𝓥ierunddreißig

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𝓙ungkook

Jimin
Hoseok hat es nicht geschafft. Sie haben ihn aus dem Weg geräumt.

Schon zum gefühlt tausendsten Mal las ich mir die Nachricht durch. Von Mal zu Mal fiel es mir schwerer, die Worte zu erkennen und Tränen flossen unaufhörlich. Je öfter ich mir klar machte, was diese Worte bedeuteten, desto mehr zerbrach mein Herz und ein lautes Schluchzen entwich mir.

Er hatte nie etwas mit der ganzen Sache zu tun gehabt. Mein Cousin war auf anderen Missionen gewesen, hatte sich stets um andere Dinge gekümmert und war letztendlich nur zu uns gekommen, weil ich zu offensichtlich war. Hoseok hatte sich für mich geopfert, ohne zu zögern. Schon immer hatte er mich beschützen wollen, seit meine Eltern ermordet wurden. Als ich damals zu ihm kam, war er fest davon überzeugt gewesen, mich zu meiner eigenen Sicherheit ebenfalls zum Spion zu machen.

Ich kannte das Berufsrisiko und die Sorge um seinen Tod war durchgängig in meinem Hinterkopf geblieben. Doch es nun tatsächlich vor Augen zu haben, nie wieder ein Wort mit ihm wechseln zu können oder ihn je wieder zu erblicken, bereitete einen untröstlichen Kummer tief in meiner Seele.

Es fühlte sich genauso unecht und surreal an, wie damals, als ich meine Eltern verlor.

Mit zitternder Hand strich ich über das Bild vor meinen angewinkelten Beinen und versuchte unter Tränen die fröhlichen Gesichtszüge von Hoseok zu erkennen. Immer war er voller positiver Energie und wenn ich am Verzweifeln war, hatte immer er mich wieder aufgebaut. Nie wieder würde ich nun seine beruhigenden Worte hören. Nie wieder würde ich seine zärtlichen Berührungen spüren. Nie wieder würde ich mich zu einem Verwandten flüchten können. Denn Hoseok war der letzte aus meiner Familie, der noch gelebt hatte.

Ich ließ meinen Kopf auf meine Knie sinken, schloss die Augen und weinte mir die Augen aus. Tief in mir fühlte ich tausende Messer, die mein Herz zerschnitten und wieder ließ ich bitterliche Schluchzer erklingen

Durch den Schmerz bemerkte ich nicht einmal Taehyungs Anwesenheit, bis dieser vorsichtig seine Hand auf meinen Rücken legte und hinter mir auf dem Sofa Platz nahm. Seine Bewegungen waren stockend, als müsste er selbst gegen Trauer kämpfen, was ich im Moment absolut nicht nachvollziehen konnte.

Schließlich war er der Mörder meines Cousins.

"Jungkook...was hast du?", fragte er mit leiser Stimme. Die Tiefe hätte mich längst in die rosarote Welt gezogen, aber die Situation verhinderte es. Langsam drehte ich mich zu ihm um, dabei versuchte ich, weniger zu weinen. In meiner Hand lag das Foto und mit noch immer zitternder Hand reichte ich es ihm. Mein Freund betrachtete es, zog grübelnd die Augenbrauen zusammen und spannte schließlich sein Kiefer an.

Während ich ihn so betrachtete, bahnte sich großer Hass auf ihn an. Er war hieran schuld, er war allgemein an meinen ganzen Problemen schuld und ich spürte dies zu deutlich. Wenn ich könnte, würde ich ihn foltern, seine Augen auskratzen, ihn umbringen. So sehr hasste ich ihn in diesem Moment. Doch war mir die Genugtuung nicht gegönnt und ich musste in meiner Rolle bleiben.

"Wer ist das? Und warum hast du ein Bild von euch beiden?", fragte er, zwang sich erfolglos dazu, ruhig zu bleiben. Es war zu meiner eigenen Verwunderung jedoch keine Eifersucht in seiner Stimme, sondern etwas anderes. Panik womöglich?

"Das...i-ist Hose-...Hoseok...", begann ich unter Tränen und biss die Zähne zusammen. Reiß dich zusammen, Kookie. Du darfst dir nichts anmerken lassen.

"M-mein Cousin, bei d-dem ich...aufwuchs. Er...ist h-heute..." Wieder brach ich ab und holte tief Luft, bevor ich mit bröckelnder Stimme den Satz beendete. "Er ist heute...erm-...ermordet w-worden..."

𝐆𝐨𝐨𝐝 𝐨𝐫 𝐋𝐨𝐯𝐞?│ᴛᴀᴇɢɢᴜᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt