D R E I Z E H N

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Kurze Rede, langer Sinn: Ich hatte wieder einen Sextraum mit Hannes.

Diesmal noch realistischer und noch heißer, als das letzte Mal, sodass ich zum zweiten Mal in nicht einmal einer Woche in meinen Boxershorts gekommen war, ohne meinen Penis auch nur anzusehen, geschweige denn zu berühren. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, meine Kehle war trocken und mein Körper glühte. Obwohl ich gerade erst gekommen war, fühlte ich mich kein Bisschen befriedigt und stattdessen eher ausgelaugt.

Ich fand es auch alles andere als lustig, als ich morgens um halb sieben bereits unter der Dusche stand, um mein Malheur wegzuwaschen. Weder richtig wach, noch bereit so früh in den Tag zu starten.
Nach diesem Traum gab es jedoch keine Möglichkeit mehr, dass ich mich nochmal ins Bett legen würde, weshalb ich notgedrungen viel zu früh in der Küche stand und der Kaffeemaschine beim Kaffee kochen zusah. Meine erste Vorlesung war erst gegen Mittag und normalerweise war ich nach einem Wochenende immer so fertig, dass ich bis kurz vorher schlief und dann in die Uni hetzte, um noch pünktlich zu kommen, aber dieses Problem würde ich heute nicht haben.

Erst nach meinem zweiten Kaffee war mein Kopf so klar und mein Körper so wach, dass ich mich an meinen Schreibtisch setzen und wenigstens ein bisschen produktiv sein konnte, wenn ich schon mal wach war.
Doch bevor ich meinen Computer überhaupt nur angeschaltet hatte, wurde meine Aufmerksamkeit von einer kleinen, weißen Karte mit einem Zahn darauf abgelenkt.

Und zwar so sehr, dass ich kurzerhand die Entscheidung traf, zum Zahnarzt zu fahren.

Ohne wirklich darauf zu achten, schlüpfte ich in meine schönste Jeans und zog ein ansehnliches T-Shirt über, bevor ich mir nochmal meine Zähne ordentlich putzte, meine Haare richtete, googelte, wo ich genau hinmusste und dann zehn vor acht an einem Montagmorgen meine Wohnung verließ.

Der Stadtplatz war nicht weit vom Zentralen Busbahnhof entfernt, der von jedem Bus aus sämtlichen Linien angefahren wurde, wodurch ich auch dort relativ schnell ankam. Zu meinem Leidwesen musste ich mich dafür aber in überfüllte Busse quetschen und fand zwischen Schülern, die offensichtlich verschlafen hatten, und Anzugträgern, die Gleitzeit hatten, keinen Sitzplatz, was meine Laune gleich noch stärker trübte.

Erst als ich dann an der besagten Adresse ankam und sogar den Schriftzug der Karte am Klingelschild lesen konnte, wurde ich nervös. Ich hatte keinen Termin und wusste nicht einmal, ob Hannes heute arbeitete. Vielleicht fing er auch erst später an und war um diese Uhrzeit noch nicht da? Was würde ich dann tun? Oder wenn er keine Zeit für mich hatte? Immerhin war er ja da, um zu arbeiten.

Zweifel suchten meinen Kopf heim, sodass ich mich beinahe umdrehen und direkt wieder nach Hause gehen wollte, als ich mich doch noch dazu entschied meine Arschbacken zusammenzukneifen. Zwar zitterte mein Finger so sehr, dass ich die Klingel kaum betätigten konnte, aber davon ließ ich mich jetzt auch nicht mehr aufhalten. Spätestens als der Surrer ertönte und ich die Tür aufdrücken konnte, gab es sowieso keinen Weg mehr zurück.

„Guten Morgen, wie kann ich Ihnen helfen?" Eine etwas ältere, zierliche Dame lächelte mich freundlich an, als ich zögerlich die wenigen Stufen hinauftrat und dann direkt vor ihrem Pult stand.

„Uh... guten Morgen", brachte ich angespannt heraus und schob meine Hände nervös in meine Hosentaschen. Das war doch eine sau blöde Idee. Ich hätte einfach umdrehen sollen, als ich noch die Möglichkeit dazu gehabt hatte.

„Ich möchte bitte zu Herr Seibold... äh... Junior", fügte ich noch schnell an, als ich realisierte, dass sein Vater ja auch hier arbeitete und den selben Nachnamen hatte. Wenn ich jetzt auch noch dem Vater meines One Night Stands unter die Augen treten musste, ja Prost Mahlzeit. Das wäre echt die Kirsche auf dem Sahnehäubchen.

„Haben Sie einen Termin?", fragte die Dame lächelnd nach und tippte derweil in ihrem Computer. Wahrscheinlich wollte sie den Terminkalender überprüfen, ob so früh am morgen schon jemand darin stand.

Ich wollte ihr gerade antworten, dass ich keinen hatte, es aber wichtig wäre, als ich Hannes im Flur erblickte. Er redete gerade mit einer Angestellten, die das selbe hellblaue Oberteil trug, wie die Dame am Empfang und lächelte dabei sanft auf sie hinunter. Seine blonden Haare waren ordentlich frisiert und wie bei unserem ersten aufeinandertreffen trug er Anzughosen und ein, diesmal, hellgraues Hemd. Dazu trug er jedoch zusätzlich einen weißen Kittel, der wirklich verdammt gut zu ihm passte.
Ich konnte mich kaum erinnern, wie ich daran zweifeln konnte, dass er wirklich Arzt war.

Ein lautes „Hannes" kam ungewollt über meine Lippen und ohne auf die Frau am Empfang zu achten, lief ich einfach an ihr vorbei in den Gang, indem Hannes sichtbar überrascht zum Stehen gekommen war.

Das sanfte Lächeln, das er seiner Kollegin noch geschenkt hatte, verblasste sofort, als sein Blick auf mich fiel und stattdessen kehrte der harte Gesichtsausdruck zurück, mit dem ich ihn in seinem Flur kennengelernt hatte.

„Entschuldigen Sie! Sie dürfen da nicht hin. Sie haben keinen Termin!" Die Dame vom Empfang lief mir krächzend hinter und sogar die Angestellte mit der Hannes eben noch geredet hatte, trat nun vor diesen. Sie wollte gerade auch schon den Mund öffnen, um mich wegzuschicken, doch Hannes ging zum Glück kurzerhand dazwischen.
Alles andere wäre verdammt peinlich geworden.

„Schon in Ordnung, Michelle." Er lächelte die Dame vom Empfang an, die daraufhin nur verärgert schnaubte und sich wegdrehte und die Zweite sichtlich überrascht zu Hannes aufsah.

„Wir müssen reden", brachte ich fast genauso krächzend wie die Frau vom Empfang heraus, als ich zu ihm aufgeschlossen hatte und zum Stehen kam, weil mich sein harter Blick so verunsicherte. Der sanfte Blick, mit dem er sich letztes Wochenende von mir verabschiedet hatte, wäre mir in diesem Moment deutlich lieber gewesen.

Die Angestellte neben ihm sah verwirrt zwischen Hannes und mir hin und her und wollte ein zweites Mal etwas sagen, als Hannes einfach dazwischen ging. „Ich habe ungefähr zehn Minuten."
Sein Tonfall war genauso hart wie sein Gesichtsausdruck, was mich fast dazu brachte mir aus lauter Panik in die Hose zu machen. Doch ich hielt mir mein Ziel fest vor Augen, auch wenn ich mich gerade gar nicht mehr so sicher war, was mein Ziel eigentlich war und ließ mich von seinem Blick nicht allzu sehr verunsichern.

„Laura, ich bin gleich wieder für dich da." Laura wirkte weniger begeistert, nickte jedoch, während sie mir einen bitterbösen Blick zuwarf.

„Ich dachte eher, dass du dir einen Termin ausmachst."
Hannes führte mich mit einer Handbewegung in ein leeres Behandlungszimmer und drückte die Tür hinter mir ins Schloss, damit wir etwas Privatsphäre hatten. Seine Hände waren locker in seinen Hosentaschen vergraben, während er mir mit demselben Blick entgegen sah, den ich bereits von dem Moment kannte, als ich nur mit einem Handtuch aus seinem Badezimmer gekommen war und er mir eine frische Boxershorts angeboten hatte.

Obwohl mich der Blick vorhin noch verunsichert hatte, schürte er jetzt nur meine Wut, sodass ich gar nicht anders konnte, als einen Moment später durch die Decke zu gehen.

„Wir hatten Sex!", brüllte ich vorwurfsvoll heraus und vergaß für einen Moment, dass wir ja in seiner Zahnarztpraxis standen, wo uns Gott und die Welt und wahrscheinlich Laura hören konnte.

Ein Hannes zum Verlieben ✓Where stories live. Discover now