Picture You

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Picture You (Titel by Mumford & Sons) 

"Wie spät ist es Jungs?"

"Nur fünf Minuten später als das letzte Mal, wo du gefragt hast..."

Stella ging Kelly und Matt schwer auf die Nerven, seit sie nach ihrer Schicht das Molly's betreten hatten. Nein, eigentlich schon seit Rianne ihr einen Hinweis darauf gegeben hatte, dass sie mit Jay heute Abend kurz vorbeischauen würde. Jetzt wartete sie seither gespannt darauf, dass die beiden hier zusammen erschienen. Sie wollte es mit eigenen Augen sehen und die Schwingungen dieser Entwicklung, über die sie so glücklich war, spüren. Jetzt war es schon viertel vor neun und sie waren immer noch nicht da. Die Bar wurde jede Minute voller, auch wenn es nur ein gewöhnlicher Dienstagabend war. Stella hoffte, dass sie nicht kneifen würden. "Benehmt euch einfach normal!" riet sie ihren Arbeitskollegen und Mitbewohnern / Freunden, die einander verwirrt anschauten. "Warum sollten wir uns denn nicht normal benehmen?" sagte Matt und nippte weiter an seinem Bier."Alter, hast du denn nicht das Memo bekommen? Ich bestimmt schon fünf Mal," Kelly schlug ihm auf den Arm. Er wusste wohl, dass ihm sein Sarkasmus Ärger einhandeln würde, aber er konnte einfach nicht anders. Stella wusste, dass Kelly dachte, dass sie sich albern benahm! "Welches Memo?""Sich normal zu benehmen und nicht auszuflippen und eine Szene zu machen, weil Halstead zurück von den Toten ist und Gerüchte darüber kursieren, dass er und Rianne jetzt offiziell ein Paar sind!" "Ach so, das Memo!" Matt spielte mit, stand auf und drückte ein paar Knöpfe auf der neusten Errungenschaft im Molly's: Einer altertümlichen Jukebox. "Ihr zwei seid unausstehlich!" schmollte Stella und begann ein paar Gläser zu säubern, um sich abzulenken. Als sie sich nach fünf Minuten umdrehte und kurz aufhörte sie in die Regale über der Bar einzusortieren, bekam sie mit, dass es am Eingang der Kneipe einen gewissen Tumult gab. Sie konnte vereinzelte Jubelrufe und aufgeregte Stimmen über den allgemeinen Geräuschpegel der Bar vernehmen. "Da sind sie!" quietschte sie aufgeregt. "Stella? Denk dran: Benimm dich normal!" Kelly zeigte streng mit dem Finger auf sie, bevor er wegen ihres aufgebrachten Gesichts in Gelächter ausbrach. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Eingang zu. Stella konnte an Riannes Outfit erkennen, dass ihre Freundin wegen heute Abend nervös gewesen war. Sie hatte sich 'bewaffnet', indem sie ihre Haare in einem hoch aufgetürmten Dutt trug, Leoparden-Haarband, hohe Keilabsatzschuhe mit Aztekenprint in den Mustermix integriert, rostfarbene Pluderhose und ein kurzer weißer Rippstrickpullover, machten es mehr zu einem Statement, als nur einem Outfit. Stella schüttelte lächelnd den Kopf.Im Kontrast dazu war Jay wie immer eher lässig und dezent gekleidet. Dunkelblaue, gut sitzende Jeans, graublauer unifarbener Pullover mit Rippenmuster, Lederjacke und schwere schwarze Stiefel. Aber er verblasste kein bisschen neben Riannes Erscheinung. Er konnte mit ihr mithalten, indem er sich einfach in dieser selbstbewussten, geraden Haltung neben ihr hielt. Genau wie Stella vor einigen Wochen vorausgesagt hatte: Miteinander gleichauf in einzigartiger und ungewöhnlichen Weise.Jay sah viel sortierter, gesünder und generell besser aus als letzte Woche im Med. Seine Haut war rosiger, nicht mehr so aschfahl, ein bisschen mehr als ein Dreitagebart bedeckte seine Wangen. Seine Augen sahen ausgeruht aus und hatten ein gewisses Funkeln, als er mit den Leuten aus seiner Einheit zusammenstand, die ihn direkt begrüßt hatten. Nur für die Leute, die ihn wirklich gut kannten war erkennbar, dass eine gewisse Nervosität und gespannte Erwartung ihn umgab, als er und Rianne sich ihren Weg ins Molly's bahnten. Stella fand es süß, dass er ebenso wie Rianne etwas aufgeregt zu sein schien. Er schaffte es jedoch besser zu verbergen, hielt immer einen schützenden Arm um Rianne gelegt und unterbrach generell nie ihren Körperkontakt, als sie sich langsam durch die 'Hallos' und Umarmungen und Nachfragen zu seinem Befinden arbeiteten.Als sie es endlich bis zur Theke geschafft hatten, fing ihre Freundin Stellas Blick mit einem schüchternen Grinsen auf, das so gar nicht zu ihr passte. Ihre Augen und ihre Haut leuchteten, während sich ihr Körper an Jays Seite schmiegte. Stella rannte sofort auf sie zu und drückte sie fest an sich, machte das selbe mit Jay, was eine ziemliche Seltenheit, wenn nicht sogar eine Premiere war. Kelly und Matt schlossen sich ebenfalls dieser Begrüßungs-Party an. Es war wirklich schwierig auch nur ein Wort in Ruhe mit diesen zwei Promis zu wechseln, weil alle sie entgegen Stellas Anweisungen direkt in Beschlag nehmen wollten. Sie war froh, dass Rianne irgendwann zu ihr hinter die Theke kam, und sich ihr 'auf der anderen Seite' anschloss, um ein wenig News ohne so viele Lauscher auszutauschen. Nebenbei half sie ihr mit ein paar Bestellungen. Es fühlte sich an, als hätten sie sich seit Wochen nicht gesehen, dabei war es eigentlich nur eine gewesen. "Und? Wie geht es deinem schnuckeligen Detective wirklich? Ihr zwei seid ja für einen Moment komplett von der Bildfläche verschwunden..." Stella hatte Rianne ein paar Mal geschrieben, aber ihre Antworten waren kürzer als gewöhnlich ausgefallen und sie hatte sie auch nicht zurückgerufen. Das Gleiche galt für alle ihre anderen Freunde. Also hatte sie sich schließlich zurückgezogen und wollte sich auch nicht in die wahrscheinlich dringend benötigte Zweisamkeit einmischen. "Ja, das tut mir echt leid. Ich wollte nie dieses Mädel sein, aber... wir mussten einfach ein paar Dinge für uns klären und haben uns wie es scheint komplett im Moment verloren..." "Hey, das ist voll okay, Süße! Mach dir keinen Kopf, ich versteh' das!""Ich komme mir aber vor wie eine schlechte Freundin. Wie geht es Kelly nach dieser Brandstifter-Sache?" Typisch Rianne, dass sie die Aufmerksamkeit direkt von sich auf Andere lenkte, sobald sie die Gelegenheit dazu bekam. "Ihm geht's gut, du kennst ihn ja! Und er hat sogar ein Angebot von Seager abgelehnt noch einmal mit ihr zu arbeiten, also geht es uns auch wirklich gut, Schwamm drüber! Aber erzähl jetzt endlich was von dir: Wie geht es Jay, wie geht es dir, wird er sich wieder berappeln? Er sieht auf jeden Fall besser aus, und du auch!" "Uns geht's... gut! Mehr als das sogar, wenn ich ehrlich bin," Rianne machte eine Pause und schaute zu Jay, der von der Theke weggezogen worden war, vereinnahmt von seinen Kollegen, die ihm sicherlich schon wieder alles über ihre neusten Ermittlungen erzählten. Er musste gespürt haben, dass Rianne ihn beobachtete, weil er eine Sekunde später seinen Kopf zu ihr umdrehte, lächelte und ihr auf eine Art und Weise zuzwinkerte, die sogar Stella ganz wuschig machte. "Er... ich hoffe einfach er wird mit der Zeit wieder," fügte Rianne seufzend hinzu und griff nach dem Bier, das Stella vor sie gestellt hatte. "Hm, willkommen im Club der Frauen, die Männer lieben, die jeden Tag dumme Dinge tun, um andere Menschen zu retten." Sie schaute sich ihr eigenes Beispiel eines solchen Mannes an. Kelly lachte gerade lautstark über etwas, das Cruz gesagt hatte, halb auf den Fernsehbildschirm schauend, den Kopf zurückgeworfen, so dass die sehr gerade Linie weißer Zähne mit der Lücke zwischen den Schneidezähnen zu sehen war, die sie so liebte. Ja, die Liebe für diese Männer, die ihr Leben jeden Tag riskierten, konnte einen komplett fertig machen. Stella bemerkte, dass Rianne nicht mit ihr diskutierte, als sie von Liebe sprach. Sie behielt nur weiter Jays Gestalt in der Menge im Blick, mit einem weichen und verletzlichen Ausdruck auf ihrem Gesicht, der Stella schon vom Zusehen fast zum Weinen brachte. Ihre Freundin hatte es echt schwer erwischt. Was auch immer zwischen ihr und Jay in der Zeit passiert war, die sie ohne jegliche Ablenkungen in Gegenwart des anderen vertieft verbracht hatten, hatte ganz klar Einiges verändert. "Ich bin wirklich stolz auf dich Schätzchen! Du siehst übrigens glänzend aus!" hörte sie Matt zu Rianne sagen. Es riss sie aus ihrem träumerischen Nebel. Stellas Captain schaute ihre Freundin bedeutungsvoll an und bekam eine lange und warme Umarmung als Antwort und vielleicht auch als Dankeschön dafür, dass unter anderem er ihr im Krankenhaus einen Tritt in den Hintern verpasst hatte. Kim Burgess kam auch auf diese Seite der Bar, bestellte ein paar mehr Drinks für Intelligence und umarmte Rianne ebenfalls, ein fröhliches Grinsen auf ihrem hübschen Gesicht: "Also, ist es jetzt offiziell? Du und Jay? Das sind so tolle Neuigkeiten!" "Dankeschön, das ist es wirklich! Aber was ist mit dir, hast du eine... Entscheidung getroffen?" Rianne sagte Letzte das ziemlich leise. Kim schaute ein bisschen nervös drein und Stella versuchte ihren Blick abzuwenden und mit ihren Baraufgaben beschäftigt zu wirken, damit Kim nicht merkte, dass sie es auch gehört hatte. "Ja, hab ich. Aber lass mal nicht hier darüber reden, vielleicht treffen wir uns nächste Woche zum Lunch?" Stella musste Rianne wirklich alleine erwischen, um den neusten Tratsch zu erhalten, von dem sie offensichtlich noch gar nichts wusste.

Our Scars (German Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt