne und Dusche führt. Mich im Spiegel betrachtend fällt mir auf, dass ich nur ein großes weißes Shirt trage, dass definitiv nicht meines ist. Ich entledige mich dem Shirt, Falte es ebenso ordentlich wie man meine Kleidung gefaltet hat, und lege es neben den Waschtisch auf die Marmorplatte. Eine heiße Dusche gönne ich mir, bevor ich herausfinde, wer mich vor der Tür meines Zimmers erwartet. Das warme Wasser aus der Regenwalddusche lindert meinen Kater etwas, und ich kann mich entspannen. In der kleinen Nische in der Wand reihen sich drei Shampooflaschen aneinander. Die Reste duftet nach Rosen, die zweite nach Zitrone und die dritte nach einer Mischung aus Zedern und Piniennadeln. Die letzte Flasche erinnert mich ein bisschen an Santinos Parfüm.

Mafia King | 18+Where stories live. Discover now