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LILLIAN

In London ist der Himmel grau und lässt den Mond nicht hindurch, als wir abseits von Heathrow auf einem kleinen Privatflugplatz landen und von zwei Limousinen abgeholt werden. Santino führt mich zielstrebig zum vorderen der beiden Autos und öffnet mir die Tür, ganz gentlemanlike. Im inneren ist es zum Glück warm, im Gegensatz zu draußen. Zu allem Übel fängt es auch noch an zu regnen als wir langsam in die Stadt fahren. Vom Flugfeld dauert es eine weitere Stunde, bis wir das Zentrum Londons erreichen. Santino war die meiste Zeit mit seinem Vater am Telefon und ich habe einfach die Aussicht auf die Themse und die Stadt genossen. Das London Eye erstrahlt in bunten Farben am Ufer, die London Bridge ist hell erstrahlt. Britische Flaggen wehen an einigen Gebäuden und im Hyde Park strahlen Spots die Kieswege aus. Ich bin beeindruckt. London ist anders als New York, das gefällt mir. Es ist lebendiger und schöner anzusehen, aufgeräumter und grüner.

Die Limousine hält vor einem prächtigen Gebäude mit Stuckfassade und emporragenden Säulen, die das Dach des Eingangs stützen, auf dem sich ein Balkon befindet. Große Fenster und schwere Vorhänge die sie rahmen. Ein roter Teppich liegt bis du den Flügeltüren aus, durch das Glas erkenne ich dunkle Böden, überdimensionale Kronleuchter und hübsche Tapeten. Ich fühle mich wie in einem Märchen. Es ist einschüchternd, aber wunderschön.
»Wo sind wir hier?«, frage ich erstaunt und drücke mir die Nase fast am Fenster platt, wie ein neugieriges Kind, dass vor dem Spielzeugladen zu Weihnachten steht.
»Unser Hotel, es ist schön, nicht?«
Überwältigt nicke ich. Ein Mann mit Kappe und Uniform öffnet mir die Tür und reicht mir eine behandschuhte Hand. Wow, ich fühle mich wie eine prominente. Lächelnd nehme ich sie entgegen und wünsche ihm einen schönen Abend. Auch Santino begrüßt ihn höflich und legt seinen Arm um meine Schulter, da ich gespannt an der Fassade hinaufschaue, und nicht merke, dass sie bereits losgelaufen sind. »Du träumst, dafür hast du später noch genug Zeit«, raunt er mir zu und seine Hand auf meinem Mantel breitet sich wie ein warmes Fleck aus. Ich spüre es bis auf meine Haut.
Der Page führt uns durch die Flügeltüren ins Foyer des hohen Hotels, ich zählte mindestens zwölf Stockwerke, bevor Santino mich unterbrach. Wie zuvor schon gesehen hängen alte Kronleuchter von den Stuckdecken und edle Tapete schmückt die Wände. Es gibt kleine Sitzgruppen zu meiner linken und auf der rechten Seite zieht sich ein langer Ebenholztresen mit großem Schlüsselbrett dahinter. Alles in allem wirkt das exquisite Hotel wie aus dem goldenen Zwanzigern.
»Santino Benelli! Was für eine Ehre!«, ertönt eine raue, rauchige Stimme aus einer Ecke und ich lege meine Augen auf einen Gut-aussehenden großen Mann mit wunderschönem Gesicht und strengen Zügen. Er trägt einen Anzug, polierte Schuhe und eine sündhaft teure Uhr prangt an seinem Handgelenk. Seine Schokoladenfarbenen Haare sind voll und kurz zurückgekämmt. Seine Augen so schwarz wie die Nacht. »James, schön dass wir noch so kurzfristig ein Zimmer bekommen haben«, lacht der Italiener und schüttelt seine Hand. James grinst charmant, aber ich kann diesen mysteriösen Ausdruck in seinem Gesicht nicht wegsehen, als er uns näherkommt. Seine Aura ähnelt Santinos - düster, verrucht, autoritär. Er bewegt sich im Hotel, als wäre es seins. Als würde er keine Konsequenzen fürchten, weil niemand seiner ebenbürtig ist.
»Für die Benellis habe ich immer einen Platz, aber sag, wer ist die entzückende Frau in deinem Arm?«
Seine stechenden Blicke fahren meinem Körper hinauf, bleiben an meinem Gesicht hängen. Ich strecke ihm meine Hand entgegen und er nimmt sie, drückt einen zarten Kuss auf den Handrücken und funkelt mich anzüglich an. »Mi Lady, willkommen im McLeod Hotel, das älteste und wahrlich schönste Hotel ganz Londons. Mein Name ist James, der Besitzer dieses Hauses«, stellt er sich mir vor und bringt meine Wangen zum Erröten. Er ist sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst, dass sehe ich ihm sofort an. Er weiß, wie schnell mein Herz wegen dieses simplen Kusses klopft, und wie heiß mir wird, je länger er mich anschaut. Alles an ihm ist ein Flirt. Das dunkle glitzern in seinen Augen, entgeht mir dennoch nicht.
»Lillian, es freut mich sehr hier zu sein.«
»Oh die Ehre ist ganz meinerseits. Erlaubt mir, euch zu euren Zimmern zu führen, ich bin sicher ihr beide seid müde und wollt euch ausruhen, nach diesem langen Flug«, schlägt er vor und geht voran. Wir folgen ihm durch die prunkvollen Hallen des McLeod Hotels, über den sauberen blutroten Teppich bis zu den vergoldeten Aufzügen. »Selbstverständlich habe ich die beste Suite reserviert und einige Vorkehrungen getroffen. Ihr seid in der obersten Gästeetage untergebracht, zwei Stockwerke unter meiner privaten Wohnung, ich hoffe, dort stört euch niemand«, erwähnt James am Rande und tritt mit uns in den Aufzug. Er tätigt den Knopf mit der Nummer vierundzwanzig, und schon rauscht der Aufzug in die Höhe. Meine Zählung von vorhin zunichte gemacht, da es tatsächlich sechsundzwanzig Stockwerke sein müssen. Die letzten beiden Knöpfe nach der vierundzwanzig sind mit einem Schlüssel gesichert und für Gäste unzugänglich.
»Wir wissen deine Mühen zu schätzen James, nicht wahr Lillian?« Santino schaut auf mich hinab und ich nicke sofort. »Natürlich, ihr Hotel ist atemberaubend«, gebe ich baff zu. Die Türen des Fahrstuhls öffnen sich in derselben Minute und offenbaren eine langen Flur. »Das höre ich gern. Kommt, dass ist eure Suite.«
James öffnet die Flügeltür mit einer Karte und bittet uns ihm zu folgen. Wir treten in einem Flur, in dessen Mitte ein runder Tisch mit einem hübschen Blumen Arrangement aufgebaut ist. Kronleuchter, wohin das Auge reicht, Gemälde an den Wänden. Geradeaus gelangen wir in ein großes Wohnzimmer mit Sofalandschaft, Kamin und etlichen Sitzgelegenheiten. Die großen Fenster sind auf die Themse und den Big Ben ausgerichtet. Der Ausblick raubt mir fast den Atem. Sprachlos entferne ich mich von Santinos Seite und streife mit meinen Fingern die Lehne des Sofas entlang, der Stoff ist weich und so zart, dass ich mich am liebsten für alle Zeit darauf kuscheln würde. James führt uns in ein Esszimmer und ein Arbeitszimmer. Außerdem gibt es ein großes Schlafzimmer und zwei Bäder.

Mafia King | 18+Where stories live. Discover now