Feel It Still

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Feel It Still (Titel by Portugal.The Man)

"Hello meine Schönste! Cool, dass du's noch geschafft hast," Stella Kidd freute sich wirklich aufrichtig ihre Freundin im Molly's begrüßen zu können, auch wenn sie sich fragte was heute bloß so lange gedauert hatte.

Das war aber nun egal, Hauptsache endlich jemand bei dem sie sich darüber auslassen konnte wieviel Stress es ihr machte, dass ihr Chef, Wallace Boden von der 51. Feuerwehrwache, sie zu einem Führungsseminar schicken wollte. Das hatte er ihr heute unterbreitet. Und zudem gab es noch Einiges an allgemeinem Klatsch und Tratsch, den sie unbedingt mit Rianne teilen und besprechen musste.

Stella lehnte sich enthusiastisch über die Bar und küsste beide Wangen der langbeinigen Frau mit den leicht lockigen Haaren, die sich danach auf ihrem favorisiertem Barstuhl niederließ. Rianne saß für gewöhnlich am Ende der Bar, wo sie sich mit Stella unterhalten konnte, wenn diese nicht zu viel zu tun hatte und von wo aus sie den Eingang im Blick hatte. Ein weiteres Plus dieses Platzes war die Nähe zu den Toilette, was ganz praktisch sein konnte wenn man etwas zu viel getrunken hatte. Stella liebte, dass die andere Frau so an ihren praktischen Gewohnheiten festhielt.
Manchmal half Rianne Stella und ihrem Kollegen Christopher Hermann auch aus, indem sie Barschichten übernahm. Sie war mit vielen Talenten gesegnet und Kunden wussten ein frisches Gesicht, welches ihnen Drinks servierte, stets zu schätzen. Außerdem war sie eine ausgebildete Sozialarbeiterin und beinahe Therapeutin, weshalb die Gäste auch ihre Zuhörerqualitäten und Ratschläge liebten.
Ohne zu fragen was sie bestellen wollte, platzierte Stella einen Tequila vor Rianne, zusammen mit einem vollen Glas Bier, frisch vom Fass. Rianne warf ihr eine Kusshand zu:

"Kommt Kelly heute Abend auch?" fragte sie.
Stella winkte ab und lachte: "Nein, der hat die Grippe."
Rianne rollte mit den Augen und betrachtete sie mitleidig. Sie wusste genau, dass Stellas langjähriger Freund im kranken Zustand absolut unausstehlich war.
Obwohl er ein hartgesottener Feuerwehrmann und Leutnant des Squad Teams bei 51 war, der bei jeder Verletzung im Job so tat als würde sie ihm nichts ausmachen und es dann ohne jegliche Klage hinnahm, konnte ein simpler Husten ihm, und letztlich auch Stella, mehr als alles andere zusetzen.
"Genau, du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr ich mich auf diese Schicht gefreut habe. Ich habe sogar die nächsten zwei Abende mit Hermann getauscht."
Sie brachen in Gelächter aus.
Stella quatschte und servierte gleichzeitig Drinks, machte ein paar Scherze mit anderen Freunden und nahm sich einen Moment Zeit die Meute zu betrachten, die sich, wie immer an einem Freitagabend, hier versammelt hatte.
Die meisten von ihnen waren im Rettungsdienst tätig, also war jeder hier alltäglich mit kleinen und größeren Katastrophen konfrontiert. Sie alle kannten die Turbulenzen und Schwierigkeiten der Einwohner von Chicago und versuchten nebenbei ihr Privatleben zu managen. Es tat gut zusammenzukommen und sich zu erholen, nach Tagschichten, Nachtschichten, 24-Stunden- Schichten, einen zu trinken, zu lachen, zu flirten, zu reden oder einfach nur schweigend hier zu sitzen.
Im Gegensatz zu Menschen, die in anderen Bereichen tätig waren, musste man einfach weniger erklären. Jeder hatte eine ungefähre Ahnung davon, was der jeweils andere tagtäglich durchmachte.
Stella und Rianne hatten sich vor vier Jahren kennengelernt. Sie waren beide in einen Fall involviert gewesen, bei dem 51 zwei obdachlose Jungen aufgegriffen hatte, mit denen Rianne zu diesem Zeitpunkte arbeitete. Sie waren über das Schicksal von Kindern in dieser Stadt ins Gespräch gekommen und der Rest, wie man so schön sagt, war Geschichte.
Obwohl sie aus sehr unterschiedlichen familiären Verhältnissen kamen, hatten sie sich auf Anhieb super verstanden, teilten eine Leidenschaft fürs Ausgehen und Tanzen, trafen sich zu Kochabenden oder um einfach in ihren jeweiligen Behausungen mit einem Bier und einem Film entspannt zusammenzusitzen.
In den vergangenen Jahren hatte es diverse Familien-, Männer und sonstige Dramen gegeben, die zur Festigung ihrer Freundschaft beigetragen hatten. Stella liebe Riannes Aufrichtigkeit, ihre Direktheit und ihren Pragmatismus, ebenso wie ihre Besonnenheit. Es glich ihre eigene Impulsivität gut aus. Und unter der harten Schale hatte ihre Freundin ein Herz, das so sanft und groß war, wie man es sich nur vorstellen konnte.
"Oh schau an, da kommt der nettere der beiden Halsteads," rief Rianne ein wenig später und begrüßte den rothaarigen Doktor, der aus dem Nichts an der Bar aufgetaucht war.
Zumindest hatte Stella ihn nicht hereinkommen sehen, da sie völlig in ihr Gespräch mit Rianne vertieft gewesen war.
"Warum der nettere Halstead?" lachte Will Halstead mit seinen stets funkelnden, tiefbraunen Augen und gab Rianne einen Begrüßungskuss. Dann nickte er Stella mit einem Augenzwinkern zu.

Our Scars (German Version)Where stories live. Discover now