Our Scars (German Version)

Lay Your Head On Me

34

Lay Your Head On Me (Titel by Major Lazer, Marcus Mumford, Diplo)

"Wir können einfach ganz schnell verschwinden, vielleicht hat sie dich noch nicht gesehen," schlug Jay vor.

Das war auch Riannes erster Gedanken gewesen, einfach hier raus und abhauen, dieses unvermeidliche Treffen auf irgendwann später in der Zukunft verlegen, wenn sie sich darauf vorbereitet hatte. Aber jetzt wo er es laut aussprach wusste sie: Nein, sie würde sich nur schlechter fühlen, wenn sie jetzt kniff. Hatte sie ihm nicht gerade die Geschichte ihrer Namenspatin erzählt, die eine furchtlose Königin gewesen war? "Fühlt sich blöd und rückgratlos an und ist nicht so mein Stil. Es ist lustig, weil ich ihr heute Morgen noch geschrieben habe, ob sie nächste Woche Zeit hätte sich zum Lunch zu treffen. Dachte es wäre ein guter Plan erst mal mit einem Teil der Familie anzufangen und das Ganze Schritt für Schritt anzugehen!" Rianne seufzte und zögerte einen Augenblick, schaute zu Guilia und ihrer Begleitung, einem Mann, den sie noch nie vorher gesehen hatte. Sie ließen sich jetzt am anderen Ende des Restaurants an ihren Platz führen. Nicht weit genug entfernt, als dass sie sie nicht hätte entdecken können, wenn sie nur ein bisschen den Kopf gedreht hätte."Ich werd einfach da rüber gehen!" Rianne rüstete sich innerlich und drückte Jays Hand ein letztes Mal, immer noch unwillig von seiner Seite zu weichen. Jetzt würde sie wohl herausfinden, ob sie von Andreas Familienmitgliedern um ihrer selbst Willen geliebt wurde, oder nur weil sie seine Witwe war.Egal! Guilia war wahrscheinlich ihre beste Option, da sie sie immer am meisten gemocht hatte und die Offenste aus der ganzen Familie war. Aber sie war auch mit Nate befreundet, das könnte ein echtes Problem werden. Noch mehr Gründe dann alle Verbindungen zu kappen anstatt den Schmerz noch unnötig zu verlängern, wenn es dazu bestimmt war schiefzugehen. Rianne wusste noch nicht mal genau was sie ihr sagen würde.

***

Jay bezahlte und holte ihre Jacken und wartete dann an der Bar darauf, dass Rianne entweder mit ihm hier herausstürmen, oder ihm ein Zeichen geben würde, dass die Luft rein war. Er war ihretwegen und auch irgendwie seinetwegen, wirklich nervös. Jede Person, die etwas dagegen hatte, dass sie zusammen waren, war wie eine Herausforderung für ihre Liebe. Auf der anderen Seite machte sie jede geschlagene Schlacht stärker und brachte sie näher zusammen. Es war wie in einem Computerspiel Lebenspunkte dazu zu gewinnen. Er grinste bei diesem blöden Vergleich, der ihm in den Sinn kam.

Besorgt blickte er zu Rianne und der Frau herüber, die nun von ihrem Platz aufgestanden war als sie ihre Schwägerin (oder nannte man sich nicht mehr so, wenn der Ehepartner schon verstorben war?) gesehen hatte, und sie in ein liebevolles Küsschen-und-Umarmungs-Gehabe verwickelt hatte. So weit, so gut! Nun waren die beiden schon eine ganze Weile in ein Gespräch vertieft und gestikulierten wild herum. Jay wusste nicht was das zu bedeuten hatte. Er vermutete, dass es immer noch als freundlicher Austausch gelten konnte, wenn sie Italienisch sprachen. Rianne stand mit dem Rücken zu ihm, so dass er nichts von ihrem Gesicht ablesen konnte. Endlich drehte sie sich zu ihm um und ihre Augen fanden ihn schnell. Sie winkte ihn zu sich heran, ein kleines Lächeln auf den Lippen. Eine Last fiel von seinen Schultern, als er eilig zu dem Tisch im hinteren Bereich schritt. "Jay? Das sind Guilia und ihr Date...""Tate!" stellte die Frau mit der geradesten Nase, die er jemals gesehen hatte, ihre Begleitung vor, einen blondgelockten Football-Spieler Typen, der ein wenig verloren aussah. Wahrscheinlich hatte ihn die Begegnung der beiden Frauen ein wenig verblüfft. Was auch immer die beiden besprochen hatten, Tate sah jedenfalls vollkommen ahnungslos aus. "Hi, ich bin Jay. Schön Sie kennenzulernen!"Jay schüttelte erst Guilias Hand und dann Tates, versuchte ruhig und gefasst rüberzukommen. Er bemühte sich ins Gedächtnis zu rufen, dass das hier ja noch nicht so war wie die Eltern kennenzulernen, aber trotzdem... Er erkannte Guilias Gesicht jetzt von Nates Geburtstagsfete. Sie sah aus wie Schneewittchen mit diesem perfekt blassen Teint und den langen schwarzen, superglatten Haaren, die Lippen in einem geschmackvollen Dunkelrot angemalt. Er merkte nicht, dass er von ihr ebenso intensiv gemustert wurde, aber nach einer kurzen Weile, stieß sie gegen Riannes Schulter und nickte ihr anerkennend zu. Ihre Stimme war tief und rauchig als sie sagte:"Che mi venga un colpo! Che bel ragazzo!" Guilias graue Augen weiteten sich einmal mehr. Rianne lachte und streckte sich nach Jay aus, der sie sofort an seine Seite nahm. Nicht sicher, was sie gesagt hatte, aber überzeugt, dass es freundliches Necken gewesen war, ließ er seine Hand zu Riannes Hüften wandern und sie legte ihre darüber, hielt sich daran fest. Das hier fühlte sich jetzt wirklich nach einem ersten Date an, inklusive Lampenfieber.