S E C H S U N D S E C H Z I G

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Meinen Unifreunden zu sagen, dass ich mich exmatrikuliert hatte, war das eine.

Paul schonend beizubringen, dass ich auszog, war nochmal eine ganz andere Nummer.

Eine Nummer, die mir verdammt Angst machte, weil ich seine Reaktion nicht einschätzen konnte.

Er wusste längst, dass ich an meinen Prüfungen nächste Woche nicht teilnehmen würde und hatte darauf recht entspannt reagiert. Er ging davon aus, dass ich einfach an den Nachholterminen schrieb, weil das mit Hannes und der Beerdigung dazwischen gekommen war. Deswegen hatte er auch nicht weiter nachgefragt, wofür ich echt dankbar war.

Aber jetzt musste ich es ihm langsam wirklich sagen.

Ich hatte mittlerweile mit Tom, meinem Vermieter, gesprochen und abgeklärt, dass es kein Problem war, dass Hannes auch einzog. Den einzigen Fehler, den ich dabei gemacht hatte, war, dass ich es Tom zu erst gesagt hatte, bevor ich meine Eltern informiert hatte.
Dass ich nicht alleine in die Wohnung zog, machte also recht schnell die Runde, sodass der Name meiner Mutter, nur zehn Minuten nachdem ich das Telefonat mit Tom beendet hatte, auf meinem Bildschirm aufleuchtete.
Zum Glück konnte ich sie mit ein paar Floskeln, dass ich im Stress war und gerade echt nicht reden konnte, abwürgen. Ich würde ihr und vor allem Dad schon noch alles erzählen, aber ich wollte erst das mit Paul aus dem Weg schaffen.
Das beschäftigte mich viel mehr.

Vom schlechten Gewissen geplagt, immerhin verheimlichte ich ihm das nun schon seit über einer Woche, hatte ich uns Burger aus seinem Lieblingsladen geholt. Davor hatte ich mich den ganzen Tag bei Hannes rumgetrieben, der schon voller Tatendrang dabei war seine Wohnung in Kisten zu packen. Das ging durch seinen doch recht minimalisitischen Lebensstil überraschend schnell und nur seine zahlreichen Pflanzen stellten ihn vor ein Transportproblem.

Ich hatte mich derweil noch nicht einmal nach Umzugskartons umgesehen, weil ich nur dauerhaft an Paul uns seine Reaktion denken konnte.

„Bist du da?", rief ich in die Wohnung und kickte meine Schuhe von den Füßen, weil ich die Hände voll hatte.

Ein „Jep" hallte aus seinem Zimmer, ehe er die Tür öffnete und mit seinem Handy in der Hand herumspazierte. „Was gibts?", murmelte er ohne aufzusehen und lehnte sich, während er auf seinem Bildschirm tippte, mit der Hüfte gegen die Sofalehne.

„Ich hab Essen mitgebracht." Ich hob die Tüten in meinen Armen zur Verdeutlichung hob und brachte sie dann gleich in die Küche.
Damit hatte ich Pauls Aufmerksamkeit natürlich sofort gefangen und er folgte mir wie ein junger Hund und begann gleich in den Tüten zu kramen, während ich den Tisch noch schnell deckte.

„Hast du irgendwas ausgefressen?", gluckte mein bester Freund als er sich gleiche eine Pommes in den Mund schob und eines der Ketchuptütchen ungeduldig ausriss.

„Irgendwie... ja", antwortete ich ehrlich und überraschte Paul, der sich abrupt aufrichtete, damit anscheinend sehr.

„Ich hätte nicht mit einer ehrlichen Antwort gerechnet", murmelte er daraufhin kopfschüttelnd und verzog etwas das Gesicht, ehe er sich wieder den Pommes zuwandte. „Aber ich kann es dir ansehen."

„Was kannst du mir ansehen?", fragte nun ich überrascht und ließ mich ihm gegenüber langsam am Stuhl nieder.

„Dass du was ausgefressen hast, das dir auf der Seele liegt. Also schließ los. Ist irgendetwas mit Johannes?"

Ich hatte Paul natürlich davon erzählt, dass Hannes und ich uns wieder vertragen hatten und auch wenn wir noch nicht wieder offiziell eine Beziehung führten, waren wir doch irgendwie wieder ein Paar. Paul hatte fast wie ein kleines Mädchen zu quietschen begonnen, als ich ihm gebeichtet hatte, dass wir uns endlich unsere Gefühle gestanden hatten und freute sich im Endeffekt darüber wahrscheinlich mehr als ich. Zumindest war er wie ein Flummi durch die Wohnung gehüpft.

Ein Hannes zum Verlieben ✓Where stories live. Discover now