Z W E I U N D D R E I ß I G

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Ich verbrachte immer mehr Zeit bei Hannes und war nur noch wenige Nächte zuhause. Der Zahnarzt hatte mir mittlerweile einen Platz in seinem Kleiderschrank freigeräumt und eine elektrische Zahnbürste für mich hatte ihren festen Platz in seinem Badezimmer bekommen. Er hatte sogar einen zweiten Nachttisch gekauft, damit ich auf meiner Bettseite, wie er es so schön nannte, auch etwas ablegen konnte und nicht immer über ihn drüber krabbeln musste, wenn ich mein Handy nehmen oder das Licht ausschalten wollte. Mehrere Paare meiner Schuhe waren in sein Schuhregal eingezogen und meine Lieblingssüßigkeiten in seine Süßigkeitenschublade.
Es hing sogar ein Bild von uns an seinem Kühlschrank. Etwas, das mich sehr gerührt hatte, weil Hannes eigentlich eher jemand war, der seine Wohnung clean und ohne einem persönlichen Touch haben wollte.

Ich genoss die Zeit mit ihm so sehr und obwohl uns mittlerweile beiden schmerzlich bewusst war, dass wir ohne einander nicht mehr konnten, hatte ich es noch nicht geschafft, ihm meine Gefühle zu gestehen.
Meine Gefühle, die wirklich von Tag zu Tag stärker wurden. Mit jedem Lächeln in meine Richtung, mit jeder kleinen Berührung, mit jedem Kuss und jedem gemeinsamen Abend verliebte ich mich mehr und mehr in ihn. Ob ich es wollte oder nicht. Hannes hatte mich um seinen kleinen Finger gewickelt und einen dreifachen Seemannsknoten gemacht, den man nicht einmal mit dem schärfsten Schweizermesser aufschneiden konnte.

Und als ich gerade dachte, dass der Sex zwischen uns nicht noch besser werden konnte, bekamen wir unsere einwandfreien Testergebnisse und kaum dass wir es Schwarz auf Weiß hatten, dass uns nichts fehlte, hatte Hannes mich schon in sein Bett geschliffen.

Ich hatte bisher nie ohne Kondom mit jemandem geschlafen und diese Erfahrung mit Hannes machen zu können, eine Erfahrung, die sich so atemberaubend gut anfühlte, machte es für mich unvergesslich. Dass wir danach noch stundenlang nackt im Bett gekuschelt hatten, ohne uns darum zu scheren, dass das gesamte Bettlacken mit unserem Sperma versaut wurde, machte es nur noch besser.

Ich schwebte wirklich auf Wolke hundert, oder was auch immer nach Wolke sieben kam, und hatte Tag ein, Tag aus ein Dauergrinsen auf den Lippen. Meine Freunde freuten sich für mich und schlossen auch Hannes immer stärker in unsere Gruppe mit ein, bis er bald ein festes Bestandteil wurde. 

In zwei Wochen würde ich bereits seine Eltern kennenlernen und obwohl ich schrecklich nervös war, freute ich ungemein darauf, diesen nächsten, großen Schritt mit Hannes zu tun. Ich war bereit dafür, sie kennen zu lernen und während mich der Gedanke, die Eltern von irgendwem kennenzulernen, vor ein paar Monaten noch verschreckt hatte, war meine Neugier, die Leute kennenzulernen, die einen so perfekten Menschen, wie Hannes geschaffen hatten, nun extrem groß.

Heute stand jedoch erst einmal ein gemütliches Abendessen mit meinem Freund an, für das ich vorher noch einkaufen gehen musste. Hannes war noch in der Arbeit und hatte mir gestern Abend schon alles bis ins kleinste Detail aufgeschrieben, damit ich beim Einkaufen alles notwenige kaufte und schon mit den Vorbereitungen anfangen konnte, bis er dann nach der Arbeit dazu stoßen konnte.
Ich war voller Tatendrang und konnte es mir nicht nehmen lassen in der Drogerie noch eine neue Tube Gleitgel zu kaufen, damit am heutigen Abend auch ja nichts schief ging.

Erst ein gemütliches, romantisches Abendessen und dann das Dessert im Bett. Und in meinem Fall würde mein Dessert Hannes sein.

Das Einkaufen glückte überraschend gut, wodurch ich schneller als erwartet bei Hannes zuhause ankam. Wir waren sogar schon an dem Punkt angelangt, an dem ich einen Schlüssel zu seiner Wohnung hatte. Und zwar nicht nur zeitlich begrenzt ausgeliehen, sondern unbefristet. Ich durfte jederzeit in seine Wohnung spazierte und wusste, dass ich niemals unwillkommen sein würde.
Am liebsten hätte ich ihm auch direkt einen Schlüssel zur WG gegeben, aber leider hatten wir nur zwei und Paul wäre sicherlich nicht so begeistert, wenn ich ihm seinen Schlüssel abzwackte, nur um ihn meinem Freund zu geben.

Gerade als ich das Gemüse klein schnitt und die Zwiebeln schon in der Pfanne dünsteten, hörte ich die Wohnungstür aufgehen und Hannes mit einem fröhlichen Pfeifen eintreten. Nur einen kurzen Moment später kam er grinsend in die Küche und schlang gleich seine Arme von hinten um meine Taille. Weil er selbst auf Zehenspitzen zu klein war, um über meine Schulter schauen zu können, lugte er an meiner Seite vorbei auf mein Schneidebrett, auf dem ich gerade einer Paprika den Garr ausmachte.

„Ich habe tierischen Hunger", murrte Hannes und löste sich so weit von mir, dass er mich herumdrehen und mich stürmisch küssen konnte. Ich erwiderte seinen hungrigen Kuss sofort und konnte nur knapp verhindern, dass er mich an Ort und Stelle aufaß.

„Das Essen braucht nicht mehr so lange. Die Nudeln sind schon so gut wie fertig und die Soße braucht, sobald die Zwiebeln glasig sind, auch nicht mehr lange." Hannes begann daraufhin begeistert zu strahlen und drückte mir einen weiteren, diesmal viel kürzeren Kuss auf die Lippen, bevor er ungeniert anfing sein Hemd aufzuknöpfen.

„Ich springe kurz in die Dusche, ja?" Ich nickte nur grinsend und konnte dann nicht verhindern ihm hinterher zu starren, als er in Richtung Badezimmer lief. Sein Hintern sah in diesen Anzughosen aber auch immer verführerisch gut aus.
Ich leckte mir angestrengt über die Lippen. Vielleicht sollte ich doch das Dessert vorziehen und den Hauptgang erst später essen?

Bevor ich mir aber ernsthafte Gedanken darüber machen konnte, war Hannes längst im Bad verschwunden.

Ein Hannes zum Verlieben ✓Where stories live. Discover now