in letzter Minute...oder doch nicht

942 48 66
                                    

»Na Kumpel, Lust auf einen Rundflug?« Was war das überhaupt für eine Frage? Selbstverständlich war die Antwort ja. Ohnezahn war schneller zur Tür gesprungen, als ich hinterhersehen konnte. Ich stieß die Tür nach oben und ließ Ohnezahn zuerst nach draußen hüpfen. Erst als er stehen blieb kam ich hinterher. Ich ließ meine Prothese in die Steuerfunktion einrasten und öffnete gleich Ohnezahns Schwanz. Er schoss sofort in die Lüfte. Bis über die Wolkendecke. Ohnezahn hielt in der Luft kurz inne, bevor er sich Rücken voraus wieder zu Boden fallen ließ. Mit Ohnezahn an der Seite fühlte sich sogar fallen sicher an. Ich schloss meine Augen, der Wind rauschte Laut an mir vorbei. Alles worauf ich hörte war mein Bauchgefühl. Im richtigen Moment steuerte ich mit der Prothese, dass wir nicht ins Meer stürzten. Nach einem kurzen Sprint knapp über der Wasseroberfläche änderte ich wieder die Position der Prothese und Ohnezahn flog wieder gen Himmel. »Eine ruhige Runde um die Insel?«, rief ich gegen den Wind. Ohnezahn verlangsamte als Antwort sein Tempo. Ich lehnte mich entspannt nach hinten und sah in den bereits rosafarbenen Himmel. »So lässt sich's leben, was Ohnezahn?« Er grummelte, was einem entspannten Seufzen ähnelte. Ich lachte kurz auf, bevor ich meine Augen schloss. Es war so schön ungestört durch die Luft zu fliegen, die kühle Luft auf der Haut zu spüren, ohne gegen sie anschreien zu müssen, weil jemand deine Anordnungen nicht verstanden hat. Einfach mal frei von allen sein. Dem Geschwätz der Zwillinge. Den Nörgeleien von Rotzbacke. Der ständigen Angst von Fischbein. »AAAAAHHHH« Dem Geschrei von Astrid. ... Moment. Geschrei von Astrid?! Ich saß kerzengerade im Sattel, die Hände fest an den Griffen. »Wo kam das her?«, nuschelte ich vor mich hin. »Ohnezahn, hast du das gehört?« Ein gefährliches Grummeln bestätigte meine Vermutung. Etwas stimmte nicht. Etwas mit Astrid.

»Los, schneller Ohnezahn!«, orderte ich meinem Drachen an und verstellte die Prothese, um ihm das auch zu ermöglichen. Ohnezahn schoss über den Wald. Auf einmal fiel mir Sturmpfeil auf. Sie hing an einer Kette und versuchte sich mit aller Kraft davon zu befreien. »Ohnezahn Vorsicht. Die haben drachensichere Ketten. Wenn Sturmpfeil dort ist .... Und ich eben noch Astrid schreien gehört hab .... Wo war sie?

Die Antwort auf diese Frage bekam ich nur wenige Sekunden später. Astrid befand sich am Boden, umringt von dutzend Drachenjägern. Was wollen die hier? Reicht ihnen das Drachenauge nicht?! Ich lehnte mich zu Ohnezahns Ohren und flüsterte »Ok Kumpel, zuerst Sturmpfeil, dann Astrid.« Ohnezahn entfernte sich etwas vom Geschehen, um eine bessere Schussposition zu finden. Die drachensichere Kette war, ziemlich undrachensicher, an einem Baum befestigt. Sturmpfeil war schnell befreit. Jetzt zu Astrid. Durch Ohnezahns Schuss waren ein paar der Drachenjäger bereits auf uns aufmerksam geworden. Die anderen standen immernoch um Astrid herum. Ich sagte Ohnezahn er solle ein paar Warnschüsse abfeuern. Anscheinend zeigten die auch schon eine Wirkung. Die meisten der Drachenjäger rannten davon.

Als Ohnezahn sich wieder etwas entfernte, um zu drehen, traf uns jedoch plötzlich eine Bola und holte uns vom Himmel. Auf halben Weg wurde ich durch die vielen Umdrehungen auch noch von Ohnezahns Rücken geschleudert. Mein Bein verfing sich in einem der Seile. Und so landeten Ohenzahn und ich beide in einem Baum. Mein Freund blieb in der Baumkrone mehr oder weniger hängen. Ich fiel durch das komplette Geäst nach unten, bis ich schließlich kopfüber unter den ganzen Ästen hing.

Kaum hatte ich mich ausgependelt rannte auch schon der letzte der Drachenjäger an mir vorbei und Richtung Strand. Nur Sekunden später tauchte Astrid vor mir auf. Mit verschränkten Armen sagte sie  »Dass du immer den Helden spielen musst.« »Ich muss nicht immer den Helden spielen.« »Nur wenn es um mich geht?« »Was? Neeein. Ich spiele nicht den Helden. Ich helfe da, wo ich helfen kann. Wie wäre das denn ohne mich ausgegangen? In ein paar Tagen hätte ich eine Nachricht bekommen in der es heißt du wurdest entführt.« »Und du hättest das natürlich schon vorher verstanden und wärst auf die Suche nach mir gegangen, bevor so ein Schreiben je eingetroffen wäre.« »Das stimmt wiederum auch.« »Und warum? Warum musst du immer so auf mich aufpassen?« »Wir...sind Freunde. Du bedeutest mir eben viel.« Astrids Mine lockerte sich etwas auf. »Gut...ich will nicht so sein. Danke für die Rettung. Jede Rettung.« »Ach, keine Ursache.« »Weißt du, ich möchte mich auch mal richtig bei dir bedanken.« Ich sah mit zusammengezogenen Augenbrauen zu Astrid. Was meinte sie denn jetzt damit? Sie meinte, dass sie mich urplötzlich am Gesicht hält und küsst! Dabei hing ich noch kopfüber in einem Baum. Erst nachdem ich diesen ersten Schock-Gefühls-Schwall überwunden hatte konnte ich auch nur an das Erwidern des Kusses DENKEN. Aber dann war es auch schon zu spät. Astrids Lippen lagen nicht mehr auf meinen. Jedoch lagen ihre Hände noch an meinem Gesicht. Urplötzlich waren auch die weg. Astrid war weg.

Sie war einfach verschwunden. Mit dem Gefühl langsam zu fallen schreckte ich auf. Und befand mich in meinem Bett. Verwirrt sah ich mich um. Ohnezahn lag seelenruhig auf seinem Stein und schlief. Ich stand auf und sah nach draußen. Es war mitten in der Nacht. Das war also alles nur ein Traum?!

Oneshots (HTTYD)Where stories live. Discover now