Back To Black

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Back To Black (Titel by Sam Fender) 

Jay hatte ständig auf sein Handy geschaut, denn er machte sich Sorgen, weil Rianne und Nate alleine zusammen waren.

Sich wieder auf der Arbeit einzufinden und sich in neue Fälle einzulesen, hatte ihn bis zu einem gewissen Grad abgelenkt.Als er dann aber mit Will beim Herrenschneider gewesen war und sie ihre Anzüge anprobiert hatten, war er komplett unkonzentriert gewesen und hatte sich deswegen einen Rüffel von seinem Bruder eingefangen. Will nannte ihn einen alten Schwarzseher. Jay aber hatte einfach kein gutes Gefühl dabei. Nicht weil er seiner Freundin (was sich immer noch ein wenig ungewohnt anhörte) nicht vertraute. Er vertraute Nate nicht. Kein bisschen. Der jüngere Ruzek hatte nicht besonders gesund ausgesehen, so wie man es nach all der Zeit vielleicht gehofft hätte. Er wusste jedoch, dass Rianne es ihm nicht verziehen hätte, wenn er gegen ihren ausdrücklichen Wunsch dort aufgekreuzt wäre. Aber einfach nur herumzusitzen und auf das Endergebnis zu warten war so beschissen, dass Jay kurz davor war den Verstand zu verlieren."Es wird schon gut ausgehen, Jay. Sie wird das mit ihm klären!" Will versuchte ihm zum hundertsten Mal mit Vernunft zu kommen, seit er erzählt hatte was los war. Sie waren nach ihrem Termin in Jays Wohnung zurückgekehrt. Zunächst hatte er diese ein wenig entstauben müssen, nachdem er so lange nicht hier gewesen war. Jay hatte auch seine Post geöffnet, aber dann hatte es irgendwie nichts mehr zu tun gegeben, was ihn ablenken konnte, also war Will dankenswerter Weise bei ihm geblieben. "Was wenn nicht? Was wenn ich einfach wieder mal Pech habe?" Jay hatte nicht geahnt, dass sein Misstrauen in sein Beziehungsglück so schnell losgetreten werden könnte, aber scheinbar schon. Vor einer halben Stunde hatte Rianne ihm endlich geschrieben, dass sie jetzt zu ihm kommen würde. Keine Informationen darüber, was sich zugetragen hatte oder so. Er kam nicht umhin ein bisschen sauer zu sein. Ob es auf sie oder Nate, die Situation an sich oder die Tatsache, dass er nichts dagegen tun konnte war, wusste er nicht so genau. Als es also schließlich an der Tür klingelte, sprang Jay schnell von der Couch auf, wo er mit Will gesessen und zur Beruhigung ein Bier getrunken hatte. Er drückte Rianne auf und blieb an der Wohnungstür stehen bis sie oben war und riss dann schockiert die Augen auf als er sie erblickte. Was zum Henker...?"Können wir eine Weile bei dir unterkommen?" Sie klang ein wenig außer Atem und hatte ihren Rucksack, einen Koffer und Límon in einem Katzenkäfig bei sich. "Da ist noch mehr im Auto, und ich hab auch alle deine Sachen mitgebracht...," gab sie schuldbewusst zu, als sie bemerkte wie Jay ihr Gepäck anstarrte. "Äh, klar, was ist passiert?" Sein neugieriger Bruder war inzwischen auch zur Tür gekommen und schaute dem Spektakel zu. Höflich wie immer, begrüßte Rianne ihn erst einmal, bevor sie das alles erklärte:

"Hi Will..."

"Hallo mein Engel!" Will lächelte sie charmant an, küsste ihre Wangen und nahm ihr den Koffer ab. Jay warf seinem Bruder einen verärgerten Blick zu. Er konnte es doch einfach nicht lassen mit der Flirterei. Nachdem sie hereingelassen worden war und ihre Sachen abgestellt hatte, sprudelte es aus Rianne nur so heraus: "Ich hoffe das ist okay für dich? Sonst hätte ich mit Casey, Severide und Stella zusammenquetschen müssen, da in Hermanns Haus gerade Bettwanzen sind. Ich wäre sonst in Stellas Einliegerwohnung gezogen, da sie sowieso die meiste Zeit bei Kelly ist!" "Nein! Willst du mich verarschen?" Jay fand es gar nicht okay, dass sie auch nur darüber nachgedacht hatte bei irgendwem anders als bei ihm unterzukommen. "Du kannst solange bleiben wie du willst. Ich möchte überhaupt nicht, dass du woanders hingehst!" Er ließ ein wenig von seinem vorherigen Ärger fahren und drückte Rianne fest an sich. Er sollte ihr hoch anrechnen, dass sie in der Tat zu ihm zurückgekommen war, sagte er zu sich selbst, war aber immer noch angespannt. Es war schwer zu warten bis sie mit der ganzen Geschichte herausrückte, warum sie überhaupt das Bedürfnis verspürt hatte auf der Stelle aus ihrer eigenen Wohnung auszuziehen. "Hast du also nicht das Gefühl, dass du etwas Abstand brauchst, nachdem wir die ganze letzte Woche aufeinandergehockt haben?"Sie sagte es scherzhaft, aber Jay wusste, dass es da auch eine gewisse Unsicherheit in ihr diesbezüglich gab. "So komisch es sich auch anhören mag: ich brauche überhaupt keinen Abstand von dir!" "Komischerweise geht's mir da genauso." Rianne zog seinen Kopf zu sich herunter, um ihm einen erleichterten Kuss zu geben. "Ich werde mich jetzt kurz übergeben, nachdem ich das grade mitgekriegen durfte! Ich komm mir vor wie in einer Telenovela. Und ich hab immer gedacht ich wäre der Schmeichler in der Familie," stöhnte Will, und erinnerte sie daran, dass er auch noch da war.Rianne sank auf einem Küchenstuhl nieder, nahm dankbar die Bierflasche entgegen, die Jay ihr anbot, und brachte sie dann auf den neusten Stand wie ihr 'Gespräch' mit Nate gelaufen war. Jay war auf der Stelle stocksauer und konnte kaum still sitzen bleiben. Er lief bereit zum Angriff wie ein Tiger auf und ab. Was dachte sich dieser Kerl eigentlich? "Hat er dir weh getan?" Das war sein erster Gedanke.Rianne sah körperlich unversehrt aus und schien auch relativ gelassen ob des ganzen Dramas. Sie erzählte ihnen auf eher sachliche Art was Nate von sich gegeben hatte. Mehr als alles andere, schien sie überrascht und ungläubig darüber zu sein. "Nein! Er hat mich geküsst, aber ich habe ihn abgewehrt!" "Dieser Hurens... ich werd ihn umbringen!" Der heiße Wutball, den Jay sehr gut kannte, rollte schnurstracks durch seinen Körper. Er war kurz davor die Wände hochzugehen. Wie konnte es dieses Arschloch wagen Hand an seine Freundin zu legen? Wie konnte er es wagen sich so zu verhalten, dass sie sich gezwungen fühlte aus ihrem Eigenheim zu fliehen? Rianne warf ihm einen strengen Blick zu, bereit ihn zurückzuhalten wenn er auch nur einen Schritt weiter auf die Tür zu machte, um sich mit Nate anzulegen. Ihre Stimme war fest: "Jay, es wird alles gut und du wirst niemanden umbringen! Er sagt, dass er das aussitzen wird bis ich meine Meinung ändere. Ich hab gesagt, dass er sich eine andere Bleibe suchen muss als ich gegangen bin. Ich denke das sollte kein Problem sein. Seine Mutter ist Maklerin, also kann sie ihn was das angeht unterstützen, wenn er sich wieder eingekriegt hat. In der Zwischenzeit kann Nate von mir aus im Loft bleiben, aber ich werde dort sicherlich nicht sein, so lange er so wahnhaft ist. Ich hoffe, dass Adam ihn zur Vernunft bringen kann, oder