S I E B E N U N D Z W A N Z I G

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Wie geplant bestellten wir abends gemeinsam vom Asiaten.
Paul, Fabian, Lisa, Franziska und ich. Während Paul und ich uns schon seit Jahren kannten, hatten wir die anderen erst hier zum Studienbeginn kennengelernt. Um genau zu sein hatte ich Fabian im Fitnessstudio kennengelernt, der von Anfang an in Lisa verschossen war, aber sich nicht getraut hatte, sie anzusprechen. Woraufhin Paul und ich Lisa und Fabian zu uns in die WG eingeladen hatten und Lisa ihre beste Freundin Franziska als Unterstützung mitgebracht hatte.

Zu Fabians Glück hatte sich dann herausgestellt, dass er Lisa auch schon positiv aufgefallen war. Nur zwei Wochen später waren die beiden dann schon ein Paar und mittlerweile überlegten sie sogar, ob sie zusammenziehen sollten.

Seither waren wir wirklich gut miteinander befreundet.

Heute war auch noch Sebastian da. Einer von Paul Betthäschen, der mehr als offensichtlich mehr von meinem besten Freund wollte, aber Paul sah in dem Sportstudenten nicht mehr als nur Spaß.
Eigentlich war auch gar nicht geplant, dass er heute da war. Als es an der Tür geklingelt hatte, dachten wir, dass es unser Essen war, und Paul konnte ihn dann schlecht wegschicken, wenn schon so viele da waren.
Für uns war es kein Problem. Wir mochten Sebi und ich hatte auch das Gefühl, dass er nicht nur mit Paul gerne Zeit verbrachte, sondern auch mit uns.

Im Fernseher lief ein Film, den keiner wirklich beachtete, während wir aßen und uns lautstark über Gott und die Welt unterhielten. Franzi und Lisa leerten ein Weinschorlenglas nach dem anderen, während Sebastian und Fabian auch schon das ein oder andere Bier getrunken hatten.

Ich hatte Spaß, aber ich hoffte, dass sie nach Hause gehen würden, bevor Hannes hier ankam. Ich hatte zwar kein Problem damit, ihn meinen Freunden vorzustellen, immerhin wussten Fabian und Paul schon von ihm und unserer Beziehung, aber ich wusste nicht, ob er das jetzt schon wollte.
Zwar hatte er davon geredet, dass ich seine Eltern kennenlernen sollte und dass es kein Problem war, wenn Paul hier war, aber deswegen war ich mir noch immer nicht sicher, ob er auch bereit war gleich alle meine Freunde kennenzulernen. Vor allem, wenn er erst spät kam und wahrscheinlich müde war, wollte er sich sicherlich nicht noch mit ihnen zusammensetzen.

Je später es wurde und je betrunkener meine Freunde schlussendlich auch wurden, desto nervöser wurde ich. Ich überlegte fieberhaft, wie ich sie unauffällig loswerden konnte.
Hannes hatte sich noch nicht gemeldet und das schürte die zusätzliche Angst, dass er gar nicht herkommen würde. Vielleicht lag er schon längst bei sich zuhause in seinem Bett.

Gerade als mein Gehirn sich in diesem Gedanken verrennen konnte, klingelte es an der Wohnungstür.

„Wer ist das jetzt?", fragte Paul, der sich von Fabi und Sebi zu einem Bier mitreißen hat lassen, und sich schon vom Sofa erheben wollte.

„Ich geh schon", rief ich gleich aus und sprang vom Sofa, bevor Paul überhaupt nur einen Fuß auf dem Boden abgesetzt hatte.

„Ja?", fragte ich nervös in die Freisprechanlage und konnte nicht verhindern, dass mein Herz einen freudigen Hüpfer machte, als ich Hannes Stimme hören konnte. Ich öffnete ihm die Haustür und trat dann gleich vor unsere Wohnungstür hinaus. Wir hatten keinen Flur, wodurch man direkt im Wohnzimmer stand, wenn man zur Tür hereintrat.
Ich wollte ihm deswegen gleich noch vor der Tür mitteilen, dass noch mehr da waren, falls er dann lieber zu sich nach Hause fahren wollte.

„Hey", strahlte der Zahnarzt, als er die Treppe hinaufkam. Er trug eine lockere Jeans und ein weinrotes T-Shirt und zu seiner Überraschung saß seine Brille auf seinem Nasenrücken. Ein Rucksack hing locker um seine Schulter und in einer Hand trug er einen Sixpack Bier.

„Hey Mäuschen", erwiderte ich überglücklich, als ich ihn endlich wieder in meine Arme schließen konnte. Er schmiegte sich gleich an meine Brust und erwiderte meine Umarmung, ehe er sich auf die Zehenspitzen stellte und mich zur Begrüßung sanft küsste. Meine Hände wanderten direkt von seinem Körper an seine Wangen und legten sich vorsichtig auf die weiche Haut. Seine Bartstoppel piksten meine Handflächen, aber ich liebte das Gefühl und vertiefte unseren Kuss nur weiter.
Hannes war jetzt mein fester Freund. Nur ich durfte das hier tun. Nur ich durfte ihn küssen, ihn berühren und ihn schmecken. Nur ich. Das ließ mein Herz gleich noch höher schlagen.

