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LILLIAN

Das Dinner im McLeod Hotel ist fünf Sterne würdig. Feines Filet, saftiges Gemüse und zum Nachtisch ein leckeres und fruchtiges Soufflé mit Kirschen. Ich fühle mich so gesättigt wie schon lange nicht mehr. Es hat das Essen von heute Mittag wahrlich noch getoppt. »Richten Sie der Küche aus, dass es vorzüglich war«, weist James den Kellner beim Abräumen an. »Sehr wohl Mister McLeod«, antwortet der angesprochene nickend und verlässt das Zimmer mit dem Geschirr.
»Also«, räuspert James sich an uns wendend, »Es war ein schöner Abend, aber ich muss noch ein paar gewisse Dinge erledigen, bevor es zu spät wird«, entschuldigt er sich und ich spähe auf Santinos Armbanduhr. Sie schlägt bereits zehn Uhr. »Und ich bin mir sicher, Miss Jones ist recht müde.«
Das bin ich gewiss.
»Wir sollten das Wiederholen«, schlägt Santino vor und erhebt sich nach James, der zustimmt. Während die beiden sich unterhalten, reicht Sawyer mir seine Hand und ich erhebe mich ebenfalls. »Es war mir ein Vergnügen Miss Jones«, spricht er mit rauer Stimme zu mir hinab und bringt mich zurückhaltend zum Lächeln. »Ebenfalls, Mister-«
»Young. Sawyer Young.« Was für ein edler Name.
»Hat mich sehr gefreut.«

»Kommst du, Lillian?«, will Santino wissen. Nickend lasse ich Sawyers Hand los und werfe den beiden Männern ein letztes freundliches Lächeln zu, bevor ich mit Santino gehe. Der Italiener schlingt einen Arm um meinen Rücken und zieht mich enger, auf unserem Weg zurück ins Hotelzimmer. Wie immer folgen uns einige Security Männer auf Schritt und Tritt, selbst hier. »Wie fandest du das Essen?«, raunt Santino fragend und tätigt den Knopf des Fahrstuhls. »Gut, die beiden sind nett. Seid ihr schon lange befreundet?«
»Eine Ewigkeit, ja.«
»Und Sie wissen, dass du-«
»Du hattest Angst etwas Falsches zu sagen vorhin«, stellt er fest. Ist das so offensichtlich gewesen?
»Ich wusste nicht, ob ich ... ob sie...«
»Du könntest nie etwas Falsches sagen, mia bella.« Bedacht streicht er mir eine Strähne hinter die Ohren und funkelt mich mit undefinierbaren Iriden an. Ist er zufrieden?
»Du bist ein einziges Rätsel für mich, Santino Benelli«, nuschle ich seufzend und bringe ihn zum Lachen. Es ist kehlig und rau, verschafft mir gleich das nächste Kribbeln in meinem Magen. Wir laufen zu unserer Suite zurück und ich verkrümle mich direkt ins Wohnzimmer, er ins Schlafzimmer. Geschafft lasse ich mich in dem engen Kleid rückwärts aufs Sofa fallen und schließe die Augen. »Ich bin fertig für heute«, nuschle ich, während die Müdigkeit langsam meinen Körper übernimmt und ich in einen leichten Schlaf abdrifte, noch bevor ich mich dazu aufraffen kann, ins Bett zu gehen.

~

Als ich erwache, ist es düster in der Suite und nur einige Wandlampen erhellen die Räume. Der Mond scheint durch die großen Fenster auf dem Boden vor dem Sofa und zeigt mir, dass es schon sehr spät sein muss. Gott, wie lange habe ich nur geschlafen? Müde schiebe ich mir die weiche Decke von den Beinen, mit der Santino mich vorhin zugedeckt haben muss. Meine Schuhe stehen vor dem Sofa auf dem Holzboden und ein kleiner Zettel liegt auf dem Kaffeetisch.

Bei James und Sawyer, bin vor Mitternacht zurück
-Santino

Verwundert schiele ich auf die Uhr über dem Türrahmen zum Flur. Drei Uhr ist es. »Santino?«, frage ich in die nächtliche Stille hinein und tapse barfuß über die Dielen in Richtung Schlafzimmer. Die Flügeltüren sind geöffnet und das Bett ist unberührt. Mit krauser Stirn lege ich den Zettel auf der Kommode beiseite und spähe ins Bad. Einstig der Mond erhellt die Fließen. »Wo ist der nur?«, frage ich mich selbst. Auch im Büro und der kleinen Küche ist niemand. In mir keimt nichts Gutes auf. Der Gedanke ist dumm, aber was, wenn etwas passiert ist? Er weiß sich zu verteidigen, natürlich weiß er das, aber vielleicht hat er sich so betrunken, dass er den Weg nicht zurück zum Zimmer findet. Besorgt schlüpfe ich in meine Heels und richte meine vom Schlaf zerwühlten Haare, kämme sie zweimal und verlasse die Suite mit großen Schritten. Vor der Tür steht keine Security mehr und so kann ich mich ungehindert auf den Weg zu den Aufzügen machen. Meine Finger fahren über die Knöpfe, ich drücke den Knopf fürs Erdgeschoss. Es dauert wenige Augenblicke, bis ich unten angekommen bin. Noch immer erfüllt Pianomusik die warmen Hallen des alten Hotels. Die Lobby ist leer und nur der schlanke blonde Mann hinter dem mächtigen Empfang befindet sich noch hier. Er mustert mich verwundert, als er mich erblickt. »Miss Jones, was kann ich zu so später Stunde noch für sie tun?«, erkundigt er sich höflich bei mir. Ich lege meine Arme auf dem dunklen Mahagoniholz ab und klimpere etwas mit den Wimpern. Manchmal muss man seine Reize einsetzen, um an Informationen zu kommen. »Ich würde gern zu Mister Benelli, der ist bei-«
»Oh Ich weiß, wo sie sind, doch ich fürchte, sie-«
»Was? Ich bin nicht erwünscht?«, unterbreche ich ihn. Er schüttelt sofort den Kopf und schiebt eine Bordeaux rote Karte über das Holz zu meinen Fingern. »Ich fürchte sie sollten etwas diskreter sein, das nächste Mal. Viel Vergnügen im Kingsley«, wünscht er mir. Verwirrt drehe ich die Karte zwischen meinen Fingern und trete vom Empfang zurück. Das was? »Wie-«
»Stecken sie die Karte im Aufzug in den Schlitz unter den Knöpfen«, erklärt er mir. »Danke«, murmle ich und gehe hinfort. Was zum Teufel ist das Kingsley?
Im Aufzug warte ich, bis die Türen sich geschlossen haben, bevor ich die Karte in den vergoldeten Schlitz stecke und gespannt warte, was geschieht. Plötzlich setzt der Aufzug sich in Bewegung und rauscht in die Tiefe. Erschrocken halte ich mich am Handlauf fest und sehe, wie die Zahlen bei minus zwei landen, ehe die Türen sich öffnen und die Karte im Schlitz verschwindet.

Mafia King | 18+Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu