You Do Something To Me

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You Do Something To Me (Titel by Skunk Anansie) 

Rianne betrachtete sich selber im Badezimmerspiegel, über dem großen weißen Porzellanwaschbecken.

Nasse Haare kringelten sich über ihren Schultern, Wassertropfen rannen über ihre nackten Brüste. Ihr Gesicht war sauber, freigeschrubbt von jeglichem Make-Up und ihre Augen auf ihr Spiegelbild fixiert. Klare blaue Pupillen schauten sie ernst an. Das hier war sie, genau jetzt: 32, Witwe, fast Mutter, Einzelkind, wildes Kind, eine Mischung aus Leidenschaft und Vernunft, Träumerin, Arbeitstier, Liebhaberin, Freundin, auf der Schwelle zu einem neuen Anfang. Zumindest fühlte es sich für sie nach einem an. Da war eine leere Stelle um ihren Hals und über ihrem Brustbein, wo seit vielen Jahren ein ständiger Begleiter gehangen hatte, genau genommen bis vor zwei Tagen.Es hatte sich komisch angefühlt ihn nicht zu tragen, aber auch okay. Sie hatte zumindest deswegen keinen Nervenzusammenbruch bekommen, also war es an der Zeit. Sie atmete tief ein und griff nach der kleinen schwarzen Schmuckschatulle, die auf der Ablage neben dem Spiegel stand, und nahm ein neues glänzendes, goldenes Schmuckstück mit einem Edelstein daran heraus. Es wog fast nichts, aber war so voller Bedeutung, dass es eine Tonne hätte wiegen sollen.Rianne zog es vorsichtig an, ließ ihre Finger über das kühle Metall der Kette und den kleinen tränenförmigen Smaragd-Anhänger wandern. Es sah komplett anders aus, aber sehr zart und wunderschön. Sie schloss für einen Moment ihre Augen und ließ ihren Atem durch ihren Körper wandern. Als sie die Augen wieder öffnete, trafen sich ihr und Jays Blick im Spiegel. Weder erschrak sie, noch zuckte sie zusammen. Irgendwie hatte sie seine Präsenz im Raum bereits gespürt. Rianne schämte sich ihrer Nacktheit nicht: da gab es nichts was er inzwischen nicht schon diverse Male gesehen und berührt hatte. Ihr Schweigen und Verharren schien er als Einladung anzusehen hinter sie zu treten. Ihre Augen hielten sich gegenseitig in der Spiegelfront fest."Ist Voight schon gegangen?" fragte sie als Jay fast bei ihr war. Es war komisch gewesen den gefürchteten Chef von Intelligence bei sich Zuhause zu haben. Aber er hatte Jay einen Besuch abstatten wollen. In diesem privaten Umfeld war er viel weniger furchteinflößend gewesen. Er hatte Rianne sogar angelächelt und ihr auf die Schulter geklopft, als sie ihm aufgemacht hatte, und irgendwas in der Richtung: "Gut von Ihnen, dass Sie ein Auge auf ihn haben, Kind!" gebrummt.Versichert, dass jemand eine Weile bei Jay sein würde, hatte sie sich zurückgezogen um ein Bad zu nehmen. Sie wollte die beiden Männer nicht stören, falls sie Vertrauliches zu besprechen hatten."Jepp, alles geklärt," Jay küsste ihre nackte Schulter und schlang von hinten seine Arme um ihre Taille."Musstest du für ihn strippen?" Rianne lächelte ein wenig, da Jay nur in seinen engen Boxershorts dastand und die Schlinge um seinen Arm abgenommen hatte. Die dicke Bandage auf seiner Schulter sah etwas derangiert aus."Nein," grinste er und seine Finger zeichneten sanfte Kreise auf ihren Bauch, wovon ihre Haut zu prickeln begann und ihr ein herrliches Ziehen durch den Unterleib fuhr.

Da war wieder dieses Knistern zwischen ihnen, endlich. Bisher waren ihre körperlichen Interaktionen, seit sie wieder Zuhause waren, ziemlich jugendfrei gewesen.

"Diese Schlinge bringt mich um! Ich hab sie den ganzen Tag getragen. Ich wollte mich eigentlich bettfertig machen. Könntest du mir vielleicht noch helfen den Verband zu wechseln?"

"Ja, klar!" nickte Rianne.

Nachdem sie die sterilen Wundauflagen geholt hatte, die sie aus dem Krankenhaus mitbekommen hatten, versuchte Rianne sehr behutsam die alte abzulösen, die noch immer Jays Verletzung bedeckte, und richtete ihren Blick dabei absichtlich ganz auf ihre Aufgabe.

Sie wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen, indem sie jede seiner Reaktionen auf Schmerz oder Unbehagen genau beobachtet hätte. Er blieb ganz still und ließ sie arbeiten, vertraute ihr. Als keine Lagen mehr übrig waren und sie die Haut um seine Wunde herum gereinigt hatte, starrte sie das sehr auffällige schwarze Loch direkt unter seinem linken Schlüsselbein an. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und ihre Hand begann leicht zu zittern. Sie fragte sich wie es sich wohl angefühlt haben musste, von einem metallenen Objekt durchbohrt worden zu sein, welches ihn hätte töten sollen. Wie sehr musste es weh getan haben, wie sehr tat es immer noch weh? Eine Träne rann über ihr Gesicht als ihre Finger über der hässlichen roten Narbe verharrten, die sich auf seiner Haut zu bilden begann, bevor sie eine neue Wundauflage zur Hand nahm und sie abdeckte. Es war ein weiteres Mahnmal auf seinem Körper, dass er dem Tod mehr als einmal entkommen war. Genau wie die zweite Narbe auf seiner Schulter, ein wenig höher als diese hier, wie die über seiner Hüfte und an seiner Kehle, die unzähligen kleinen Kratzer und bereits weißen Streifen von kleineren Unfällen im Job oder aus dem Krieg. Von Manchen konnte er noch nicht mal sagen, wie er sie eigentlich bekommen hatte.

Our Scars (German Version)Where stories live. Discover now