Oats In The Water

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Oats In The Water (Titel by Ben Howard)

Mitten in der Nacht nach Hause zurückzukommen, wenn man gerade einen großen Kriminalfall gelöst hatte, nur um dann gezwungenermaßen in sein eigenes Haus einbrechen zu müssen, war ein wenig absurd. Zumindest Jay fand das. Entweder funktionierte das automatische Schloss nicht richtig, oder seine Freundin hatte es irgendwie geschafft die Einstellungen komplett durcheinander zu bringen, was durchaus vorstellbar war. Als er stattdessen also mit dem mechanischen Schloss herumfummelte, um zumindest durch das Eisentor zu kommen, löste Jay versehentlich für eine Sekunde die Alarmanlage aus, was er seinerseits mit diversen Schimpfworten kommentierte. Vielleicht hätte er doch einfach direkt klingeln sollen. Aber es war fast 2 Uhr nachts und er hatte Rianne überraschen wollen, auch wenn er sich nur zu ihr ins Bett geschlichen und sie am nächsten Morgen mit einem dicken fetten 'Ich bin zurück!' Grinsen auf dem Gesicht geweckt hätte. Oh Mann, er konnte es kaum erwarten sie wiederzusehen!Es fühlte sich noch ein wenig seltsam an: Hierher zu kommen, anstatt in seine alte Wohnung. Als ob er irgendwie einen Teil seines Lebens übersprungen hätte, da er das Kapitel mit der Schlüsselübergabe nicht selber abgeschlossen hatte. Und wann in seinem Leben hatte Jay bitte jemals ein Haus gehabt, in das er hatte zurückkehren können? Noch dazu ein Haus, das ihm und seiner Freundin gehörte? Es fühlte sich wirklich verdammt erwachsen an. Als er es schließlich geschafft hatte auch das zweite, leicht klemmende Schloss zu knacken, die Tür ohne zu viel Knarzen zu öffnen und zu schließen, knallte Jay mit voller Wucht mit seinem Gepäck gegen sein Motorrad, das scheinbar immer noch im Flur geparkt war, und dadurch beinahe umfiel.

"Scheiße!" fluchte er durch zusammengebissene Zähne, und stieß sich das Schienbein an einigen unnachgiebigen Metallteilen, als er versuchte die Maschine im Dunkeln wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

"Ich dachte Mitglieder von Intelligence wären geschickt und unauffällig?"Auf einmal war der ganze Raum erleuchtet und diese sarkastische Bemerkung erklang von der oberen Etage. Nachdem er sich vom ersten Schock, erwischt worden zu sein, erholt hatte, musste Jay direkt ein amüsiertes Lachen unterdrücken, als er die witzige Gestalt auf dem Treppenabsatz bemerkte, die ihn mit einem hoch erhobenen Baseballschläger beobachtete. Was noch witziger war, war dass es so aussah, als handele es sich um seinen Kinderbaseballschläger, der, als er ihn das letzte Mal gesehen hatte, in irgendeiner Umzugskiste gesteckt hatte.

"Und ich denke, du würdest heiß aussehen mit einer Pistole heiß!"

Jay enthedderte seine Tasche von dem sturen Motorradlenker und begann die Treppe hochzulaufen,  behielt Rianne dort oben im Auge, von wo sie ihn aufgrund seiner Waffen-Anspielung böse anfunkelte:

"Nur über meine Leiche!" brachte sie krächzend hervor, aber um ihre Mundwinkel zuckte es verräterisch.

Je näher Jay ihr kam, desto schneller schlug sein Herz. Es war wirklich wahr: Er hatte sie wieder! Diejenige, zu der er nach Hause kommen wollte, immer, jedes verdammte Mal!

Ihrem gemütlichen Outfit nach zu urteilen hatte sie wohl schon geschlafen, aber ihre großen blauen Augen leuchteten trotzdem strahlend hell und beobachteten ihn genau, als er immer weiter auf sie zukam, bewegten sich nicht, bis er direkt vor ihr stand.

"Krieg ich trotzdem eine anständige Begrüßung?" fragte Jay fast ein wenig schüchtern.

Rianne ließ den Baseballschläger zu Boden knallen und flog ihm quasi in die Arme. Sie umarmte ihn so fest, dass er fast keine Luft bekam. Aber das war ihm scheißegal! Er brauchte das nämlich genauso sehr wie sie scheinbar.

"Das fühlt sich sogar noch besser an als ich es mir vorgestellt habe," murmelte Jay in Riannes Haare und atmete tief ihren süßen, frisch gebadeten und heimeligen Duft ein. Es hätte ihm gereicht einfach für immer in den Armen dieser Frau zu verharren."In Echt bist du noch viel schöner, babe!" Ein Anblick, der den ganzen Aufwand und Ärger der Umbuchung seines ursprünglichen Flugs wert war, ebenso wie die unmögliche Uhrzeit und die ganzen zwei Wochen, die er hatte warten müssen, um sie wieder ganz für sich zu haben.

Our Scars (German Version)Where stories live. Discover now