E I N U N D Z W A N Z I G

1.6K 176 26
                                    

„Das ist einfach unmenschlich", brummte ich noch halb am Schlafen, als Hannes Wecker mit einer ohrenbetäubenden Melodie durch den Raum hallte.

Wir hatten uns in der Nacht gedreht, sodass er nun der kleine Löffel war und seinen Rücken gegen meine Brust drückte, während sein Hintern sich perfekt an meinen Schritt schmiegte. In einer anderen Situation würde ich diese Position bis ins Äußerste genießen, aber nicht um halb sieben Uhr morgens. Erst recht nicht, wenn sein Wecker noch immer vor sich hin plärrte.

Hannes in meinen Armen rührte sich ein wenig, brummte leise und brauchte einen Moment, bis sein Arm unter der Decke hervorkam und die Snoozetaste seines Weckers drückte, der daraufhin sofort verstummte. Ich konnte nur wohlig aufseufzen und Hannes wieder näher zu mir ziehen, der sich auch gleich wieder in meine Arme schmiegte.

Zumindest für einen kurzen Moment, denn gefühlt zwei Sekunden später begann sein Wecker erneut zu plärren und entlockte mir damit ein paar Schimpfwörter, während sich meine Arme fester um Hannes legten.

Auch diesmal betätigte er einen Knopf auf seinem Wecker, sodass es wieder still im Raum wurde, bis ich seine Hände an meinen Armen spürte und wie er versuchte sie von sich zu lösen.

„Nicht", jammerte ich als ich bemerkte, dass er sich aus meiner Umarmung schleichen wollte. „Lass uns noch ein wenig kuscheln", versuchte ich ihn zu überzeugen. Unter der Decke mit Hannes war es so angenehm warm und kuschelig. Ohne ihm würde es sich nicht mehr so anfühlen.
Er durfte nicht aufstehen.

„Ich muss leider aufstehen, Tim", murmelte er und drückte sich diesmal etwas energischer weg. Ich seufzte niedergeschlagen und entließ ihn schweren Herzens aus meinen Armen.
Er lachte leise, als ich mich theatralisch auf den Rücken rollte und unzufrieden aufstöhnte.

„Du kannst ruhig liegen bleiben", ließ er mich wissen, als ich mich ebenfalls aus der Bettdecke schälte und nach meinem Oberteil griff, das unordentlich neben dem Bett am Boden lag.

„Wenn ich schon wach bin, kann ich dir auch Frühstück machen, Maus...", murmelte ich, unbedacht, was ich da eigentlich von mir gab.

„Maus?", fragte Hannes hörbar amüsiert, was mich überrascht aufsehen ließ. Der Kosename war mir unterbewusst über die Lippen gegangen.

Hannes klang zwar amüsiert, aber seine etwas geröteten Wangen und der leicht schüchterne Blick, zeigten mir deutlich, dass es ihm gefallen hatte. Ich nahm mir direkt vor, ihn öfter so zu nennen.

Seine Haare standen ihm wild zu Berge, sein Gesicht wirkte etwas zerknautscht und seine Augen waren noch ganz klein. Er sah mindestens genauso müde aus, wie ich mich fühlte.

Ich brummte nur zustimmend und erhob mich von der Matratze, die im gleichen Moment nach mir zu schreien begann. Vielleicht sollte ich doch einfach liegen bleiben, so wie Hannes es mir angeboten hatte?
„Was hättest du denn gerne?", fragte ich aber stattdessen und folgte dem Zahnarzt, der noch seine Schlafklamotten trug aus dem Schlafzimmer in Richtung Bad.

„Alles, was du so früh schon zaubern kannst", schmunzelte er und lehnte sich zu mir hinauf, um meine Wange zu küssen, bevor er ins Badezimmer verschwand.

„Rührei also", murmelte ich, obwohl er die Tür schon längst hinter sich geschlossen hatte und ging in die Küche. Die aufgehende Sonne spendete bereits so viel Licht, dass ich die Deckenlampe nicht aufdrehen musste und stattdessen gleich mit den Vorbereitungen beginnen konnte. Während dann die Eier in der Pfanne waren und Toastscheiben im Toaster steckten, brummte der Kaffee durch die Kaffeemaschine und verbreitete nicht nur ein zufrieden stellendes Geräusch, sondern auch köstlichen Geruch, der mich gleich etwas wacher machte. Gleichzeitig deckte ich den Tisch und stellte Butter und Marmelade heraus.

