3

1.7K 200 138
                                    

Als Julie zwölf Tage alt war, hatte Remus das erste Mal die Gelegenheit, Petunia Dursley persönlich kennen zu lernen. 

Er war im Park, Julie lag in ihrem Kinderwagen, hatte bis eben geschlafen und gluckste jetzt glücklich vor sich hin. Das Wetter war traumhaft für Mitte Mai, nicht zu heiß, aber sonnig und mit einer hauchzarten Brise, die in Remus' Haar fuhr und ihn glauben ließ, dass alles gut werden würde. 

Auf dem Spielplatz ein Stück weiter tobten zahlreiche Kinder, die zugehörigen Mütter saßen auf den Bänken daneben und tauschten sich aus. Remus erkannte die drei Frauen, die Edyta ihm im Februar gezeigt hatte auf der einen Seite, neben einer rotblonden Frau, die sich ebenfalls mit ihnen zu unterhalten schien. Auf der anderen Seite saß ein einzelner Vater, der von den ihnen misstrauisch beäugt wurde. Remus wusste jetzt schon, dass egal wie es lief, ob er Julie allein großziehen würde oder ob Sirius zurückkommen würde, sie es hier auf jeden Fall nicht leicht haben würden. Vielleicht sollte er sich eine tragische Geschichte einer im Kindbett verstorbenen Ehefrau und Mutter ausdenken, um Mitleidspunkte zu kassieren. Andererseits - wollte er von voreingenommenen Vorstadtfrauen Mitleid? Nicht wirklich. 

Das Kreischen der Kinder wurde lauter, je näher er dem Spielplatz kam und er schloss kurz die Augen und genoss es, stellte sich vor, Sirius wäre hier neben ihm und sie würden zu zweit ihre Tochter spazieren fahren. Auf den Bänken beim Spielplatz säßen Lily, Marlene, Mary und Dorcas und quatschten und James und Peter würden gerade Harry zeigen, wie man Fußball spielte. Beziehungsweise, Peter würde James und Harry zeigen, wie man Fußball spielte. Vielleicht würde auch Mary ihnen dreien zeigen, wie man Fußball spielte. 

James wäre großartig darin, er hatte ein Talent für alles, was mit Bällen zu tun hatte. Peter wahrscheinlich nicht und Harry war mit knapp zwei vermutlich noch zu unkoordiniert, um eine Aussage darüber zu treffen. Sirius würde rufen, dass sie den Ball zu ihm spielen sollen und James würde ihn herüberkicken und Harry würde hinterherlaufen und -

Bonk. 

Remus schreckte aus seinem Tagtraum auf. Ein Ball vom Spielplatz war gegen den Kinderwagen geprallt, direkt gefolgt von einem kleinen Jungen mit unmissverständlichen schwarzen Haaren. Remus ging in die Hocke. 

"Harry, alles gut?" 

Harry sah von seinen dreckigen Händen hoch und ihn überrascht an. 

"Moony?" 

Remus blinzelte schockiert. Harry hatte ihn seit über einem halben Jahr nicht gesehen, es war vollkommen unmöglich, dass er sich tatsächlich an ihn erinnerte. 

"Hast du dir weh getan?", fragte er besorgt. Harry schüttelte den Kopf. 

"Ball", sagte er dann. Remus sah sich um. Das Spielzeug war vom Wagen abgeprallt und in einen Busch gerollt. Remus zog die Bremse an Julies Kinderwagen, dann holte er den Ball aus dem Busch, wischte den gröbsten Dreck davon und reichte ihn dem kleinen Jungen. Der hatte jedoch etwas ganz anderes gefunden, was sein Interesse geweckt hatte: den Kinderwagen. Er streckte sich und stellte sich auf die Zehenspitzen. 

"Baby?", fragte er neugierig. Remus lachte leise. 

"Jup, das ist ein Baby." 

Harry sagte etwas, was Remus nicht wirklich verstehen konnte, aber sein Interesse fokussierte sich ganz offensichtlich immer noch auf Julie, die von dem Kind an ihrem Wagen völlig unbeeindruckt zu sein schien. 

"Sie heißt Julie", sagte Remus. Harry sah wieder zu ihm hoch. 

"Julie", wiederholte Harry. Remus nickte beeindruckt. Er hatte ehrlich nicht wirklich eine Ahnung, wie viel ein Kind mit...fünfzehn Monaten? schon sagen können sollte, aber er vermutete mal, Harry war nicht am unteren Ende des Entwicklungsspektrums. 

Der Buchladen im LigusterwegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt