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Samstag, 14:55 stand eine dampfende Kanne Tee auf dem Tisch im Wohnzimmer. Julie war sicher verwahrt bei den Jacksons, Jerry kippelte mit dem Klavierhocker (das Klavier wurde von niemandem im Haus benutzt, außer Julie und Jerry trommelten zum Spaß darauf herum, ohne Plan was sie genau taten und, so wie es aussah, ohne jegliches musikalisches Talent), Remus und Mary gingen ein bisschen nervös auf und ab und Edyta stand in der Küchentür. 

"Und wen genau erwartet ihr?", fragte sie skeptisch, dann wandte sie sich zu Jerry um: "Skarbie, wenn du noch mehr wackelst, fällst du hinten über und schlägst dir den Kopf auf." 

Jerry stellte sein Gezappel ein kleines bisschen ein und sagte mit einem halben Grinsen etwas auf Polnisch, was ihm von Edyta einen weiteren strengen Blick einfing. Remus wusste nicht so genau, was er davon hielt, dass seine Kinder bei ihrer mehr oder weniger Großmutter eine Sprache aufschnappten, die er selbst nicht verstand, aber verhindern konnte er es eh nicht. Keiner der beiden konnte ohnehin genug, dass sie es gegen ihn verwenden konnten, wobei er den Verdacht hegte, dass Julie, die Wörter schon auf Englisch aufzusaugen schien wie ein Schwamm, weit mehr konnte, als ihm bewusst war. 

"Wir wissen es nicht so genau", beantwortete Remus Edytas eigentliche Frage. Es war die Wahrheit, er hatte keinen blassen Schimmer, wer McGonagalls "Team" sein konnte. Er dachte an ein paar Ordensleute, aber irgendwie passte es nicht. Edyta lachte leise. 

"Ihr bekommt Gäste, aber wisst nicht wen?", fragte sie. "Brauchtet ihr deshalb Tipps, wie man perfekten Tee kocht?" 

Mary legte ihr eine Hand auf den Arm. 

"Wir sind dir für deine Tipps auf ewig dankbar", sagte sie grinsend. Remus schielte nervös zur Uhr und zum Kamin. Er hatte ihn ab 15:00 Uhr für 24 Stunden ans Flohnetzwerk angeschlossen - allerdings war Edyta immer noch nicht darüber im Bilde, dass sie etwas anderes waren als gewöhnliche Muggel (mit einer sehr komplizierten und tödlichen Vergangenheit). 

"Edyta, du kannst gerne bleiben", sagte er also, "aber das setzt voraus, dass du bereit bist, in sehr kurzer Zeit sehr viele neue Dinge über uns zu lernen, die dir vielleicht nicht gefallen." 

Edyta hob die Augenbrauen. 

"Wolltest du mich damit abschrecken?", fragte sie amüsiert. "Du weißt, dass ich seit Jahren neugierig bin, was euer Geheimnis ist. Glaub mir, ich habe mir abends im Bett bestimmt schon absurderes ausgemalt als die Wahrheit." Sie verschränkte die Arme und lehnte sich wieder gegen den Türrahmen. Mary blieb sicherheitshalber neben ihr stehen. Der kleine Regulator an der Wand schlug drei Mal und pünktlich auf den Glockenschlag loderte grünes Feuer im Kamin auf. Jerry sprang vom Klavierhocker hoch. 

"Barium!", rief er aufgeregt, dann hob er die Hände. "Ich schwöre, ich war's nicht!"

Remus lachte gutmütig. 

"Ich weiß, dass du es nicht warst", sagte er. "Das ist Flohpulver. Es bedeutet, unser Besuch ist da." 

Jerry schob sich vorsichtig ein Stück näher Richtung Kamin. 

"Flohpulver?", wiederholte er. "Ist es aus Barium?"

Remus runzelte die Stirn. 

"Weißt du was? Ich habe keine Ahnung. Vielleicht." 

Eine Figur schoss in den Kamin herunter und mit einer Grazie wie kein anderer stieg Minerva McGonagall aus dem Feuer, schwang ihren Zauberstab und entfernte den Ruß von ihrem Umhang. 

"Bin ich die erste?" 

Remus nickte und deutete aufs Sofa. Minerva ließ ihren Blick durch den Raum streifen und sie schmunzelte, als Jerry eifrig winkte. 

Der Buchladen im LigusterwegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt