I Know Places / The Water

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I know Places / The Water (Titel by Lykke Li / Bell Mt.) 

***

Wie geht's dir und deinem Ehemann?

Meinem Ehemann? Warum sagst du das? Wer ist das denn?

In letzter Zeit mal Jays Profilbild gesehen? Ihr zwei seht für mich ziemlich verheiratet aus!

Rianne grinste vor sich hin, als sie diesen Chat mit Stella fand, während sie bei ihrem Zwischenstopp in Miami ihre Nachrichten durchging, um zu sehen ob es irgend etwas Wichtiges gab. Es war 7 Uhr morgens am 4. Januar. 
Jay war ziemlich mit seinem eigenen Handy beschäftigt, während sie aufs Boarding warteten. In nur ein paar Stunden würden sie wieder Zuhause sein. 
Rianne hatte gemischte Gefühle was das anging. Allein der Gedanke daran, dass sie am Montag wieder getrennt voneinander zur Arbeit gehen mussten, erfüllte sie bereits jetzt mit unglaublicher Trennungsangst. 
Je näher sie Chicago kamen, desto angespannter wurde Jay. 
Rianne versuchte sehr sich zusammenzureißen und ihm gegenüber nicht die Augen zu verdrehen, weil er ganz businesslike auf seinem Handy herumtippte, ein ernstes Gesicht aufgesetzt, als ob er bereits wieder an einem neuen Fall arbeitete. Sie fragte nicht um was es ging, spürte aber ein kleines Ziehen in der Brust. 
Sie wollte so sehr, dass er an seiner Entspannung und Ruhe festhielt, und nicht einen Salto rückwärts machte, sich sofort nach der Landung wieder in einen Workaholic verwandelte. 
Zumindest hatte er das Profilbild, auf das Stella mit ihrer Nachricht von vor ein paar Tagen angespielt hatte, noch nicht wieder geändert. 
Ein Bild auf dem sie sich über seine Schulter lehnte und diese von unten gepackt festhielt. Ihr Gesicht war teilweise verdeckt von ihrer zerzausten und nassen Mähne, während sie ihm einen Kuss auf die Unterseite seines Kinns drückte. Jay lächelte dabei in seine Kamera, Haare ebenso wild abstehend, die Nase gegen die Sonne gekräuselt. 
Rianne fragte sich wann sie aufhören würde so unglaublich verliebt in sein glückliches Gesicht zu sein...


***

"I know places we can go babe. Where the highs won't bring you down babe. No the highs won't hurt you there babe. Don't ask me when, but ask me why. Don't ask me how, but ask me where. There is a road, there is a way. There is a place, there is a place..."

(Lykke Li "I know places")

Ich bin so froh, dass ich dir alles über meine Ängste gestanden habe. Weil du sie nicht gegen mich verwendest. Wenn das überhaupt möglich ist, sind sie eher noch ein Grund mehr für dich, mich zu beschützen. Sobald das Gespräch am Frühstückstisch wieder auf die Baby-News zu sprechen kommt, nimmst du meine Hand und drückst sie unterm Tisch. Du bist hier, an meiner Seite. Ich weiß, dass du möchtest, dass ich mich mit meinem Vater vertrage, also mache ich das. Weil ich weiß, dass du recht hast, und weil ich deine Meinung teile, dass man sich nie im Streit von jemanden, den man liebt, trennen sollte, wie verzwickt es auch sein mag, auch wenn man nicht weiß wie die Lösung aussehen wird. Und ich weiß, dass du diese Lektion, genau wie ich, auf eine bittere Art und Weise gelernt hast.
"Ich bin nicht länger ein Kind in einem dysfunktionalen Zuhause. Ich bin erwachsen und habe die Fähigkeit meine eigenen, gesunden Entscheidungen zu treffen, Grenzen zu ziehen und das Leben zu leben, was ich mir erschaffe." 
Du lachst mich nicht aus, als ich dieses Therapie-Mantra halblaut vor mich hinsage, bevor ich zu meinem Vater gehe und mich dafür entschuldige letzte Nacht überreagiert zu haben, und dass ich ihm und Inés natürlich Gesundheit und Glück wünsche und ich mich schon irgendwann an den Gedanken gewöhnen werde. Und dass ich sie am Neujahrsabend dann am Strand wiedersehen werde.

Our Scars (German Version)Where stories live. Discover now