„Na du", wisperte er gegen meine Lippen, als wir uns wieder gelöst hatten. Er lächelte mir liebevoll entgegen. Seine grauen Augen funkelten lebendig und ich wunderte mich wie so oft, wie ich anfangs denken konnte, dass seine Augen hart wirkten und wie er es überhaupt schaffte, sie so kalt und ernst wirken zu lassen.

Ich wollte gerade etwas erwidern, als man ein Grölen vom Wohnungsinneren hörte. Ich seufzte etwas genervt auf und schenkte Hannes dann ein entschuldigendes Lächeln.

„Es sind noch ein paar Leute da. Ich dachte, dass sie früher gehen. Wenn dich das stört, dann–" Hannes schüttelte lächelnd seinen Kopf, wodurch ich gleich verstummte.

„Deine Freunde?", fragte er und legte seinen Kopf ein wenig schief. Für einen Moment war ich von seiner Schönheit hingerissen und die Worte blieben in meinem Hals stecken. In unserem Flur hing nur eine alte Lampe, deren drei Glühbirnen bereits ausgebrannt waren, wodurch nur noch eine schwaches Licht spendete, aber selbst in diesem dämmrigen Licht war Hannes einfach atemberaubend schön.
Ich nickte auf seine Frage hin.

„Ich würde sie gerne kennenlernen", lächelte er und verschränkte unsere Finger miteinander. „Gut, dass ich den mitgebracht habe", schmunzelte er dann und hielt den Sixpack hoch, den ich ihm gleich abnahm, damit er seine Schuhe ausziehen konnte.

Seinen Rucksack schmiss ich mir auch über meine Schulter, damit er die Hände frei hatte und führte ihn dann in unser Wohnzimmer. Die lauten Gespräche verstummten sofort und unter ihren interessierten Blicken fühlte selbst ich mich unwohl, obwohl sie meine Freunde waren. Ich wollte gar nicht wissen, wie Hannes sich da fühlen musste. Meine Hand legte sich mutmachend auf seinem unteren Rücken, nachdem ich die Tür zugedrückt hatte, wobei ich mir selber nicht sicher war, ob ich ihm damit Mut machte oder eher mir selbst.

„Hey", lächelte Hannes in die Runde. Er wirkte überraschend ruhig und weder nervös noch verängstigt. Es war wirklich interessant zu sehen, wie er ihnen problemlos und mit einem freundlichen Lächeln gegenüberstehen konnte, während er mir gegenüber anfangs entweder eisern und kalt oder schüchtern war. Anscheinend hatte ich doch auch eine gewisse Wirkung auf ihn.

„Leute, das ist" Ich wollte aus Gewohnheit schon wieder nur Hannes sagen, so wie vorhin im Gym auch schon, aber irgendwie gefiel mir der Gedanke nicht, dass die anderen ihn auch so nannten. Diesmal realisierte ich es jedoch früher und stockte nur kurz. „Johannes. Mein Freund." Die Worte kamen so einfach über meine Lippen und ich konnte nur breit lächeln.
Das hörte sich verdammt gut an. Hannes war mein Freund.

Hannes entging anscheinend nicht, wie sehr mich das freute, denn er sah kurz lächelnd zu mir auf, wobei seine Augen glücklich glänzten, ehe er sich wieder an die Gruppe wandte.

„Ich habe schon so viel von dir gehört." Paul kletterte grinsend vom Sofa, wo Sebastian ihn in meiner kurzen Abwesenheit in seine Arme gezogen hatte, und zog Hannes ungeniert in eine kumpelhafte Umarmung. Mein Freund war sichtlich überrascht, erwiderte die Umarmung jedoch und lächelte dann zu Paul hinauf.
Paul war groß. Wenige Zentimeter größer als ich sogar, wodurch Hannes den Kopf schon fast in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen sehen zu können.

„Du musst Paul sein", lächelte Hannes daraufhin und mein bester Freund nickte. „Vielen Dank für dein Fahrrad. Das hat mir wirklich geholfen", schmunzelte Hannes dann, wodurch ich nur lachen konnte. Ich hätte nicht gedacht, dass Hannes sich tatsächlich bei Paul bedanken würde.
Paul, der nichts davon wusste, wo ich sein Fahrrad zwischengeparkt hatte, sah verwirrt zwischen uns hin und her, bis Hannes aufklärte und undetailiert und knapp von unserem ersten Aufeinandertreffen und der großen Rolle seines Drahtesels erzählte.

Die Geschichte brachte auch die anderen zum Lachen, die Hannes dann nacheinander freundlich begrüßten und gleich innig in ihre Mitte aufnahmen. Vor allem Lisa und Franzi hatten gleich ein großes Interesse an meinem Freund und während Lisa ihm ein Glas Weinschorle holte, versuchte Franzi ihn über mich und unsere Beziehung auszuquetschen.

Es wunderte mich nicht, dass die zwei neugierig waren, immerhin wussten sie, bis Hannes in unserer Wohnung gestanden hatte, nicht einmal, dass ich in einer Beziehung war, geschweige denn mit einem Mann.

Hannes nahm das zum Glück locker hin, störte sich nicht an ihren teils sehr persönlichen Fragen und verstand sich offenbar gut mit den zwei Frauen.

Ein Hannes zum Verlieben ✓Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang