Alptraum

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Rot. Es ist alles rot. Meine Hände, meine Kleidung, meine Waffe. War ich das? Hab ich das alles angerichtet?!

Ketten? Wo kommen jetzt diese Ketten her? Sie sind am Boden befestigt. Ich kann nicht einmal aufstehen.

Die Dunkelheit wird schlagartig erhellt. Ein Mann läuft langsam im Kreis um mich herum. Ein nur zu bekannter Mann.

»Eigentlich sollte ich dich töten lassen für deine schreckliche Tat. Du hast alle die du liebst und dir etwas bedeuten umgebracht. Aber ich lasse dich am Leben. Du sollst mit deiner Schuld leben. Mit dem unschuldigen Blut an deinen Händen. Die Schuld wird dich zerfressen und foltern. Besser als es jeder Henker tun kann.«

Er wendet sich ab, aber ich kann trotzdem hören was er zu seinen, nicht sichtbaren, Gehilfen sagt.

»Wer hätte gedacht, dass sich diese Menge Drachenwurz so auf einen Menschen auswirkt. Ihn in den Blutrausch verfallen lässt.«

Blutrausch? Ich war es. Ich habe sie alle getötet. Meine Eltern, Sturmpfeil, Hicks, die anderen Drachenreiter, sogar die anderen Drachen. Alle die mir auch nur im Ansatz etwas bedeuten. Tot. Durch meine Hände.  

Mitten in der Nacht unterbrach ein Schrei die idyllische Stille, welche auf der Drachenbasis lag. Doch keiner wurde davon geweckt. Dafür war der Schrei noch zu leise. Wach war nur Astrid. Sie saß mit weit aufgerissenen Augen kerzengerade in ihrem Bett. »War...war ich das wirklich?«, stammelte sie leise. Es konnte ihr jedoch keiner eine Antwort geben. »Es..es war nur ein Traum, oder? Zu so etwas wäre ich doch nicht im Stande. ... Aber...es...es wirkte so real.« Kaum hatte sie ausgesprochen bekam Astrid eine bedrängende Angst. Die Dunkelheit um sie herum tat der ganzen Situation nicht gerade positiv bei. Konnte es wirklich sein, dass Astrid alle die ihr Lieb waren getötet hatte und einfach wieder in ihr Bett gelegt wurde?

Schlafen konnte Astrid nach diesem Traum, sofern es einer war, nicht mehr. Sie musste sich sofort vergewissern, was wahr war und was nicht. Sie sprang sofort aus ihrem Bett und polterte die Treppe herunter. Auf den letzten Stufen stolperte sie über ihre eigenen Füße und fiel nach vorne über auf den Boden. Etwas benommen rannte sie einfach weiter. Aus ihrer Hütte, direkt zu Hicks'. Astrid stieß die Tür nach oben und stürmte in das Obergeschoss. Es war ihr egal, ob sie damit jemanden weckte, dann hatte sie wenigstens Gewissheit.

In Hicks' Bett fand Astrid - welch Überraschung - Hicks vor. Das hieß in jetzt aber noch Garnichts. Sie setzte sich auf die Bettkante und suchte Hicks nach irgendwelchen Wunden ab. Doch alles war in bester Ordnung. Hicks hatte anscheinend einen sehr tiefen Schlaf, denn er bekam nichts mit. In ihrer noch bestehenden Panik hörte Astrid sogar nach einem Herzschlag. Voller Freude, dass alles wirklich nur ein Traum war, lehnte Astrid sich mit ihrem Kopf über Hicks' und sah ihn an. Sie konnte sich nach diesem Traum ihre Tränen nicht verkneifen. Es kam ihr zu real vor, dass die Tatsache, es war nur ein Traum gewesen, sie jetzt kalt ließ.

Sogar jetzt schlief Hicks noch. Erst als die ersten Tränen von Astrid auf sein Gesicht tropften und geräuschvolle Schluchzer von ihr kamen, wachte er auf. Völlig überrumpelt sah Hicks zu ihr. »Astrid, was...was machst du hier?«, fragte er noch müde. »Hicks!!«, Astrid schlang ihre Arme um seine Schultern. Durch die Schwungvolle Bewegung rutschte sie über Hicks und fiel beinahe auf der anderen Seite vom Bett. Hicks konnte sich noch rechtzeitig aufrichten und sie am Rücken halten. Während er total perplex auf das Ende seines Betts sah, klammerte Astrid sich weiter an ihn und weinte in seine Schulter. So aufgelöst hatte Hicks seine beste Freundin noch nie gesehen. Er hatte sie generell noch nie weinen sehen. »Astrid, was ist denn passiert?« »Ich....ich..«, sie brach ab. Hicks rutschte etwas zurück, um Astrid komplett auf das Bett zu ziehen. Sie ließ von ihm ab und setzte sich normal auf. »Soll...soll ich dir eine Decke bringen?« Astrid nickte. »Brauchst du auch etwas zu trinken?« Sie schüttelte den Kopf. Hicks stand auf und holte ein etwas größeres Fell. Er ging zu Astrid, zog ihr dir Schulterprotektoren aus und legte ihr das Fell um die Schultern. Astrid nahm sofort die Ecken und zog sie vor sich zusammen, um sich richtig einzumurmeln. »Erzähl, was ist passiert?«

»Ich...ich hatte einen Alptraum. Und der kam mir so real vor...ich musste einfach nachsehen, ob es nur ein Traum war.« »Und ich kam in dem Traum vor?« Astrid nickte kurz, bevor sie weiterredete.

»Ich bin in einem Raum aufgewacht. Meine Hände waren voller Blut, meine Kleidung auch Blutverspritzt und meine Axt ebenfalls rot. Ich hatte keine Ahnung, was passiert war. Bis ich meinen Blick anhob. Vor mir...vor mir waren...w-war....sah es aus, als hätte ein kleiner Krieg in dem Raum stattgefunden. Alle waren tot. Überall war Blut. Ich hab meine Eltern gesehen, die anderen der Gang, die Drachen...dich...«, Astrid konnte Hicks nicht in die Augen sehen während sie das alles erzählte. So kam ihr nur das Bild von Hicks' Leiche in den Kopf. Jegliches Leben war aus seinen Augen verschwunden. Sie hatten sie mit einer beängstigenden Leere angestarrt. Jetzt war Astrid nur zu froh einen lebendigen Hicks vor sich zu haben. »Dann wurde es kurz schwarz. Ich fand mich in einem anderen Raum wieder. Er hatte Ähnlichkeit mit einer der Zellen auf der Insel der Verbannten, nur größer und ohne Gitter. Ich saß mitten in diesem Raum, an den Boden gekettet. Das Blut an meinen Händen war nur grob entfernt. Der Rest war angetrocknet. Plötzlich wurde es Hell. Und...und Dagur lief langsam im Kreis um mich herum. Irgendwann hat er dann angefangen zu sprechen. Er hat mir erklärt was ich getan habe. Dass ich alle, die mir auch nur im Ansatz etwas bedeuten umgebracht habe und er mich mit dieser Schuld am Leben lässt. Er meinte auch noch zu jemand anderem, dass es ihn wundert, wie sich diese Menge Drachenwurz auf einen Menschen auswirkt. Ich war in einen Blutrausch verfallen und hab euch anscheinend alle umgebracht. Dann...bin ich aufgewacht«, Astrid hob ihren Blick wieder zu Hicks, »Mir kam das alles so real vor, dass ich nachsehen musste, was wahr ist.«

»Wow...das...ich ich glaube das ist meine Schuld...tut mir leid.« »Deine Schuld? Wieso solltest du daran Schuld sein?« »Du bist gestern doch von Sturmpfeil gefallen und ich konnte dich nicht mehr rechtzeitig auffangen. Abends habe ich dir doch noch ein Schmerzmittel gegeben, damit du schlafen kannst. Das scheint wohl den Alptraum verursacht zu haben.« Astrid konnte nicht glauben, was Hicks ihr gerade gesagt hatte. All das nur wegen einem Schmerzmittel?! Astrid schlug Hicks, so kräftig sie es im Moment konnte, auf den Oberarm. Gleich danach nahm sie ihn aber in den Arm und vergrub ihren Kopf wieder in seiner Schulter. Der Traum war noch zu nah, um ihn jetzt einfach zu ignorieren. Ja, so etwas konnte sogar der furchtlosen Astrid Hofferson Angst einjagen. »Weißt du was für eine verdammte Angst ich hatte?! Ich dachte ich hätte dich und alle anderen getötet!!« Hicks rieb Astrid etwas über den Rücken, um sie zu beruhigen. »Tut mir wirklich leid. Ich kannte die Nebenwirkungen des Mittels nicht. Das wird definitiv nicht mehr verwendet.«

Eine Zeit lang herrschte Stille. Bis Hicks sich wieder zu Wort meldete. »Wir sollten wieder schlafen, Astrid.« »Ja, sollten wir...« »Aber?« »Aber ich möchte nicht.« »Würdest du dich besser fühlen, wenn du heute bei mir bleibst?« »Und das macht dir nichts aus?« »Nein, nein. Das stört mich nicht.« »Danke Hicks.« Astrid löste die Umarmung, um Hicks in die Augen zu sehen. »Keine Ursache«, er lächelte sie beruhigend an.

Hicks nahm Astrid das Fell von den Schultern und legte sich hin. Sie schmiegte sich direkt an ihn. »Erm Astrid...« »Wenn ich schon hier schlafe, dann auch in deinen Armen.« Äußerlich milde, innerlich ziemlich breit, lächelnd warf Hicks das Fell über die Beiden und schloss die Augen. So ruhig, wie für den Rest dieser Nacht, hatte Astrid nicht erwartet je wieder zu schlafen.

Oneshots (HTTYD)Where stories live. Discover now