𝓝eununddreißig

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𝓣aehyung

Bevor ich den Schlüssel hervorzog, rieb ich mir noch einmal erschöpft die Nasenwurzel und atmete tief aus. Der Tag war wieder wahnsinnig anstrengend gewesen, was auch kein Wunder war, wenn man - bis auf Yoongi - anscheinend nur mit Idioten zusammenarbeitete. Besonders heute war es wieder wirklich spät geworden und ich vermisste meinen Freund so sehr, weshalb ich dann doch die Tür aufschloss und hineintrat.

Normalerweise lief mir ein fröhlicher Jungkook entgegen, der mich mit einem Kuss begrüßte und vielleicht sogar Essen mitgebracht hatte. Er kochte selten, aber wenn ich mal später nach Hause kam, dann hatte er trotzdem immer etwas vorbereitet. Das war heute jedoch nicht der Fall.

Nachdem ich jeden Raum mindestens zweimal überprüft hatte, musste ich mir wohl eingestehen, dass er nicht da war und das machte mich wütend. Er musste mir immer Bescheid sagen, wenn er irgendwo hinging und dass er nicht arbeiten war, war um 20 Uhr abends offensichtlich, denn da hatte dieses Café bereits geschlossen. Ich zog mir also mein Jackett aus, hängte es über die Lehne des Sofas und ließ mich selbst auf dem Polster nieder, während ich wartete, dass er nach Hause kam.

Natürlich konnte ich nicht wissen, wie lange es dauerte und vor allem ignorierte er meine Nachrichten, die ich ihm schickte, aber er würde niemals meine Geduld überstrapazieren und mich zu lange warten lassen. Deshalb versuchte ich innerlich Ruhe zu bewahren, was mir deutlich schwerfiel, vor allem weil der Zeiger der Uhr in unserem Wohnzimmer mich an jede verstreichende Sekunde erinnerte.

Irgendwann hörte ich Schlüssel klimpern und die Haustür sich öffnen, doch ich regte mich nicht, blieb einfach auf dem Sofa sitzen, wohlwissend, dass Jungkook mich bereits sehen konnte. Seine Schritte verstummten auch augenblicklich, es hörte sich an, als ließe er eine Tasche zu Boden sinken, ehe er mir dann doch näherkam. Mein Blick war weiterhin auf meine verschränkten Hände über dem Tisch gerichtet und aus dem Augenwinkel sah ich seine Füße, bevor sich eine seiner Hände auf meinen Rücken legte.

"Tae, da bist du ja."

Diese Worte brachten aus irgendeinem Grund das Fass zum Überlaufen, ich schlug seine Hand von mir und stand auf, damit ich ihn überragen konnte. Seine Augen weiteten sich erschrocken, ich bemerkte seine leicht feuchten Haarsträhnen in der Stirn und im Nacken und dass er nicht dasselbe Shirt wie heute Morgen trug. Es war vermutlich absurd, das zu denken, aber ich wurde augenblicklich eifersüchtig.

"Wo warst du?!", fuhr ich ihn dann also direkt eine Spur zu harsch an, worunter er merklich zusammenzuckte.

"I-Ich war mit Jimin beim Sport." Seine Stimme klang schon jetzt so schwach, was entweder an meiner Art oder seinem schlechten Gewissen liegen könnte, denn diese Ausrede war ebenso schwach.

"Ach. Und das soll ich dir glauben?"

Jungkooks Augen weiteten sich betroffen noch ein Stück mehr, als er langsam zu realisieren schien, was ich vermutete. Er schüttelte hektisch den Kopf und griff nach meinem Arm, den ich ihm allerdings direkt entzog. "Tae, so ist das nicht. Denkst du wirklich, ich würde dich betrügen?"

Ich lachte einmal hämisch auf und entfernte mich weiter von ihm, ging stattdessen in die Küche, doch die Schritte hinter mir verrieten, dass er mir folgte. "Wie könnte ich das nicht glauben? Du sagst mir immer Bescheid, wenn du irgendwo hingehst und sei es nur zum "Sport"." Ich setzte dieses Wort demonstrativ noch mit meinen Fingern in Anführungszeichen.

"Aber Tae, ich war wirklich dort! Ich habe nur die Zeit vergessen, ehrlich!"

Ich drehte mich zu ihm und musterte seine beschämt nach unten blickende Erscheinung und wollte gerade beinahe schwach werden, wenn ich diesen unterwürfigen Anblick vor mir so sah. Doch das durfte ich nicht, er durfte nicht mit mir spielen und er sollte ruhig wissen, dass er mich verletzte. "Ich bin enttäuscht, dass du mich anlügst, Jungkook."

Bei dem Klang seines vollen Namens schnellte sein Kopf wieder nach oben, seine Augen glänzten bereits verdächtig und es stellte sich mir die Frage, seit wann er so schnell emotional wurde. Allerdings könnte das auch nur ein Schauspiel sein, weshalb ich das mit einer gleichgültigen Miene abtat. Dieses Mal ließ ich es zu, dass er meinen Arm zu fassen bekam, an dem er leicht verzweifelt rüttelte und erwiderte: "Ich lüge nicht, Tae! Ich liebe dich, das weißt du doch!"

"Weiß ich das? Bis vor Kurzem hast du es mir nie von dir aus gesagt."

Meine Worte waren vermutlich wie ein Schlag ins Gesicht, das sah ich ihm an. Überrumpelt ließ er meinen Arm los, was mein Stichwort war, nun zu gehen. Ich ging wieder ins Wohnzimmer und holte mein Jackett, steuerte dann die Wohnungstür an, vor der ich mir die Schuhe anzog. Jungkook hatte anscheinend aus seiner Starre zurückgefunden und kam ebenfalls in den kleinen Flur, der unsere Garderobe darstellte.

"Tae, wo willst du denn jetzt hin? Bitte, bleib hier."

Ich warf ihm noch einen letzten Blick zu, der vermutlich Bände sprach und Jungkook zurückweichen ließ. Mir entkam keine Antwort mehr, ich wusste selbst nicht so recht, was ich tat, ich wusste nur, dass ich jetzt von ihm wegwollte. Und das tat ich dann auch, drehte mich wortlos um und verließ unser Apartment, ohne auch noch die Worte zu vernehmen, die mein Freund mir verzweifelt hinterher rief.

𝐆𝐨𝐨𝐝 𝐨𝐫 𝐋𝐨𝐯𝐞?│ᴛᴀᴇɢɢᴜᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt