A C H T U N D S E C H Z I G

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Mittlerweile waren drei Monate vergangen. Drei Monate seit wir hierher gezogen waren. Drei Monate seit Hannes und ich wieder ein richtiges Paar waren und sogar zusammen lebten.

Und das Zusammenleben funktionierte furchtbar gut.

Jeder hatte recht schnell seine Aufgaben gefunden, wodurch der alltägliche Ablauf reibungslos funktionierte. Wir hatten uns bald in unserer gemeinsamen Wohnung eingelebt und auch der Arbeitsalltag sagte uns zu. Hannes hatte in der neuen Arztpraxis endlich richtig Spaß an seinem Beruf gefunden und kam jeden Tag mit einem breiten Lächeln nach Hause. Und auch ich liebte meinen Job in der Schreinerei. Meine Kollegen waren alle super nett und brachten mir viel bei, während meine Liebe zu Holz immer größer wurde.
Hannes Vorschlag, dass Schreiner vielleicht zu mir passen könnte, war der reinste Volltreffer und ich war wirklich so froh, dass ich es in die Tat umgesetzt hatte.

Auch unsere Sexualität wurde problemlos angenommen. Weder meine Arbeitskollegen noch die von Hannes hatten ein Problem damit und schon bald hatten wir beide einen soliden Freundeskreis aufgebaut, der sich auch an einigen Ecken überschnitt.

An einem unglücklichen Tag waren wir beim Einkaufen sogar über Manuel gestolpert. Das Gespräch war einerseits wirklich seltsam, andererseits trotzdem entspannt und ich war froh, dass Manuel sich in meiner Nähe trotz dem, was zwischen uns passiert war, noch normal verhalten konnte.
Er gratulierte uns zu unserer Wohnung und freute sich sichtlich dafür, dass zwischen Hannes und mir wieder alles im Lot war.

Das Gespräch, das danach zuhause aber folgte, war dafür umso unangenehmer. Hannes hatte, obwohl es keine offensichtlichen Anzeichen gab, wohl recht schnell durchblickt, dass zwischen mir und Manuel irgendetwas passiert sein musste. Daraufhin hatte ich ihm natürlich von dem Kuss erzählt und während ich innerlich bereits vor Panik zerging, reagierte Hannes darauf ganz anders als erwartet.
„So gut kann der Kuss nicht gewesen sein, wenn du danach trotzdem wieder zu mir gekommen bist." Dabei trug er ein selbstbewusstes, fast arrogantes Lächeln auf den Lippen, ehe er einen innigen Kuss initiierte, der in heißem Sex auf dem Sofa resultierte.
Seitdem hatten wir nicht mehr darüber gesprochen, auch wenn wir Manuel danach noch mehrmals getroffen hatten.

Obwohl Hannes und Christopher nun über hundert Kilometer entfernt voneinander waren, hatten sie wohl so viel Kontakt wie noch nie. Das lag zwar vor allem an Lauras Schwangerschaft, aber man merkte, dass auch die Brüder sich langsam einander annäherten. Auch mit Hans telefonierte Hannes regelmäßig, während er seit dem Ausbruch seiner Mutter im Restaurant kein einziges Wort mehr mit ihr gewechselt hatte.

Nächstes Wochenende kamen Bettina, Amelie und Klein-Hannes uns besuchen. In unserer Nähe gab es einen schönen Wildpark mit einem kleinen Streichelzoo und der Möglichkeit Rehe mit getrocknetem Mais zu füttern. Amelie war natürlich gleich Feuer und Flamme, als sie davon gehört hatte und daraufhin entschieden wir uns noch einen zweiten Tag dranzuhängen und gemeinsam an einen nahegelegenen See zu fahren, um die letzten warmen Sommertage zu genießen.

„Du... Tim", murmelte Hannes plötzlich, als wir es uns nach einem gemeinsamen Abendessen gerade am Sofa gemütlich gemacht hatten. Er lag in meinen Armen, während ich durch die Sender zappte, um ein gutes Abendprogramm zu finden.

„Mhm", brummte ich nur teilnahmslos und schaltete gleich weiter als ich bemerkte, dass der Film eine Romanze war. Ich war so voll gefressen und eigentlich längst bereit fürs Bett, aber da der Abend noch jung war und ich nicht zu früh ins Bett gehen wollte, weil ich sonst nur wieder viel zu früh wach werden würde, schien ein Fernsehabend genau das richtige zu sein.

„Ich würde gerne wieder mit einem Instrument anfangen", fuhr meine Maus fort und ließ seine Fingerspitzen sanft über meinen Unterarm fahren.

Das ließ mich hellhörig werden. Ich wusste von Christopher, dass Hannes früher eine Vielzahl von Instrumenten gespielt hatte und verdammt musikalisch war. Hannes dagegen hatte es nicht ein einziges Mal angemerkt oder das Thema in diese Richtung gelenkt. Ich wusste, dass er noch ein Saxophon besaß. Darauf war ich bei unserem Umzug gestoßen, aber bevor ich es irgendwie hätte ansprechen können, hatte Hannes es recht eilig wieder im Keller verräumt, wie die Jahre zuvor in seiner alten Wohnung auch.
Dass er nun aus dem Nichts damit anfing, überraschte mich.

Ein Hannes zum Verlieben ✓Where stories live. Discover now