Das Rührei war gerade fertig, als Hannes angezogen in den Raum kam und sich begeistert umsah. Seine Augen leuchteten auf, als der Toast aus dem Toaster sprang und begann breit zu lächeln als ich ihm eine Kaffeetasse reichte. Zu meinem Leidwesen trug er seine Brille nicht mehr, wodurch ich davon ausging, dass er sie gegen Kontaktlinsen getauscht hatte.

„Also daran könnte ich mich echt gewöhnen", schmunzelte er und lehnte sich zu mir, um seine Lippen zu einem dankbaren Kuss auf meine zu drücken. Ich erwiderte den sanften Kuss sofort und konnte nicht anders, als meine Arme um seinen Körper zu schlingen und ihn näher an mich zu ziehen.

„Gewöhn dich lieber nicht daran, Mäuschen", antwortete ich nach einem weiteren, etwas innigeren Kuss und entließ ihn dann, damit er noch genügend Zeit zum Essen hatte, bevor er los musste.

„Du bist kein Frühaufsteher", schmunzelte der Zahnarzt und wuschelte mir durch meine ohnehin wirren Haare, ehe er sich an den Küchentisch setzte und sich gleich eine große Menge Rührei in den Mund schob.

Ich brummte nur zustimmend und setzte mich zu ihm. Um diese Uhrzeit hatte ich noch keinen Hunger, wodurch ich mich mit meinem Kaffee zufrieden gab und Hannes dabei zusah, wie er das Frühstück mit einem Leuchten in den Augen verputzte, bis auch der letzte Rest weg war. Gemeinsam verräumten wir dann noch die Überreste und Hannes verstaute seinen Geldbeutel und Hausschlüssel, bevor er sein Jackett überzog.

„Was ist mit Mittagessen?" Mir war nicht entgangen, dass er sich nichts eingepackt hatte und irgendwie gefiel mir der Gedanke nicht, dass er kein richtiges Mittagessen hatte, wenn er schon den ganzen Tag arbeitete. Zumindest beruhigte es mich ein wenig, dass er schon gut gefrühstückt hatte.

„Es hat so einige Nachteile mit den eigenen Eltern zu arbeiten, aber es gibt auch sehr große Vorteile", schmunzelte er daraufhin nur und trat dann nah an mich heran. „Mama bringt mir, und sich und Dad, jeden Tag etwas frisch gekochtes vom Vorabend mit." Seine Arme legten sich um meinen Nacken, wodurch er sich zu meinen Lippen ziehen und mich sanft küssen konnte, bevor ich noch irgendetwas antworten konnte. Ich schmolz direkt wieder dahin, während meine Sorge, dass er nicht richtig essen würde, sich in Luft auflöste und ich ihn fest gegen meinen Körper zog, ehe ich den Kuss etwas vertiefte und seinen angenehmen Duft dabei tief inhalierte.
Ich war zugegebenermaßen wirklich enttäuscht, als er den Kuss recht schnell wieder löste, ein letztes Mal durch meine Haare strich und dann von mir wegtrat.

„Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns bald wiedersehen, Tim", lächelte er und ein sanfter Rotschimmer legte sich wieder auf seine Wangen. Seine Augen schimmerten unglaublich, sodass ich meinen Blick nicht von ihm lösen konnte und ihn am liebsten gleich wieder küssen wollte.

„Ich werde beim Ausräumen deiner Wohnung schon irgendwo einen Zettel finden, auf dem ich meine Nummer notieren kann", schmunzelte ich und zwinkerte ihm entgegen. Hannes begann daraufhin laut zu lachen und schüttelte amüsiert den Kopf, ehe er nach der Türklinke griff und sie schon herunter drücken wollte, als ich mich noch ein letztes Mal zu ihm lehnte und ihm einen süßen Abschiedskuss auf die Lippen drückte.

Ein Hannes zum Verlieben ✓Where stories live. Discover now