dass er mit der Zeit einsehen wird, dass..." "Warte mal, wieso Adam?" Jay ließ sie nicht ausreden und blieb auf der Stelle stehen. "Ich hab ihn angerufen, damit ich mit meinem Kram aus dem Haus rauskonnte, ohne dass Nate mir die ganze Zeit hinterherrennt. Ich dachte als sein Cousin könne er ihn vielleicht in Schach halten." Jay hörte nichts Anderes außer, dass sie anstatt ihm seinen Kollegen angerufen hatte. Es war ihm egal, dass sein Bruder auch noch im Raum war, oder dass er sehr wahrscheinlich überreagierte, aber er konnte sich einfach nicht mehr bremsen und machte einen Schritt auf Rianne zu: "Moment, nur damit ich das richtig verstehe: Du hast mir gesagt, dass du keine Hilfe brauchst das zu regeln und dann rufst du Adam an?" Er hob beim letzten Teil des Satzes seine Stimme und sein ganzer Körper spannte sich an. "Ja, sicher hab ich das gemacht! Weil ich keinen Ritter in goldener Rüstung brauche, der mich vor dem feuerspeienden Drachen beschützt! Das hätte alles nur schlimmer gemacht, genau so wie wie ich es heute morgen schon gesagt habe! Und hör verdammt noch mal auf mich anzuschreien!" Jay hörte ihre Bitte, kam ihr aber nicht nach und entfachte den Streit noch mehr: "Warum lässt du ihn bitte bei dir Zuhause bleiben, wenn er sich dir gegenüber doch wie das größte Arschloch benimmt? Ich versteh das nicht, ich hätte ihn da rausgeschmissen!"Versuchte sie etwa heimlich ihr Zuhause so zu lassen wie es vorher gewesen war, falls es zwischen ihm und ihr nicht funktionierte? Jay war kurz davor sie genau das zu fragen, als sein Handy klingelte. Nachdem er heute erst wieder begonnen hatte zu arbeiten, konnte er den Anruf von Voight wohl kaum ignorieren, da er nicht unzuverlässig rüberkommen wollte. "Halstead," blaffte er ins Telefon und brachte Rianne mit einem Zeigefinger über dem Mund zum Schweigen. Sie hatte gerade noch etwas zu ihrer Verteidigung beitragen wollen, da war er sich sicher. So leicht würde sie sich natürlich nicht kleinkriegen lassen. Als er den kurzen Anruf beendet hatte, bereute er zwar das schlechte Timing, aber Voight musste persönlich etwas mit ihm besprechen, das nicht warten konnte:"Ich muss leider kurz weg, Voight braucht mich! Kannst du bei ihr bleiben bis ich zurück bin?" sprach er Will an, der perplex nickte. Jay wusste nicht, ob es aufgrund der Frage oder des Schreiduells war, das dieser gerade miterlebt hatte. "Ich brauche keinen scheiß Babysitter, Jay!" protestierte Rianne und ihre Augen erdolchten ihn ebenso wie seine gerade sie erdolcht hatten. "Ich glaube aber schon und nur zu deiner Info: Dieses Gespräch ist noch lange nicht beendet!" "Jay, wenn du jetzt da hinfährst und meinst dich mit Nate anlegen zu müssen, dann..." "Dann was?" Mit einem letzten hitzigen Blick in ihre Richtung nahm er seine Jacke und schlug die Türe hinter sich zu. Er hörte sie noch brüllen: "Ist das dein verfluchter Ernst?"Irgendwie war Jay Voight dankbar, dass er ihn angerufen hatte, sonst hätte er wahrscheinlich Dinge gesagt, die er nicht wirklich meinte und die er gar nicht sagen wollte. Er war einfach nur rasend vor Zorn und verletzt und verwirrt und fühlte sich vom Universum betrogen, weil nicht einmal alles einfach und friedlich laufen konnte. Gestern noch war er seit langem der glücklichste, zufriedenste und ruhigste Mensch gewesen.Nachdem er länger als ihm lieb war von allen herumkutschiert worden war, kletterte er in seinen eigenen Truck, schmiss die Schlinge verärgert auf den Beifahrersitz und fuhr selber zum Präsidium. Das körperliche Unbehagen, das er empfand als er seinen linken Arm benutzte, passte ganz gut zu dem Schmerz, den er in seiner Brust fühlte.

Our Scars (German Version)Where stories live. Discover now