Our Scars (German Version)

Security Check

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Security Check (Titel by Sophie Hunger) 

Wenn sich Vorahnungen und Vermutungen bestätigten, war das nicht immer so zufriedenstellend wie zu einem Freund, mit dem man vielleicht Meinungsverschiedenheiten gehabt hatte, sagen zu können: "Siehst du? Ich hatte von Anfang an recht!" Im Gegenteil. In diesem Fall war es einfach nur desillusionierend und verstörend. So hatte sich Rianne ihren ersten Urlaub mit Jay nicht vorgestellt. Ihr erster großer Urlaub in einer neuen Beziehung, hätte nicht so starten sollen. Sie hätte nicht alleine zum Flughafen fahren und dabei fröhliche Weihnachtslieder im Radio hören sollen, so süß und harmonisch, dass ihr die Zähne davon schon weh taten.Rianne hätte gerne in Erfahrung gebracht, welches Jays Lieblingsweihnachtssong war, und wäre ihm dann furchtbar damit auf die Nerven gegangen, indem sie diesen dann laut und melodramatisch mitgesungen hätte. Sie hätte nicht nur denken sollen, dass es merkwürdig war jetzt noch in ihren dicken Wintermantel gehüllt zu sein, ihre Füße in UGG Boots gehüllt, ein Filzhut auf ihrem Kopf, wenn man sich bereits darauf freute am nächsten Tag in einen Pool zu springen, und von da an den restlichen Urlaub wahrscheinlich in Flip Flop zu verbringen. Sie hätte gerne Jays amüsiertes Lachen gehört, wenn sie diese Gedanken mit ihm geteilt hätte, und gewollt, dass er ihr sagte, dass er sich auf ihren Anblick im Retro-Bikini freute. Es wäre schön gewesen vor dem Check-In Schlange zu stehen, gegen seine imposante Statur gelehnt, mit ihm zu scherzen und zu flirten, während sie Leute beobachtetet und ganz langsam all den Stress und die Hektik der vergangenen Tage gemeinsam losgelassen hätten. Sie hätten das alles beim Sicherheitscheck zurücklassen sollen, und je näher sie dem Flugzeug gekommen wären, hätten sie Sorge für Sorge abgeworfen: Bei einem späten Abendkaffee in einem der überteuerten Starbucks Verschnitte, oder bei diversen ungesunden Snacks, während sie sich über Jay lustig gemacht hätte, da er sicherlich alles und jeden mit ernsten Detektivaugen in Augenschein genommen hätte. Während er sie sicher durch den Flughafen lenkte, einen Arm um ihre Mitte oder ihre Schultern gelegt. Weil er immer schon im Vorfeld wusste, wenn sie nicht guckte wo sie hinlief, und sie stets rechtzeitig zurückzog ehe sie in jemanden oder etwas hineinstolpern konnte. Weil Jay so was einfach tat: Er versuchte auszumerzen, dass sie manchmal ein richtiger Tollpatsch war. Rianne schlich förmlich den ganzen Weg bis zum Check-In voran, tat alles in Zeitlupe, um Jay alle Chancen der Welt zu geben sie doch noch einzuholen. Es erschien ihr selber dumm, aber etwas in ihr weigerte sich die Hoffnung aufzugeben. Auch wenn sie wusste, dass Hoffnung ein trügerisches Gefühl sein konnte. Jay hätte nur ganz schnell durch den Check-In gemusst, da sie zusammen einen großen Koffer gepackt hatten, den sie bereits ebenso dabei hatte, wie den zweiten mit allen Geschenken. Da Jay nicht anwesend war, hatte Rianne dafür eine extra Gebühr zahlen müssen, aber das wäre ihr egal, wenn sie ihn dafür am Ende des Tages doch an ihrer Seite hätte.Wenn er diesen Flug verpasste, dann würde er gar nicht kommen. Das wusste Rianne einfach. Eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf sagte ihr, dass sie ihn mehr hätte unter Druck setzen müssen, an sein schlechtes Gewissen appellieren, damit er für sie auf der Arbeit alles stehen und liegen ließ. Aber Rianne wusste, dass sie das aus mehreren Gründen nicht hatte tun können: a) Sie wollte niemals diese Art von Freundin sein: die Penetrante, Bedürftige, die jemanden um etwas bat.b) Zum Teil verstand sie warum Jay sich so verhielt, und dass er sich seiner Einheit und dem aktuellen Fall gegenüber verpflichtet fühlte, solange es eben dauerte ihn zu lösen.c) Er war ein erwachsener Mann und er brauchte sie nicht, um ihm zu sagen was er tun sollte oder um ihn zu überreden Dinge zu tun, die er offenbar nicht tun wollte. Zudem war sie nicht seine Therapeutin, die ihm gut zureden musste.d) Wenn er bis jetzt nicht begriffen hatte, wie wichtig dieser Trip für sie und für sie beide war, sagte das vielleicht eine Menge mehr über Jay aus, als sie bisher angenommen hatte. Rianne spürte, dass ihr Herz langsam eine schützende Mauer um sich herum baute, und je länger sie wartete, ohne dass er sie wissen ließ, was eigentlich los war, Ärger und Frustration in ihr hochstiegen.